Wie steht das Christentum zu Notwehr?

6 Antworten

Also, beim Thema Notwehr im Christentum gibt's verschiedene Meinungen. Einerseits lehrt das Christentum, besonders durch die Worte Jesu in der Bergpredigt, dass Liebe und Vergebung im Mittelpunkt stehen sollten. Deshalb gibt es christliche Strömungen, besonders den Pazifismus, die jegliche Form von Gewalt ablehnen, auch in Notwehr.

Andererseits erkennen viele christliche Denominationen Notwehr als legitim an, wenn es darum geht, sich selbst oder andere vor ernsthafter Gefahr zu schützen. In der katholischen Kirche zum Beispiel wird Notwehr als vertretbar angesehen, solange die Mittel zur Verteidigung angemessen sind.

In evangelischen und anderen christlichen Gemeinschaften gibt es ähnliche Ansichten, aber jede hat ihre eigenen Nuancen. Die Hauptbotschaft ist jedoch oft, dass Gewalt immer das letzte Mittel sein sollte und möglichst vermieden werden sollte. Jede Situation wird individuell betrachtet, und der Schwerpunkt liegt auf der Suche nach friedlichen Lösungen...

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Ich habe für gewisse Zeit in einem Kloster gelebt

Als Christ soll man sich schlagen lassen und seine Kleidung hergeben

Das kommt darauf an gegen was wen sich zu wehren muss und was damit gutes bewirkt, oder schlechtes verhindert werden kann.

Bleibt jedem selbst überlassen und kommt immer auf die Situation an. Notwehr ist auch einem Christen nicht verboten.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Gal.5.14 " Liebe deinen Nächsten wie dich selbst "

Keine Sünde, sofern es nötig bzw. angebracht ist.

Sachen wie schubsen oder leichtes Boxen solltest du ignorieren und ihm nicht übel Tuhen, denn Gott wird es tuhen.
Wenn du oder jemanden anderes jedoch in wahrer Gefahr schweben, ist es okay.

Woher ich das weiß:Recherche

Der folgende Artikel von Pfarrer Dr. Peter Vogelsanger ist dazu sehr interessant:

"Dann gibt's aber noch eine weitere Stelle. Vielleicht die wichtigste von allen – Römer 13, also im Römerbrief des Paulus, die ganzen Ausführungen über die Schwertgewalt des Staates.

Da wird gesagt: Der Staat ist die Ordinatio Dei - die Ordnung Gottes -, die eingesetzt ist auf dieser Welt zur Eindämmung des jederzeit lauernden und Macht an sich reißenden Bösen: „Sie trägt das Schwert nicht umsonst“ (die Obrigkeit) sondern zur Bestrafung der Bösen und zur Belohnung der Guten."

Das heißt, es ist die primäre Aufgabe des Staates, dem Bösen in dieser Welt Widerstand zu leisten, und Paulus sagt in diesem Zusammenhang:

,Es ist Pflicht des Christen, den Staat in dieser Funktion zu unterstützen.’ Ich handle in dem Moment, da ich mich gegen den bösartigen Angreifer wehre, als Vertreter der Staatsgewalt, die ja in dem Moment nicht da ist, indem ich dem räuberischen Chaos entgegentrete.

Es ist die Aufgabe der Staatsgewalt, das räuberische Chaos zu verhindern, sonst wird ja das ganze Leben zur Beute des Starken, und der Schwache geht dabei unter. Indem ich dem Anspruch des Gewalttätigen, des skrupellosen Kriminellen, entgegentrete, verteidige ich eine ganz bestimmte göttliche Ordnung dieses Lebens. Ich bin der Repräsentant dieser göttlichen Ordnung.

Wenn ich nun die Konsequenz aus alledem ziehe, muss ich sagen: Jawohl, Notwehr ist dem Christen nicht nur erlaubt, auf Grund einer Lex naturae, sondern die Notwehr ist dem Christen sogar geboten, weil er bei Verzicht darauf die ganze Ordnung des menschlichen Zusammenlebens in Frage stellt."


chrisbyrd  03.01.2024, 20:44

Manchmal wird behauptet, dass Christen immer die andere Backe hinhalten sollen. Diese Aussage von Jesus wird häufig falsch verstanden, weshalb ich sie mal erklären möchte:

Behauptung: Diese Aussage von Jesus ist genial und wird in taktischen Selbstverteidigungsseminaren als beste Taktik überhaupt gelehrt!

Das hört sich erst einmal komisch an, aber die genannte Stelle wird häufig falsch verstanden und noch falscher ausgelegt.

Denn: Sollten Christen sich überall verprügeln lassen, ohne sich zu wehren? Sollten sie zuschauen, wenn andere Christen verprügelt werden und sich darüber freuen, dass diese die andere Backe hinhalten können? Das ergäbe doch irgendwie nur wenig Sinn und würde die gesellschaftliche Ordnung gefährden.

Zu der Bibelstelle mit dem "Hinhalten der anderen Backe" ist zu sagen, dass es dabei nicht um Selbstverteidigung oder körperliche Angriffe, sondern um Rache und Beleidigungen geht.

Im griechischen Urtext steht das Wort "rhapizo", das einen Schlag mit dem Handrücken ins Gesicht bedeutet. Dies war eine Geste, die z.B. ein Herr gegenüber seinem Knecht tun durfte. Bei Gleichgestellten galt sie als schwere Beleidigung, die nach rabbinischem Recht doppelt bestraft wurde. Deshalb soll man sich durchaus beleidigen lassen, ohne sich zu wehren. Und man soll sich nicht rächen, was wohl die Kernaussage dieser Bibelstelle ist.

Deshalb ist der Vorschlag, auf Beleidigungen nicht zu reagieren und auf Rache zu verzichten, die beste Taktik, um Streit zu deeskalieren und schlimmere Auseinandersetzungen, die über verbale Angriffe hinausgehen, zu vermeiden.

In taktischen Selbstverteidigungsseminaren, in denen es um Notwehr und Nothilfe geht, wird diese Strategie durchaus als wichtige Möglichkeit der Deeskalation und Prävention gelehrt.

An diesem Beispiel sieht man wieder, wie lebensnah und -praktisch Jesus die Menschen belehrte.

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Siegessicher  03.01.2024, 21:55

Die beste Erklärung, die ich bisher zu dem Thema gelesen hab! Danke!!

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