Wie steigt man in der Politik auf?

11 Antworten

Gewählt werden.

Um gewählt zu werden, bedarf es einiger Voraussetzungen. Denn kaum einer wählt jemanden, den er nicht kennt. Der Bekanntheitsgrad wächst umso schneller, sobald eine Parteiprominenz auf jemanden aufmerksam wird und beschließt, das "junge Talent" zu fördern, also es bekannt zu machen und für Öffentlichkeitswirksame Positionen vorzuschlagen.

Da auch in einer Partei die Menschen sich nicht anders verhalten, wie das übrige Volk neigen viele nicht dazu sich Inhaltlich mit jemanden auseinanderzusetzen, sondern vertrauen darauf (meißt aus Bequemlichkeit) das der Parteiprominente ja mehr Ahnung hätte und den Probanten sicherlich besser kennt. Kurzum die Wahlchancen steigen, wenn man derart protegiert wird.

Natürlich wird auch der Parteiprominente nicht gerade jemanden fördern, der ihm ans "Bein pinkelt". Daher erachten es manche Karrierejuppies es als klug, Everybodys Darling zu sein (In Bayern sagt man: Everybodys Darling is everybodys Depp!). Lange Rede kurzer Sinn: Wenn man es Parteiintern selbst zu einer gewissen Lokalprominenz oder was noch karrierefördernder ist, zu einem öffentlichen Amt (z. B. durch guten Listenplatz) gebracht hat, kommt die Pressearbeit.

Hier ist es sinnvoll, am Anfang allgemeingefälliges Geschwafel von sich zu geben und ein paar diskrete Dienstgeheimnisse (natürlich ohne Namensnennung) auszuplaudern. Das fördert die gute Zusammenarbeit mit der Journalie. Ist diese auf jemanden Aufmerksam geworden, muß auch hier die Taktik verändert werden. Jetzt sind markige Sprüche (ohne verbindlichen Charakter) angesagt, die sich leicht in Schlagzeilen widerspiegeln können. Ist die Journalie erst einmal auf den Geschmack gekommen und protegiert nun das junge Talent, muß erneut die Richtung gewechselt werden. Jetzt gilt es der eigenen Partei kritisch gegenüber zu stehen, wenngleich natürlich die/der Vorsitzende keinesfalls Ziel der kritischen Äußerung sein darf.

Spätestens jetzt bist du ein "großes Tier" und genauso überflüssig in der Politik, wie eine Zecke am Hund. Wer in die Politik geht um Karriere zu machen, ist ein Hassadeur und Scharlatan. Diejenigen, die keine 60 bis 80 Stunden in der Woche politisch malochen wollen, weil sie mit ihrem Beruf zufrieden sind, oder ihnen die Familie wichtiger ist, betreiben ebenso wie diejenigen, denen es um konkrete Inhalte geht, politische Kärnerarbeit, die nicht weniger Anspruchsvoll ist, aber sich meißt auf kommunaler Ebene abspielt. Hier kommt man nur langsam nach "Oben" und die meißten wollen dies ohnehin nicht.

Ein weiterer Weg ist der Gang über die Jugendorganisationen der Partei. Hier kommt es vor allem auf kommunikative Fähigkeiten an, nach oben gespült zu werden. Ist man erst einmal an der Spitze der Jugendorganisation, kann man das Protegee einer oder der Parteiprominenz leichter umgehen und seinen Inhalten, sofern man welche hat, treuer bleiben.

Fazit: Du siehst, auch in der Politik läuft es nicht anders ab, als in einem Verein, oder in der Wirtschaft.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Insiderwissen

Ich empfehle die Lektüre der Biographie von Premierminister Kardinal Jules Mazarin von Paul Guth. Dort ist der ganze Mechanismus detailgetreu beschreiben.

Als Politiker musst Du eine bestimmte Gruppe von Menschen überezugen können, ihre Interessen am besten wahrzunehmen und ihren Kram am dursetzungsfähigsten zu verkaufen. Ein Mindestmaß an Intelligenz und Grundwissen vorzuhalten, empfiehlt sich so gesehen. Deine wahren Stärken aber sollten auf der emotional intelligenten Ebene liegen. Dass heißt, Du musst in der Lage sein, Prozesse und Dynamiken innerhalb heterogener Gruppen sehr schnell zu erfassen und bereit sein, Dich immer und fortwährend in dem Fahrstuhl zu positionieren, der nach oben geht - selbst, wenn das bedeutet, dass Du Deinen besten Freund dafür aus dem Lift rausschmeißt.

Politik ist auf allen Ebenen in erster Linie NETZWERKARBEIT. Du bist je erfolgreicher, desto näher Du in das Zentrum dieses Netzes rückst und desto länger Du Dich darin zu halten vermagst.

Da gibt es postive Rückkopplungseffekte: Je näher Du diesem Zentrum kommst und desto länger Du dich darin hälst, umso mehr Leute fassen Vertrauen in Deine Fähigkeiten und protegieren Dich, weil Sie Ihre Biographien an Deine knüpfen und hoffen Ihre Schäfchen mit Deiner Hilfe optimal ins Trockene zu bringen.

Die Nagativa: Mit waschsendem Erfolg und Einfluss steigt proportional die Anzahl der Widersacher, Neider, Wadenbeißer, Gegner und Konkurrenten die versuchen, Dich von dieser Position zu verdrängen. Mazarins Schlüsssel zum Erfolg lag darin begründet, dass er sich eben diese Gegner durch geschicktes Lavieren und Ausspielen ihrer Befindlichkeiten verpflichtete, sie an sich band und nicht selten zu - unferiwilligen - Helfern seiner Sache machte, ob sie wollten oder nicht.

