Warum wurde Kirmesboxen erfunden?
Heute geht es ja eig nur darum, zu sehen, wie Möchte-Gern-Macker auf die 12 kriegen….
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3 Antworten
Da ging es aber auch früher schon nur drum. Schon damals konnte nicht jeder geschulte und regelkonforme Boxer in existenzsichernde Möglichkeiten des Sports aufsteigen.
Weil sie anders als rein körperlich aber kaum was anderes konnten, heuerten einige Talente halt damals auch dann gerne mal bei Kermessen an. Sparting gab es gratis, Lohn gab es vom Schausteller, und die Boxbude zog halt tatsächlich Zuschauer auf die Kirmesplätze. Und DAS brachte halt auch wieder Devisen und Gewinnbeteiligungen auf die Plätze.
Klar ging es zur Besucherbelustigung dann auch immer um die Frage, wer vom Kirmesboxer was an den Gong bekommt, oder wer ihn tatsächlich nach Punkten oder KO schlagen kann für die Gewinnprämie.
Ging es auch damals schon, denn genau DAS war ja der Gewinn bei den Kermessenboxern. Da standen und stehen in der Regel tatsächlich kirmesseitig (ehem.) Profis im Ring, denen aber strikte Regeln normalerweise verordnet waren.
Da ging es in der Regel moderner nur darum, wer zu erst nicht mehr auf seinen eigenen Beinen stand, bzw. vorzeitig das Handtuch warf.
Aber genau Das brachte halt Interresse und Publikum auch auf die Plätze für andere Anbieter in Speis und Trank am Rummelplatz.
Wie gesagt, selbst damals standen trotz fester Regeln für die Gäste da betreiberseitig keine Idioten oder Nichtskönner in der Boxbude. Der Boxer im Ring seitens des Gewerbestellers musste nur sein Handwerk verstehen, statt DEN bestmöglichen TV-Body zu haben. Bisschen speckert und abgehalftert war ja Teil der Show.
Im Gegenzug war für den Herausforderer im Standard für eine festgelegte Zeit nur reines Durchhalten angesagt.
Kirmesboxen entstand ursprünglich nicht als Spektakel zur Demütigung von Möchtegern-Machern, sondern entwickelte sich aus einer ganz praktischen Notwendigkeit heraus. Nach dem Verbot der antiken Olympischen Spiele 393 n. Chr. verschwand der Faustkampf jahrhundertelang, bis er Ende des 17. Jahrhunderts auf englischen Jahrmärkten wieder auftauchte. Reisende Profiboxer zogen damals durchs Land und mussten ihren Lebensunterhalt verdienen - das taten sie, indem sie sich von mutigen Zuschauern herausfordern ließen, während das Publikum auf den Ausgang wettete.
In Deutschland etablierten sich die ersten Boxbuden erst in der Weimarer Republik. Die heutigen Kirmesboxer sind tatsächlich oft Bundes- oder Oberligaboxer, die das Kirmesboxen als zusätzliches Training und Einkommensquelle nutzen. Ein Boxer erklärte: "Das ist eine gute Ergänzung zu meinem sonstigen Training und hilft mir auch in meiner Karriere als Amateurboxer weiter".
Die Schadenfreude-Komponente, die heute dominiert, ist ein Nebeneffekt, nicht der ursprüngliche Zweck. Das Publikum zahlt heute primär für die Unterhaltung - eine Mischung aus "Schadenfreude, Wagnis und allgemeiner Neugier". Charly Schultz, einer der wenigen verbliebenen Boxbudenbetreiber, arbeitet gezielt mit handverlesenen regionalen Boxern zusammen, sein Zelt ist "nicht selten umlagert von Talent-Scouts".
Die wenigen noch existierenden Boxbuden - heute nur noch eine bis zwei in ganz Deutschland - sind also lebende Relikte einer Zeit, als professionelle Boxer praktische Lösungen für ihr Einkommen suchten und dabei zufällig eine Unterhaltungsform schufen, die sich über Jahrhunderte gehalten hat.
Danke für die Info!
Aus eigener Erfahrung kann ich sagen dass die “Schadenfreude” heute immens ist….
Die Erfindung der Kirmesboxen lässt sich historisch auf praktische Bedürfnisse professioneller Boxer zurückführen, die im 17. Jahrhundert auf englischen Jahrmärkten nach Einkommensquellen suchten. Ursprünglich als Profikämpfe konzipiert, bei denen Zuschauer gegen Bezahlung Herausforderungen annehmen konnten, entwickelte sich das Format zu einer Unterhaltungsform, die heute stark von Schadenfreude geprägt ist. Diese Emotion, definiert als Freude am Missgeschick anderer, spielt eine zentrale Rolle in der modernen Rezeption, obwohl sie nicht der ursprüngliche Zweck war. Studien zeigen, dass Schadenfreude insbesondere dann auftritt, wenn überlegene Personen oder Gruppen scheitern, was die heutige Faszination für „Möchtegern-Macker“ erklärt, die in der Boxbude scheitern.
Psychologische Analysen verdeutlichen, dass Schadenfreude ein Mechanismus zur Regulierung sozialer Hierarchien ist. Im Kontext der Kirmesboxen ermöglicht dies Zuschauern, sich über die scheiternden Freiwilligen zu erheben – ein Effekt, der durch die Dominanz der Profiboxer und die wahrgenommene Ungerechtigkeit ihrer Überlegenheit verstärkt wird. Historisch betrachtet nutzten Boxer diese Veranstaltungen jedoch primär als Training und Einkommensquelle, wie Aussagen aktueller Amateurboxer belegen. Die Kommerzialisierung des Sports, wie in Studien zur Rolle des Zuschauers als Konsumenten beschrieben, transformierte die Profikämpfe in ein Spektakel, bei dem die emotionale Reaktion des Publikums zum Treiber wurde.
Zusammenfassend entstand Kirmesboxen aus ökonomischer Notwendigkeit, während die heutige Schadenfreude ein Nebenprodukt der evolutionären und sozialpsychologischen Mechanismen ist, die in Gruppen dynamiken wirken. Die Diskrepanz zwischen historischem Ursprung und moderner Wahrnehmung unterstreicht die Komplexität menschlicher Emotionen im Kontext kultureller Rituale.
Um Geld zu machen, mehr steckt da nicht hinter
Das klingt logisch. Heutzutage geht es ja leider fast nur noch um Typen, die sich überschätzen