Wieso ist die Jugend von heutzutage so asozial?

7 Antworten

Deine Meinung zur Jugend von Heute ist eine der wenigen Konstanten in über 5000 Jahren Menschheitsgeschichte.

"Was? 5000 Jahre? Niemand ist 5000 Jahre ähnlicher Ansicht über eine Thematik. Das fragte ich mich, als ich mich in letzter Zeit mit der Geschichte der Berufswahl und den vielseitigen Klagen über den Nachwuchs auseinandergesetzt habe. Dabei bin ich bei der Recherche in einen Zeitraum gekommen, der praktisch die ersten Mangelerscheinungen bei der Jugend auf Tontafeln dokumentierte.

Die Sammlung der folgenden Zitate weist nach, dass die „Vorgänger“ immer schon die „Nachfolger“ in einer Pauschalität abgewertet haben, wie es auch heute der Fall ist. Und obwohl es keine wissenschaftlichen Nachweise über reduzierte Intelligenz, Kompetenzverluste im Allgemeinen oder moralischen Verfall von Jugendlichen gibt, werden die Stimmen und Klagen über die „Jugendlichen von heute“ immer lauter. So möchte ich gerne ein Zitat hier mal vorweg nehmen, welches einen schönen Gegenpol auf jedes darauf folgende Zitat bildet:

„Die verschiedenen Altersstufen des Menschen halten einander für verschiedene Rassen: Alte haben gewöhnlich vergessen, daß sie jung gewesen sind, oder sie vergessen, daß sie alt sind, und Junge begreifen nie, daß sie alt werden können.“ (Kurt Tucholski, Der Mensch, Lerne Lachen ohne zu Weinen, 1931)

Beginnen wir nun mit den ältesten Klagen über die Jugendlichen. Die Jammerei über die schlechten Jugendlichen lässt sich bis in die Zeit der Sumerer zurück verfolgen. Damals, vor über 5000 Jahren entstanden die ersten Schulen und aus dieser Zeit stammt das erste Zitat…

