Ovid Lykischen Bauern Stilmittel und Übersetzung?
Hallo,
Ich brauche Hilfe bei der Suche nach Stilmitteln und der Übersetzung von den Versen 366-369
Ich habe schon ein paar Stilmittel gefunden. Die werde ich hier Mal nennen.
Distulit ira sitim; neque enim iam filia Coei
--> neque und enim verbinden sich? Und iam wird zu Jam. (Elision)
supplicat indignis nec dicere sustinet ultra Verba minora dea tollensque ad sidera palmas
--> das fettgedruckten ist eine a-Assonanz und a-Allieration. (Das que verbindet sich wieder?)
"aeternum stagno",dixit, "vivatis in isto!" .
Zu den Stilmitteln habe ich auch noch ein paar Fragen...: Was ist der Unterschied zwischen Assonanz und Anapher? Gibt es hier im Text eine Antithese? Wenn nicht könnt ihr mir vielleicht ein Beispiel nennen? Ich verstehe diese nicht ganz.
Bei meiner Übersetzung kam ich überhaupt nicht weit. und auch die wörtliche rede. Die Göttin sagt ja dass die Bauern ewig im Teich leben sollen, aber wie kann man das bitte wörtlich übersetzen? Mich verwirrt dieser lange Satz, ich weiß zwar worum es geht, aber ich komme einfach nicht weiter..
Der Zorn verbreitet den Durst:
[...]
VIELEN DANK FÜR EURE HILFE.
Wäre eine Antithese zum Beispiel
quamvis sint sub Aqua, sub Aqua maledicere temptant?
Obwohl sie unter Wasser sind, versuchen sie unter Wasser zu Lästern?
1 Antwort
Ovid, Metamorphosen 6, 366 – 369:
distulit ira sitim; neque enim iam filia Coei
supplicat indignis nec dicere sustinet ultra
verba minora dea tollensque ad sidera palmas
'aeternum stagno' dixit 'vivatis in isto!'
Übersetzung
„Zorn entfernte/verdrängte den Durst; denn die Tochter des Coeus fleht Unwürdige nicht mehr an und erträgt auch nicht, weiterhin Worte zu sagen, die geringer sind, als dem Rang einer Göttin entspricht/weiterhin Worte unter der Würde einer Göttin zu sagen, und sagte, die Hände zu den Sternen erhebend/wobei sie die Hände zu den Sternen erhob: »ihr sollt auf ewig/für immer in diesem Teich/Tümpel/Pfuhl leben!«“
Der lange Satz enthält drei Prädikate, supplicat, sustinet und dixit, die mit einer Gliederung durch neque, nec und angehängtes -que verknüpft sind.
Das Attribut minora ist Akkusativ Plural des Komparativs des Adjektivs parvus/parva/parum. dea ist darauf bezogen ein Ablativus comparationis (Ablativ des Vergleichs). Die verkürzte Ausdrucksweise im Lateinischen kann in der deutschen Übersetzung nicht gut ebenso kurz wiedergegeben werden.
tollens ist Nominativ Singuar Femininum des Partizips Präsens Aktiv vom Verb tollere.
aeternum ist an der Stelle ein Adverb. vivatis ist 2. Person Plural Konjunktiv Präsens Aktiv vom Verb vivere.
Stilmittel
Eine Antithese ist die Gegenüberstellung/Hervorhebung eines gedanklichen Gegensatzes.
Beispiel:
Sallust, De Catilinae coniuratione 51, 13 ita in maxuma fortuna minuma licentia est; („So liegt in der größten Glücksstellung die kleinste Freiheit/Erlaubnis;“)
Bei Ovid, Metamorphosen 6, 376 quamvis sint sub aqua, sub aqua maledicere temptant. („obwohl sie unter Wassser sind, versuchen sie unter Wasser zu lästern/schmähen.“) gibt es einen mit der Konjunktion quamvis eingeleiteten Konzessivsatz (Einräumungssatz). Er ist kein Beispiel für einen Antithese. Der Vers ist ein Beispiel für Onomatopoiie (Lautmalerei), indem das Quaken der Frösche nachgeahmt wird (vor allem durch einen mehrfachen Bestandteil qua). Das wiederholte sub aqua ist Geminatio (Verdoppelung).