Man lernt daraus: Ein guter Politiker (wertfrei gemeint) ist derjenige, der es versteht, die Interessenlage seiner Umgebung zu sondieren, Strömungen zu erkennen und sein eigenes Boot ohne größere Beschädigungen durch Untiefen, Strudel und Wellenschlag hindurchzusteuern.

Immofachwirt  13.06.2012, 11:11

DH!

sehr guter Beitrag.

0

Auch in der kommunalen Parteiarbeit kann man aufsteigen. OB von München beispielsweise ist schon auch eine feine Sache, da kannst du einen gewissen Herrn Ude jederzeit fragen. Aber das nur am Rande.

Ich bin ja noch nicht lange in der CSU (etwa ein Jahr), aber mir ist doch schon klar, dass ich, wenn ich wollte, eine ganze Weile recht rasch aufsteigen könnte. Denn von den Mitgliedern ist ja immer nur ein kleiner Teil wirklich aktiv. Wenn man also nicht ganz blöd im Hirn ist, wird man da bald einmal mit weitergehenden Aufgaben betraut. Beispielsweise bin ich jetzt Delegierter meines Ortsvereins für die Aufstellungsversammlungen der Landtags- und Bundestagskandidaten. Und wenn ich 2014 in den Bezirksausschuss wollte, müsste ich sicherlich nur zugreifen und könnte an aussichtsreicher Stelle kandidieren.

Irgendwann kommt man natürlich an den Punkt, an dem es auch andere kompetente Kandidaten für den gewünschten Posten gibt, und dann muss man eben besser sein als der andere. Aber einer, der weiß, was er will und sich darauf konzentriert, kann auch in großen Parteien relativ schnell was werden.

Es gibt so viele, die sich politisch engagieren, aber die wenigsten "steigen auf" oder werden gar Abgeordneter. Aber diejenigen, die es werden, haben das gewisse Etwas. Sie haben Charisma. Sie können gut reden, sind rhetorisch gewandt und können Menschen begeistern. Das merkst du, wenn du solchen Menschen mal begegnest. Ich meine jetzt nicht den Wahlkreis-Kandidaten von Klein-Kleckersdorf, sondern einem Bundesminister,der Kanzlerin oder dem Präsidenten. Selbst wenn du sie schon 100x in Fernsehen gesehen hast, so wirken sie ganz anders, wenn du sie persönlich triffst und ihnen die Hand schüttelst. Diese Fähigkeit kann man nur begrenzt lernen. Den meisten ist es angeboren.

Außerdem musst du viele Fürsprecher in den oberen Ebenen der Partei haben, die dich fördern, sich für dich einsetzen, dich für wichtige Posten vorschlagen, etc. Das bedeutet, dass du dich überall lieb Kind machen musst und zunächst einmal die Meinung deines "Mentors" vollkommen adaptieren musst, bevor du deine eigene verbreitest. Dazu gehört, dass du wissen musst, wer die Person ist, die für deine Karriere entscheidend ist.

Lege dich möglichst nicht fest! Wer eine klare Linie/Meinung hat, wirkt polarisierend. Sie dir Merkel an! Wenn es irgendwo rumort, am besten so lange raushalten, wie es geht. Nur wer nah am Feuer steht kann sich verbrennen.

Ein gutes Beispiel ist eine gewisse Frau Schröder. Sie trat als Jugendliche in die CDU ein und erklärte geradezu penetrant von Kohl begeistert zu sein. So penetrant dass es bis nach Berlin drang. Dort wurde gerade ein neues Gesicht gesucht. Es sollte jung sein. Dass unsere Kanzlerin es vorzieht Menschen mit eingeschränkter Wahrnehmung zu fördern ist bekannt scheint mir. Das junge Mädchen wurde also angerufen es solle nach Berlin kommen und einen Ministerposten übernehmen. Es hatte sich gut qualifiziert. Jetzt wird das junge Mädchen eben geformt nach eigenem Gutdünken. Ob das Kind mittlerweile auch mal gewählt wurde weiß ich nicht. Es ist auch Nebensache. Die Parteien können die Plätze auf ihren Wahllstein vergeben wie sie wollen. Damit sind ihre Hauptwunschkandidaten unabhängig vom Wählerwillen.

Es macht also Sinn sich Schnecken als glänzendes Beispiel zu nehmen und dann eine gut tragende Schleimspur anzulegen. - NIcht umsonst hat der Präsident des Bundesverfassungsgerichts zum Wahlrecht in diesem Staat der Regierung eine kräftige Rüge erteilt.

Nicht dass der Eindruck entsteht es ginge mir hier gegen die CDU. Sowohl bei SPD als auch bei der FDP ist mir Vergleichbares bekannt. Laut Grundgesetz bekommen Bundesminister ihre Arbeit von der Kanzlerin, vom Kanzler vorgegeben. Auf Kommunalebene kann sich allenfalls da wo Demokratie vom Volk nicht gewollt ist wie hier in Karlsruhe jemand so aufführen. - Aber eben nur so lange bis einige Wenige mit Demokratie ernsthaft beginnen. Dann muss tatsächlich ordentlich gearbeitet werden. Denn dann fragen die Steuerzahller nach was sie für ihr Geld an Leistung bekommen und nicht an Entertainment.

dawala  13.06.2012, 03:38

Wahlscheine haben wir. Da spielte mein Dingelskirchen wohl einen Streich.

0
Immofachwirt  13.06.2012, 11:02

...wobei man natürlich auch einschränkend sagen muß, dass Frau Schröder kein großes Tier in der Politik ist und nicht jedes große Vieh durch einen Gnadenakt der Kanzlerin bestimmt wird. ;-)

0
Literaturius  15.06.2012, 17:58

dawala ist wunderbar - man könnte den Glauben an die Menschheit direkt zurückgewinnen!

0