  • „Die Jugend achtet das Alter nicht mehr, zeigt bewusst ein ungepflegtes Aussehen, sinnt auf Umsturz, zeigt keine Lernbereitschaft und ist ablehnend gegen übernommene Werte“ (Keller, 1989, ca. 3000 v. Chr., Tontafel der Sumerer).
  • „Unsere Jugend ist heruntergekommen und zuchtlos. Die jungen Leute hören nicht mehr auf ihre Eltern. Das Ende der Welt ist nahe“ (Keilschrifttext, Chaldäa, um 2000 v. Chr.)
  • „Die heutige Jugend ist von Grund auf verdorben, sie ist böse, gottlos und faul. Sie wird niemals so sein wie die Jugend vorher, und es wird ihr niemals gelingen, unsere Kultur zu erhalten“ (Watzlawick, 1992, ca. 1000 v. Chr., Babylonische Tontafel).
  • „Denn der Sohn verachtet den Vater, die Tochter steht wider die Mutter, die Schwiegertochter wider die Schwiegermutter“ (Micha 7, Altes Testament um 725 v. Chr.)
  • „Nicht ist der Vater dem Kind, das Kind dem Vater gewogen – Nicht ist der Bruder lieb, wie er doch früher gewesen; bald versagen sie selbst den greisen Eltern die Ehrfurcht“ (Hesoid, vor 700 v. Chr.)
  • „Die Kinder von heute sind Tyrannen. Sie widersprechen ihren Eltern, kleckern mit dem Essen und ärgern ihre Lehrer“ (Sokrates, 470-399 v.Chr.)
  • „Die Jugend von heute liebt den Luxus, hat schlechte Manieren und verachtet die Autorität. Sie widersprechen ihren Eltern, legen die Beine übereinander und tyrannisieren ihre Lehrer. (Sokrates, 470-399 v.Chr.)
  • „[…] die Schüler achten Lehrer und Erzieher gering. Überhaupt, die Jüngeren stellen sich den Älteren gleich und treten gegen sie auf, in Wort und Tat“ (Platon, 427-347 v. Chr.)
  • „Was nun zunächst die jungen Leute angeht, so sind sie heftig in ihrem Begehren und geneigt, das ins Werk zu setzen, wonach ihr Begehren steht. Von den leiblichen Begierden sind es vorzugsweise die des Liebesgenusses, denen sie nachgehen, und in diesem Punkt sind sie alle ohne Selbstbeherrschung. […] zornmütig und leidenschaftlich aufwallend in ihrem Zorne. Auch sind sie nicht imstande, ihren Zorn zu bemeistern, denn aus Ehrgeiz ertragen sie es nicht, sich geringschätzig behandelt zu sehen, sondern sie empören sich, sobald sie sich beleidigt glauben. Auch hoffnungsreich sind sie, denn das Feuer, das dem Zecher der Wein gibt, haben die Jünglinge von der Natur […] sie tun alles eben zu sehr, sie lieben zu sehr und hassen zu sehr, und ebenso in allen anderen Empfindungen. Wenn ich die junge Generation anschaue, verzweifle ich an der Zukunft der Zivilisation“ (Aristoteles, 384-322 v. Chr.)
  • „Ich habe überhaupt keine Hoffnung mehr in die Zukunft unseres Landes, wenn einmal unsere Jugend die Männer von morgen stellt. Unsere Jugend ist unerträglich, unverantwortlich und entsetzlich anzusehen“ (Aristoteles, 384-322 v. Chr.)
  • „[…] bartlosen Jüngling, für Mahnworte harthörig, großspurig im Geldausgeben, hoch hinausstrebend, rasch im Begehren“ (Horaz, um 30 v. Chr.)
  • „[…] auf ihrem Höhepunkt kennt die Jugend nur die Verschwendung, ist leidenschaftlich dem Tanze ergeben und bedarf somit wirklich eines Zügels. Wer nicht dieses Alter nachdrücklich unter seiner Aufsicht hält, gibt unmerklich der Torheit die beste Gelegenheit zu bösen Streichen […] Unmäßigkeit im Essen, sich vergreifen am Geld des Vaters, Würfelspiel, Schmausereien, Saufgelage, Liebeshändel mit jungen Mädchen, Schändung verheirateter Frauen“ Als Gegenmaßnahme wird empfohlen „Hoffnung auf Ehre und Furcht vor Strafe […]. Diejenigen aber, die gegen alle tadelnden Vorstellungen taub sind, muß man durch das Joch der Ehe zu fesseln versuchen“ (Plutarch, ca. 45-125 n.Chr.)
  • „[…] daß man die Flammen der jugendlichen Leidenschaft nur mit Hilfe der klösterlichen Aufsicht und einer strengen Disziplin besiegen könne“ (Gregor von Tours, um 580 n. Chr.)
  • „[…] wenn der Knabe ins Jünglingsalter tritt, so hat er auch dann, weil sich dieses Alter ebenso leicht dem Bösen zuneigt, den Zügel der Zucht nötig“ (Vincent von Beauvais, 1250)
  • „Die Welt macht schlimme Zeiten durch. Die jungen Leute von heute denken an nichts anderes als an sich selbst. Sie haben keine Ehrfurcht vor ihren Eltern oder dem Alter. Sie sind ungeduldig und unbeherrscht. Sie reden so, als wüßten sie alles, und was wir für weise halten, empfinden sie als Torheit. Und was die Mädchen betrifft, sie sind unbescheiden und unweiblich in ihrer Ausdrucksweise, ihrem Benehmen und ihrer Kleidung“ (Mönch Peter, 1274)
  • „Der grenzenlose Mutwille der Jugend ist ein Zeichen, daß der Weltuntergang nah bevorsteht“ (nach Melanchton, um 1530)
  • „Das Sittenverderben unserer heutigen Jugend ist so groß, dass ich es unmöglich länger bei derselben aushalten kann. Ja, oft geschieht es, dass die nicht in Schranken gehaltene oder nicht gebührend ausgetriebene Zuchtlosigkeit eines einzigen Jünglings von ungesunder Triebkraft und verdorbenen Auswüchsen auch die übrigen noch frischen und gesunden Pflanzen ansteckt“ (ein Schulmeister 18. Jh.)
  • „Immer wieder wird die Wirksamkeit der Volksschule bei dem zunehmenden Sittenverfall diskutiert oder die immer lauter werdenden Klagen über die zunehmende Rohheit und Verwilderung unserer Jugend, besonders der erwachsenen Dorfjugend, erörtert“ (Allgemeine Schulzeitung, Darmstadt 1826)
  • „Es ist die Wahrnehmung gemacht worden, daß bei der Schuljugend die früher kundgegebene Anständigkeit und das sittliche Benehmen […] mehr und mehr verschwinde“ (Regierungsbericht, 1852)
  • „[…] knapp 50 % aller Lehrlinge zeigen mangelhafte oder stark defizitäre Leistungen in der Mathematik“ (DIHK, 1965)
  • Zusätzlich bemängeln unsere Gesellschaft und die Wirtschaft eine allgemeine Abnahme von Wert- und Moralvorstellungen, sowie fehlende soziale und personale Kompetenzen (vgl. DIHK, 2010)
  • „Fehlende Disziplin, mangelnde Leistungsbereitschaft, geringe Belastbarkeit – die Azubis machen unseren Unternehmen Sorgen“ (DIHK-Chef Hans Heinrich Driftmann 2011)
  • „Auszubildende – faul, ohne Disziplin, kein Interesse. Jedes zweite Unternehmen klagt über mangelnde Disziplin und Belastbarkeit sowie fehlende Leistungsbereitschaft und Motivation. Jedes dritte bemängelt die Umgangsformen der Bewerber.“ (Die Welt, 21.8.2014 Zitat zur neuen DIHK Umfrage „Ausbildungsfähigkeit“)

