Wenn in Gemeinden ein falsches Evangelium Fuß fasst, müssen die Alarmglocken schrillen.
1,1)Paulus, ein Apostel, der nicht von Menschen oder durch einen Menschen ausgewählt wurde, sondern durch Jesus Christus und Gott, den Vater, der ihn von den Toten auferweckt hat, 2)sowie alle Brüder und Schwestern, die bei mir sind, an die Gemeinden in Galatien:
„Apostel“ => Das Wort kann einfach so viel bedeuten wie „Gesandter“. Bezogen auf den christlichen Glauben kann das Wort allgemein auf Christen angewandt werden, die im Auftrag von Christus das Evangelium verbreiten. Paulus benutzt das Wort aber meistens angewandt auf eine bestimmte Gruppe von Menschen, die von Christus in besonderer Weise dazu berufen worden sind, seine Boten zu sein. Das ist zunächst die Gruppe der zwölf Apostel: Christus hat sie dazu bestimmt, seine bevollmächtigten Boten zu sein. Ihr Zeugnis von Christus sollte für alle nachfolgenden Generationen von Christen verbindlich sein. Wenn Paulus von sich als Apostel spricht, dann erhebt er den Anspruch, mit dieser Gruppe von Aposteln auf einer Stufe zu stehen.
„von … durch“ => Paulus ist nicht von Menschen zum Apostel bestimmt worden, noch ist er durch Vermittlung von Menschen dazu geworden.
„von den Toten auferweckt“ => Paulus gibt den Hinweis auf die Auferweckung von Jesus wohl aus dem Grund, um ihre Bedeutung für das Verständnis der biblischen Heilsgeschichte hervorzuheben. Mit der Auferweckung von Jesus hat eine neue Schöpfung begonnen, die Gott schon im Alten Testament zu schaffen zugesagt hatte. Der Anbruch der neuen Schöpfung hat Folgen für das Verständnis des Gesetzes, seine Neubewertung und Anwendung.
„Gemeinden in Galatien“ => Wahrscheinlich handelt es sich um Gemeinden in der römischen Provinz dieses Namens, und zwar im südlichen Teil davon. Paulus hat diese Gemeinden auf seiner ersten Missionsreise gegründet (Apg.13; 14).
1,3)Gnade und Frieden werde euch zuteil von Gott, unserem Vater, und Jesus Christus, dem Herrn! 4)Der hat sich selbst für unsere Sünden gegeben, damit er uns gemäß des Willens Gottes, unseres Vaters, von der gegenwärtigen bösen Welt errette. 5)Ihm sei in alle Ewigkeit die Herrlichkeit, Amen!
„Frieden“ => Gemeint ist die versöhnte Gemeinschaft zwischen Gott und seinem Volk sowie zwischen den Gliedern seines Volkes untereinander, welche Gott für die Zeit, wenn er seine endgültige Herrschaft aufrichtet, vorhergesagt hat.
„für unsere Sünden“ => Gemeint ist zur Vergebung der Sünden, zur Erlösung von den Sünden.
„gegenwärtige böse Welt“ => Dies ist die Welt außerhalb von Christus und der neuen Schöpfung. Paulus vollzieht von Christus her eine Zweiteilung der Welt und ihrer Geschichte: Es gibt eine alte Welt, eine alte Schöpfung, eine alte Menschheit. Sie steht unter der Herrschaft der Sünde, des Todes und des Gesetzes. Mit dem Tod und der Auferstehung von Jesus Christus hat, durch ihn und in ihm, die neue Schöpfung begonnen. Allein durch den Glauben an Jesus Christus wird ein Mensch Teil dieser neuen Schöpfung.
„ihm“ => bezogen auf Gott, den Vater
1,6)Ich bin verwundert darüber, dass ihr nach so kurzer Zeit im Begriff steht, euch von dem abzukehren, der euch dazu berufen hat, in der Gnade von Christus zu leben. Ihr wollt euch einem anderen Evangelium zuwenden, 7)das in Wirklichkeit gar kein anderes Evangelium ist. Es ist nur so, dass euch einige Leute sind, die euch in Unruhe versetzen und die versuchen, das Evangelium von Christus zu verdrehen.
