Hat sich bei der katholischen Kirche irgendetwas geändert oder ist davon auszugehen, dass sexuelle Missbräuche nach wie vor vertuscht werden?

10 Antworten

Es hat sich sehr viel getan. Jeder Mitarbeiter muss, je nach Nähe zu Kindern und Jugendlichen bis zu 12 Stunden Schulung über sich ergehen lassen und ein amtliches Führungszeugnis vorlegen - alle fünf Jahre. Und selbst Ehrenamtliche müssen, wie bei allen Vereinen, solche Schulungen und Führungszeugnisse vorweisen.

Es gibt einen Verhaltenskodex, der als Dienstanweisung für alle gilt, eine Selbstverpflichtungserklärung, die jeder unterschreiben muss. Alle Gebäude wurden auf Risikofaktoren untersucht.

Eine Präventionsstelle koordiniert das Ganze und hält engen Kontakt zur Bistumsleitung. Außerhalb (!) gibt es Ansprechpartner für Opfer, um z.B. erste Aussagen aufzunehmen und Täter anzuzeigen.

Jede Einrichtung musste ihr eigenes Schutzkonzept erstellen, das Teil neuer Arbeitsverträge ist.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung

Weil man jetzt die Untersuchungen der Vorkommnisse über die letzten Jahren zugänglich macht, wird das Problem, dass das Zölibat verursacht hat, nicht lösen.

Wer nicht seinen Trieben folgen kann (innerhalb einer Ehe und respektvoll), der sucht einen Ventil, und wenn er sich nicht beherrschen kann, dann vergreift er sich leider auch an Kinder, wenn er keine heimliche Liebschaft mit einer Frau anfangen konnte. Natürlich gilt es nicht für jeder Priester, aber die Gefahr besteht seit der Einführung des Zölibats!

Das Zölibat war seit Konzil zu Elvira um 306 ein Thema. Damals beschlossen Priester und Bischöfe, dass christliche Geistliche auch in der Ehe enthaltsam leben sollten. 

Was mehr als tausend Jahre lediglich als Ideal galt, wurde im 12. Jahrhundert Kirchengesetz. Unter Papst Innozenz II. beschloss man 1139 auf dem zweiten Lateran-Konzil, den Zölibat für christliche Priester auf der ganzen Welt zur Pflicht zu machen. Bestehende Ehen von Geistlichen wurden für ungültig erklärt.

Die spirituelle Begründung für die Ehelosigkeit und Enthaltsamkeit lautete "um des Himmelreiches willen". Es gab aber auch weltliche Gründe: Die Kirchengüter sollten bewahrt und vermehrt werden. Schließlich vererbten verheiratete Priester ihren Besitz ihren Kindern. Das Hab und Gut alleinstehender Kleriker fiel dagegen nach deren Tod der Kirche zu.

Auf dem Papier war der Zölibat mit dem Konzilbeschluss endgültig festgeschrieben, aber nicht alle Priester hielten sich daran. Viele weigerten sich, ihre Frauen und Kinder zu verlassen.

Auch in den folgenden Jahrhunderten konnte bei vielen Klerikern keine Rede von bedingungsloser Keuschheit sein. Der Bischof von Basel soll 20 Kinder gezeugt haben, der Bischof Heinrich von Lüttich sogar mehr als 60.

Selbst Päpste nahmen das Enthaltsamkeitsversprechen nicht immer ernst: So soll Innozenz VIII. im 15. Jahrhundert 16 Kinder gehabt haben, sein Nachfolger Alexander VI. immerhin fünf.

Ich habe mich immer gefragt, wie ein nicht verheirater Mann Seelsorge bei Eheproblemen betreiben und Trost oder Ermutigung spenden kann.

Übrigens wurde jetzt in der Schweiz durch die Uni Zürich eine Untersuchung über die Missbräuche aus den letzten 70 Jahren gemacjt. Die schweizer Diözesen haben die Akten zur Verfügung gestellt, leider wurden in den Vergangenheit wegen Befehle der römischen Kurie gewisse Akten vernichtet.

Die schweizer Bischöfe wollen ab sofort keine Akten mehr vernichten, was ein Ungehorsam gegenüber den Papst ist.

Bei der katholischen Kirche ändern sich ganz langsam die Sachen, nachdem die Vertuscher Woytila und Ratzinger nicht mehr an der Macht sind. Allerdings sind die Strukturen immer noch da. Bis jetzt hat die katholische Kirche viel zu wenig für die Aufdeckung und die Bestrafung der Vergewaltiger getan. Wer das relativiert, wer meint dass es hier eine Hitze gegen die katholische Kirche geht hat wahrscheinlich selbst Dreck am Stecken.

Evangelikale Freikirchen und andere exklusive abgeschlossene Clubs sind bekannterweise noch anfälliger für Machtmissbrauch und Vergewaltigung.

Es wird sicher erst dann etwas zugegeben, wenn es sich nicht mehr vermeiden lässt. Das ist auch mit den kirchlichen Dogmen so, es würde das ganze Kartenhaus zusammenfallen. GOTT selbst wird durch die Politik alle Religionen beseitigen.

muenzfloh  12.09.2023, 13:45

"Durch eure Gebete erfüllt ihr nur Satans Plan"

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Wann hast du das letzte mal jemanden sagen hören: " Was? Das kann nicht sein! Der Hr. Pfarrer/Bürgermeister/Direktor würde sowas nie tun! Wie kann man nur sowas behaupten?"

Diese Aussage war Jahrzehnte lang die Hauptursache, die Vertuschung überhaupt möglich gemacht hat. Und zwar in allen Bildungs-/Betreuungseinrichtungen.

Fazit: Es hat sich was geändert. In der katholischen Kirche, an Schulen, in der Chefetage der Firmen, auf dem Laufsteg, und am Filmset. Überall dort, wo Macht ausgeübt wurde.

Was nicht heisst, dass es nicht mehr vorkommt.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Verschiedene Funktionen im Beruf(Ersthelfen, SiBe)