… und so weiter und so fort. Der Unterschied zu früher ist heute jedoch, dass die Möglichkeiten der schnellen und unbegrenzten Verbreitung von Aussagen über Jugendliche, diese unmittelbar erreichen. Somit kann sich „der Jugendliche“ dann direkt angesprochen und abgewertet fühlen. Es wird für ihn nicht verständlich sein, dass die Klagen globale Aussagen sind und über den Kamm geschert pauschalieren. Gleichzeitig möchte ich darauf hinweisen, dass dieser Beitrag ironischerweise gleichermaßen einer Pauschalierung unterliegt. Möglicherweise ist genau dies der Grund für die immer gleiche Klage bestimmter Gruppen."

Gabs hier zu lesen

http://www.bildungswissenschaftler.de/5000-jahre-kritik-an-jugendlichen-eine-sichere-konstante-in-der-gesellschaft-und-Arbeitswelt/

EinStarWarsfan  19.03.2021, 23:19

Einfach ein komplettes Buch geschrieben

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Hallo!

Soweit würde ich (Jahrgang '90) zwar nicht gehen, aber ich bin der Ansicht, dass da zumindest was dran ist und denke, dass das an der laxen Erziehung durch "coole" Eltern liegt, die dem Nachwuchs zu viele Freiheiten lassen und keine Grenzen setzen. Grenzen zu setzen bedeutet keine Prügelstrafe, aber auch keinen Kuschelkurs - es hat noch nie jemandem geschadet, mal ein "Nein" zu hören und damit umzugehen oder von mir aus auf eine gewünschte Sache zu sparen, damit man ihren Wert zu schätzen lernt. Wen es interessiert, die Bücher von Jan-Uwe Rogge sind ganz gut, da so kompetent wie lebensnah.  Die Bücher kenne ich durch meine Exfreundin, die sie beruflich bedingt gelesen hat. Rogge hat m.E. einen angenehmen Schreibstil und informiert ohne erhobenen Zeigefinger. Seine Bücher sind annehmbar.