---> „anderes Evangelium“ => Die Irrlehrer geben vor, im Unterschied zu Paulus das wahre Evangelium zu verkünden. Für Paulus geht es im Evangelium darum, an Jesus Christus zu glauben und so in seiner Gnade zu leben. Die Irrlehrer wollen den Glauben an Jesus nicht abschaffen. Vielmehr wollen sie die nichtjüdischen Christen dazu verpflichten, sich unter das Gesetz zu stellen. Das Leben unter dem Gesetz halten sie für einen mitbestimmenden Faktor bei der Frage, ob Gott einen Menschen vor sich als gerecht anerkennt.
„kein anderes Evangelium“ => Paulus billigt der von den Irrlehrern verkündigten Irrlehre zunächst aus rhetorischen Mitteln zu, ein „anderes“ Evangelium zu sein. Er fügt dann aber gleich hinzu, dass es gar kein anderes Evangelium ist. Für ihn gibt es nur das von ihm verkündete Evangelium, während das „Evangelium“ der Irrlehrer eine Irrlehre ist.
„das Evangelium von Christus“ => Das Evangelium, das Paulus verkündet, ist das Evangelium „von Christus“. Die Verbindung, die Paulus hier zwischen dem Evangelium und Christus herstellt, ist wohl weit gefasst: Das Evangelium kommt von Christus, es handelt von Christus, es ist von dem bestimmt, wer Christus ist und was er getan hat.
Wenn Paulus sagt „ein anderes Evangelium“, meint er damit ein Evangelium, das eine Vermischung von Gesetz und Gnade ist. Das ist ein anderes Evangelium als das, das er gepredigt hatte. Doch weil es lediglich ein Evangelium gibt, gibt es nicht so etwas wie ein anderes Evangelium. Ein Evangelium, wobei Gesetz und Gnade zusammengefügt und miteinander verbunden werden, ist überhaupt kein Evangelium. Wer sich dafür öffnet, gerät in Verwirrung. Es ist eine Verdrehung, eine Fälschung des Evangeliums des Christus und ist dem Evangelium, das er verkündigt hatte, völlig entgegengesetzt.
Von neuem wird uns hier der Beweis geliefert, dass der Mensch selbst bei den herrlichsten Dingen in seiner Verantwortlichkeit fehlt. Der Feind benutzt die Schwachheit der menschlichen Natur, um Gottes Werk zu schaden, Sein Evangelium und Seine Wahrheit mit menschlicher Weisheit zu vermischen und damit zu verderben.
1,8)Sollte selbst ich oder sogar ein Engel aus dem Himmel euch ein Evangelium verkünden, das sich von dem unterscheidet, was ich euch verkündet habe, mögen wir dafür von Gott verflucht sein! 9)Ich habe es schon früher gesagt und wiederhole es nochmals: Wenn jemand euch ein Evangelium verkünden sollte, das anders ist als das, was ihr empfangen habt, dann möge er von Gott verflucht sein!
„selbst ich“ => Wörtlich heißt es „selbst wir“. Wahrscheinlich gebraucht Paulus hier ein „schriftstellerisches“ „Wir“, und spricht eigentlich nur von sich.
„ein Engel aus dem Himmel“ => Wahrscheinlich ist dies keine Anspielung darauf, die Irrlehrer hätten ihr Evangelium die Autorität eines himmlischen Boten verleihen wollen. Sondern Paulus benutzt hier wohl das Stilmittel der Übertreibung.
„verflucht“ => Paulus bittet Gott, über diejenigen, die ein anderes Evangelium verkünden, ein endgültiges Urteil zu verhängen, das heißt sie ewig zu verdammen. Der Fluch ist gegen keinen bestimmten Menschen gerichtet, sondern gegen eine unbestimmte Gruppe, zu der er selbst auch einmal gehören könnte, wenn Gott ihm nicht gnädig ist. Paulus lässt es offen, ob ein konkreter Irrlehrer, den er dabei vor Augen hat, doch noch zur Umkehr findet und gerettet wird. Er will vor allem deutlich machen, wie ernst es ihm mit der Verteidigung des Evangeliums ist. Und er hebt die Gefahr hervor, in der solche Menschen stehen, die im Namen des christlichen Glaubens auftreten, aber ein falsches Evangelium verbreiten. Sie stehen in der Gefahr, von Gott keine Möglichkeit zur Umkehr mehr zu bekommen und verloren zu gehen. Paulus bringt auch seinen tiefen Wunsch zum Ausdruck, dass diejenigen, die bis zum Ende ihres Lebens das Evangelium bekämpft haben, dann ihre verdiente Strafe empfangen.
„früher“ => Paulus bezieht sich hier wohl nicht auf die Aussage in 1,8, sondern auf Warnungen, die er ausgesprochen hat, als er bei ihnen war.