Eine bloße Feststellung zur Metrik (z. B. Elision) allein ist noch kein Hinweis auf ein Stilmittel, sondern erst bei einer damit verbundenen Ausdruckswirkung ist der Einsatz eines Stilmittels beobachtet.
Assonanz (Anklang) ist die Wiederholung eines Lautes in einem Satz bzw. Vers. Eine Anapher (Rückbeziehung) ist die Wiederholung eines Wortes oder einer Wortgruppe am Anfang aufeianderfolgender Satzteile, Sätze bzw. Verse. Bei einer Anapher wird eine größere Einheit als bei einer Assonanz wiederholt.
Die Wiederkehr gleicher Endsilben (ultra verba minora dea Vers 367 – 368) heißt Homoioteleuton.
Die Wortstellung in Vers 366 könnte als Anastrophe (Umkehrung) oder Inversion (Umkehr) bezeichnet werden: Nicht das Subjekt, sondern das Prädikat steht am Anfang, wodurch die Substantive ira und sitim direkt aufeinandertreffen.
Die Verbindung aller drei Prädikate supplicat, sustinet und dixit mit den gliedernden Konjuntinen neque, nec und angehängtem -que (Vers 366 – 369) könnte als Polysyndeton (Vielverbundenes) bezeichnet werden. Es steigert die Bedeutsamkeit des Satzes.
Am Ende von Vers 366 ist filia Coei eine Antonomasie (andere Benennung). Der Eigenname Latona wird durch eine Umschreibung ersetzt, der ihre Abstammung angibt und damit ihren gewichtigen Rang aufgund der Herkunft vom alten Göttergeschlecht der Titanen verdeutlich. Die Göttin Latona (griechisch: Λητώ [Leto]) ist Tochter des Titanen Coeus (griechisch: Κοῖος [Koios]). Die Wortstellung, die als Anastrophe (Umkehrung) oder Inversion bezeichnet werden könnte, verhilft zu einer Betonung (die Stellung ganz am Anfang oder Ende eines Satzes bzw. Verses verleiht am meisten Betonung).
Das weite Auseinanderstehen von dicere und dem dazugehörigen verba minora (Vers 367 – 368) könnte als Hyperbaton (Sperrung; Trennung einer zusammengehörigen Wortgruppe) bezeichnet werden, auch bei tollensque und palmas (Vers 368), indem das Auseinanderstehen das Sich-Ausstrecken der Göttin abbildet.
verba minora dea (Vers 368) kann als Brevitas (Kürze) oder Brachylogie (Kurzwortigkeit; knappe und gedrängte Ausdrucksweise) bezeichnet werden. Mit wenig Wortaufwand wird viel Aussagekraft erzielt und so die Wirkung verdichtet. Allein der entscheidende Umstand, eine Göttin zu sein, steht ausdrücklich und in direktem Aufeinandertreffen zu den verba minora da, der Rest ist dem Sinn nach gedanklich zu ergänzen.
Vers 369 enthält direkte Rede, die der Sache Pathos gibt. Das weite Auseinanderstehen von stagno und in isto ist ein Hyperbaton (Sperrung; Trennung einer zusammengehörigen Wortgruppe). In dem Vers sind fünf der sechs Versfüße des Hexameters ein Spondäus/Spondeus (zwei lange Silben), nur der vorletzte Versfuß ist ein Daktylus (eine lange Silbe und zwei kurze Silben). Die Anhäufung von Spondäen/Spondeen gibt dem Vers ein bedrohlich schweres Gewicht.