Die Jugendlichen meiner Generation (bin 28) hatten eine andere Elterngeneration, die zwar auch durchaus verständig war und im Ernstfall echt was durchgehen ließ, aber trotz Partyleben und Taschengeld usw. noch eher für "law and order" sorgte und in der Lage war Grenzen zu setzen, klare Verhältnisse zu schaffen und auch mal was durchzusetzen, das dem Nachwuchs nicht passte aber dadurch Respekt erzeugt hat -----> so musste dann eben mal für die wichtige Mathe-Arbeit gelernt statt Party gemacht oder trotz "null Bock" die Ausbildung durchgezogen werden, ganz egal, ob es das Kind wollte oder nicht.

Heutige Jugendliche wurden/werden (nicht alle, aber was ich erlebe spottet als jeder Beschreibung und lässt einen nur "ach Gott nee" denken) jedoch leider häufig nach dem Motto "mein kleiner Prinz/meine kleine Prinzessin" so sehr verwöhnt, dass das Resultat dann Leute sind, die sich nicht benehmen können bzw. nicht immer sozial aufführen im Sinne von "menschlich" (und genau das bedeutet das Wörtchen "asozial" von Haus aus laut Duden, womit die Frage mit einem Ja zu beantworten wäre ------> allerdings ist es im Alltagssprachgebrauch eben anders definiert...) und schlussendlich ist von Erwachsenen die Rede, die zwar laut Pass und Alter sowie rechtlich gesehen erwachsen, aber jenseits der Vorstellungskraft völlig grundlos selbstbewusst sind und sich selbst total überschätzen, furchtbar selbstherrlich auftreten und zugleich keinerlei Wissen von der Gesellschaft haben wie sie wirklich ist. Ich habe mit ihnen beruflich als mal zu tun und es gibt kaum Leute, die noch stressiger und unangenehmer sind - notorische Leserbriefschreiber und irgendwelche fundamentalistischen Ideologen (ich arbeite bei einer Tageszeitung) mal ausgeklammert, aber die sind sowieso ein Thema für sich.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung

Ich weiß nicht, wann du jung warst.

Ich war vor 35 Jahren 14 und da hatten wir definitiv keinen Respekt vor Älteren.

Und gesoffen und gekifft haben wir mehr, als die Jugendlichen heute.

verreisterNutzer  04.12.2018, 21:12

Nicht zu vergessen das damals die männlichen Jugendlichen mehr Schlägereien hatten und das sowas nie zur Anzeige gekommen ist. Weil das untereinander geklärt wurde.

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Majorie22  04.12.2018, 21:13

Oha, also wir (noch mal 10 Jahre mehr auf dem Buckel) hatten sehr wohl Respekt auch vor Älteren ... wenn diese sich den in unseren Augen verdient hatten! Mal platt: Unser Hausmeister in der Schule war bestimmt mehr Respektsperson für uns als unser Direx (der war bestenfalls eine Karikatur)

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verreisterNutzer  04.12.2018, 21:25
@Majorie22

Ich denke es gab damals die Jugendlichen die kein Respekt hatten vor nix und niemanden und die Jugendlichen die sehr wohl Respekt haben. Das heute nicht anderes nur das die Jugendlichen heute die keinen Respekt haben mehr auffallen als vor 20 Jahren. Man sollte nicht alle in eine Schublade packen.

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Viele überlegen nicht viel und äffen einfach das nach, was die anderen machen und als "cool" empfunden wird.

Dies ist sicherlich nichts neues und war schon früher so. Der entscheidende Unterschied ist, dass heutzutage solche "asozialen" Taten viel mehr durch die sozialen Medien, wenn nicht sogar durch die "Zeitungen", Fernsehsender und allen anderen Medien gefürdert werden.

Ich persönlich bin erst 16 und respektiere ältere Menschen grundsätzlich, solange es keinen Grund gibt, dies nicht zu tun.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Früher war das nicht anders, nur hat man es nicht so mitbekommen, heute durch die ganzen Plattformen usw bekommt man es einfach mit. Zbs: meine eltern wussten auch nicht immer wo ich den ganzen Tag war machten sich aber keine sorgen, heute weiß man schon durchs inet wo das Kind steckt und was es macht. Und die Jugendlichen damals haben auch schon so ne große Klappe gehabt und waren am kiffen.