1,10)Denn will ich jetzt die Zustimmung von Menschen oder von Gott? Würde ich immer noch Menschen zu gefallen suchen, dann wäre ich kein Sklave von Christus.
„denn“ => Paulus begründet, warum er man ihm nicht vorwerfen kann, er würde Menschen nach dem Mund reden. Im Blick auf 1,8.9 hat das „denn“ eher schlussfolgernden Charakter: Ich spreche über die Irrlehrer einen Fluch aus. Also kann man mir nicht vorwerfen, ich würde Menschen nach dem Mund reden.
„oder“ => Das „oder“ ist ausschließend, nicht einschließend („oder auch“). Paulus sucht nicht die Zustimmung von Menschen, sondern von Gott.
„immer noch“ => Paulus will hier wohl nicht sagen, dass er vor seiner Bekehrung bewusst Menschen zu gefallen suchte. Rückblickend, nach seiner Bekehrung, aber bewertet er sein Verhalten als Pharisäer so.
Das Hauptanliegen des Briefes benennt Paulus 5,1: Er ruft die Christen in den Gemeinden von Galatien dazu auf, im Glauben an Jesus Christus auszuharren und sich entschieden gegen die Irrlehre zur Wehr zu setzen, wonach man den Glauben an Christus mit einem Prinzip verdienstlicher Werke verbinden könnte.
Der Galaterbrief lässt sich ziemlich gut gliedern:
Einleitung; 1,1-10: Gruß und Warnung => Es gibt nur ein Evangelium, und zwar das von Jesus Christus.
Hauptteil; 1,11-6,10: Haltet am Evangelium fest, denn es ist der Dreh- und Angelpunkt der Heilsgeschichte Gottes!
Schluss; 6,11-18: Kämpfe darum, dass die Botschaft vom Kreuz dich beseelt und du keinem frommen Gehabe verfällst!
Der Hauptteil lässt sich noch weiter untergliedern:
1) Das Evangelium, welches Paulus verkündet, kommt von Jesus Christus und stimmt mit dem der anderen Apostel überein. 1,11-2,21
2) Haltet am Evangelium fest, weil es der Dreh- und Angelpunkt der Heilsgeschichte Gottes ist. 3,1-5,12
a) Was Gott Abraham und seinen Nachkommen zugesagt hat, empfangen diejenigen, die an Jesus Christus glauben, ohne dabei irgendein Prinzip verdienstlicher Werke beizufügen. 3,1-4,7
b) Werdet wie ich, nämlich frei vom Gesetz! 4,8-20
c) Pflegt keine geistliche Gemeinschaft mit denen, die dem Evangelium ein Prinzip verdienstlicher Werke beifügen wollen! 4,21-31
d) Haltet an Christus fest! Wenn ihr der Gemeinschaft mit ihm ein Prinzip verdienstlicher Werke beifügt, habt ihr ihn und seine Gnade verloren! 5,1-12
3) Dient Gott und dem Nächsten in Liebe, welches die wichtigste Frucht ist, die Gott durch seinen Geist bei denen, die an Christus glauben, hervorbringt! 5,13-6,10
Zusammenfassend lässt sich fragen:
Was ist die Botschaft von Galater 1?
---->>>Paulus beharrt auf der Wahrheit, dass Erlösung allein durch Gottes Gnade und allein durch den Glauben an Christi Sühne für unsere Sünden am Kreuz kommt (Galater 1,4–9). Um das wahre Evangelium zu verteidigen, muss Paulus auch seine wahre Apostelrolle verteidigen.
Man muss dazu noch sagen, dass Paulus der Einzige ist, der sein Evangelium als das „Evangelium der Herrlichkeit” (2. Kor 4, 4) bezeichnet. Es ist das Evangelium von Christus, verherrlicht zur Rechten Gottes. Es ist die frohe Botschaft, dass wir einen Heiland haben, der auferstanden und verherrlicht ist. Die andern Apostel reden nie von der Gemeinde als einsgemacht mit Christus; dies tut Paulus allein.
Darum konnte er in Wahrheit sagen: Wer ein anderes Evangelium bringen würde, „er sei verflucht” (Verse 8. 9).
