Wir wissen, nach Kant, dass es neu erworbene Erkenntnisse gibt, die trotzdem nicht zu den Erfahrungen zĂ€hlen, weil diese Erkenntnisse a priori erworbene (und nicht etwa angeborene) Erkenntnisse sind, die sich nicht (wie die Erfahrung) bloĂ auf einen Fall, sondern auf eine Gesamtheit aller (vergangener und zukĂŒnftiger) FĂ€lle erstrecken (wie z.B. die mathematischen Erkenntnisse oder das Kausalgesetz). Ein empirischer Satz wie: "Alle SchwĂ€ne sind weiĂ" unterliegen dem klassischen Induktionsproblem und sind anzweifelbar (bzw. schwer beweisbar), wohingegen der Satz: "Jede VerĂ€nderung hat notwendig eine Ursache zum Grund" so fest und unanzweifelbar ist wie ein StahlgerĂŒst. Es ist uns gar nicht möglich diesen Satz als nichtig zu denken, da wir grundsĂ€tzlich immer kausal denken. Es ist so, als wĂ€re es also in unserer ganzen Programmatik des Verstandes fest angelegt.
Die Problematik mit Kants Argumentation ergibt sich aber dann dadurch, dass man doch notwendigerweise fragen muss: Woher kommt dann ĂŒberhaupt der Begriff vom Kausalsatz, den wir uns bilden? (Die Frage natĂŒrlich ist damit gleichzeitig ein RĂŒckgriff auf eben jenen Satz) Kant schlieĂt es ja aus, dass diese angeboren seien, sondern ebenfalls erworben sind, nur eben a priori erworben sind und die Eigenschaft haben sich auf die Gesamtheit aller vergangener und kĂŒnftiger FĂ€lle zu erstrecken (bzw. es ist uns nicht möglich, nicht-kausal zu denken, da wir automatisch schon diesen Gedanken in all unsere Erkenntnisse und Erfahrungen hineinlegen).
Wenn sie aber nicht angeboren sind, aber dennoch "erworben" sind, dennoch aber die Bedingung zur Möglichkeit von Erfahrung sind, woher kommen diese SÀtze dann? Entweder sie sind uns eben doch angeboren (was dann evtl. erklÀrt wieso sie so inhÀrent in uns strukturiert sind) oder wir erfahren diese ebenfalls, nur eben auf andere Art und Weise, nÀmlich im Sinne einer Selbsterfahrung.
Vielleicht können hier ja Experten Klarheit schaffen, wie Kant das wohl beantwortet hĂ€tte oder wie es da eine kantianische Lösung dazu geben kann. Zumindest ist das, mMn, der kritische Punkt in Kants Lehre. Denn scheitert man hier, ist die ganze Kant'sche Lehre mehr oder weniger unbegrĂŒndet (auch wenn sie dennoch nĂŒtzlich ist)