Falsche Evangeliumsbotschaften gab es zu allen Zeiten in der Kirchengeschichte. Es gibt sie auch heute noch – leider sogar mitten in der allianz-evangelikalen Welt. Paulus definierte das Evangelium in Galater 1,4 so: „Er hat sich selbst für uns geopfert und ist nach dem Willen Gottes, unseres Vaters, für unsere Sünden gestorben, um uns aus dieser bösen Welt, in der wir leben, zu retten.“
Die Gemeinden in Galatien entstanden durch die Verkündigung des Apostels Paulus (vgl. 1,8-9; 3,1-2). Er betrachtete sie als seine geistlichen Kinder (4,19). Nach seinem ersten Besuch bei der Gründung besuchte er sie ein zweites Mal (4,13; 5,7). Kurz nachdem Paulus Galatien verlassen hatte, kamen Irrlehrer in die galatischen Gemeinden, wahrscheinlich Judenchristen aus Jerusalem. Sie behaupteten, dass Paulus ihnen nicht die ganze Wahrheit gesagt hätte und verkündigten ein anderes Evangelium (1,6-7):
Die Beschneidung (5,2.11; 6,12-13) und die Einhaltung des jüdischen Gesetzes ist heilsnotwendig! Dazu gehört die strikte Einhaltung der Festzeiten (4,10) und Speisegesetze (vgl. 2,12).
Der Glaube an Christus allein genügt nicht zur Rechtfertigung. Es ist notwendig, das Gesetz zu erfüllen und dadurch gerechtfertigt zu werden (4,21; 5,4).
sie vermischten also Gnade mit Werken und Gesetz!!
Das Thema des Briefes ist die Freiheit durch den Glauben oder wie die Rechtfertigung durch den Glauben die menschliche Freiheit ermöglicht. Wie bei allen anderen Paulusbriefen folgt der praktische Teil dem dogmatischen, denn das christliche Leben braucht ein stabiles lehrmäßiges Fundament. Der Schlüsselvers des Briefes steht in 5,1: Gal 5,1
Für die Freiheit hat Christus uns freigemacht. Steht nun fest und lasst euch nicht wieder durch ein Joch der Sklaverei belasten!
Um die Verteidigung dieser durch Christus gewonnenen Freiheit geht es Paulus im Galaterbrief. Seine Apologetik ist ungewöhnlich scharf, denn er weiß, was auf dem Spiel steht, wenn auch in nur einem Punkt den Irrlehrern nachgegeben wird.
Zum Nachdenken
Der Mensch hat die natürliche Neigung, zur Erlösung in Christus einen eigenen Beitrag leisten zu wollen. Das ist in allen nichtchristlichen Religionen der gemeinsame Nenner.
Das gilt auch für Christen, die gerne Regeln für das geistliche Leben und die Gemeinschaft unter Christen aufstellen. Der tiefste Grund dafür ist der Stolz des Menschen, die natürliche Neigung, besser und höher sein zu wollen als der andere. Und es fällt den Menschen schwer fällt einfach anzunehmen, was Gott uns in Christus geschenkt hat.
Einer Vermischung des Evangeliums mit menschlicher Leistung müssen wir klar entgegentreten! Wir müssen vom Beschenktwerden leben und unsere ganze Hoffnung auf die Gnade setzen!
Abraham wurde durch den Glauben gerechtfertigt (3,6). Wer glaubt, ist ein Nachkomme Abrahams und Teilhaber des Bundes und damit des Segens (3,7-9). Dieser Segen ist in Christus gegeben, weil er uns losgekauft vom Fluch des Gesetzes (3,10-14).
Paulus verteidigt die Rechtfertigung durch den Glauben, indem er seine Beweisführung auf die gleiche Schrift des Alten Bundes aufbaut, aus der die Irrlehrer ihre Verfälschung des Evangeliums schöpfen. Damit machte er den Galatern klar, dass die Gesetzeslehrer gegen das geoffenbarte Wort Gottes lehrten und handelten.
Im Galaterbrief geht es um den Kern des christlichen Glaubens:
Wodurch wird der Mensch gerettet?
Worauf kommt es an, wenn es um das Heil des Menschen geht?
Paulus macht seinen Lesern deutlich, dass der Mensch das Heil allein aus Gottes Gnade durch den Glauben an Jesus Christus geschenkt bekommt. Jesus hat uns durch seinen Tod am Kreuz von der Knechtschaft des Gesetzes erlöst und wahre Freiheit geschenkt. Er hat uns seinen Geist geschenkt, der uns zur Liebe und zu guten Werken befähigt.
Der Galaterbrief zeigt den Unterschied zwischen einem Leben aus dem Glauben und einem Leben aus dem Gesetz