Wie soll ich mit dieser Schülerin umgehen?
Ich bin Lehrerin (28) an einem Gymnasium und eine Schülerin aus der 11. Klasse hat mich seit einer Weile sehr in ihr Herz geschlossen. Ich habe sie schon im zweiten Jahr in Englisch. Seit kurzem wartet sie nun mittags an vielen Tagen auf mich, um auf dem Weg nach Hause noch mit mir zu reden.
Das alles fing an, als ich letzten Sommer meine Haare hellpink gefärbt habe. Das fand sie total cool (bei uns haben keine anderen Lehrerinnen pinke Haare...) und sie selbst hat ständig wechselnde Haarfarben. Ich glaube, sie sieht mich als eine Art ältere Freundin oder große Schwester... Sie wird auch etwas gemobbt in der Klasse - nicht sehr stark, aber sie ist schon eine Außenseiterin. Sie tut mir irgendwie leid, und gleichzeitig mag ich sie auch recht gerne. Es wird mir nur einfach zuviel, dass sie inzwischen fast jeden Tag am Tor steht und fragt, ob sie noch ein bisschen mitgehen kann... ich will sie ja auch nicht wegschicken, weil sie es eh nicht so einfach hat!
Ich bin nicht die Vertrauenslehrerin, aber sowieso sucht sie eher eine Freundschaft mit mir... Aber das geht ja nicht, ich bin 10 Jahre älter und sie ist meine Schülerin, also ich muss sie benoten usw.!!
Andererseits denke ich mir, was ist es für ein Problem, wenn wir mittags fünf oder zehn Minuten zusammen gehen und quatschen und darüber reden, welche lila Haarfarbe die schönste ist?? Ich meine, wahrscheinlich freut sie sich den ganzen Tag auf das Gespräch... ich bringe es einfach nicht übers Herz, sie wegzuschicken!
Was meint ihr? Soll ich irgendwas sagen? Oder findet ihr das noch in Ordnung so??
7 Antworten
Deine Schülerin sieht in dir eine wie du schon schreibst eine freundin. Wer weiß wie dir Situation bei ihr zu Hause ist. Ich würde es mal ansprechen bei der Direktor und das mobing ansprechen von den anderen Schülern. Sie braucht offensichtlich einen zum Reden und sie vertraut dir. Das kan man nicht bei jedem Lehrer
Vielen lieben Dank für deine Antwort! Ja, ich habe mich auch schon gefragt, wie es bei ihr zu Hause wohl ist. Genau weiß ich es nicht, außer dass die Eltern offenbar getrennt sind. Wenn ich das Gefühl bekomme, dass sie wirklich über Probleme reden möchte, wäre ich dazu natürlich bereit! Aber das muss von ihr kommen. Vor allem weil wir bisher gar nicht über schwierige Sachen sprechen, sondern eher über Frisuren und Haarfarben :)
Naja mit dem Mobbing habe ich mich vielleicht falsch ausgedrückt... sie ist zwar definitiv eine Außenseiterin, aber sie hat trotzdem auch ihr Standing in der Klasse. Irgendwie halt als Weirdo am Rand... :) Manchmal gibt es komische Sprüche über sie - aber nicht ständig und jedenfalls nicht so stark, dass ich denke, ich müsste das mit der Chefin besprechen!
Also, ich bin jetzt eine Weile aus der Schule raus, aber eines kann ich sagen, dass ist mir auch vorher aufgefallen während der Oberstufe:
Es gibt einige Lehrer, die ein besseres Verhältnis zu Schülern aufbauen konnten, weshalb sie immer noch selbst Jahre später in Kontakt zueinander stehen.
Sie haben auch nach der Unterrichtszeit/ am Wochenende Abends etwas unternommen.
Derartige Lehrer werden hervorgehoben von den Schülern.
Schick sie nicht weg. Es ist egal, ob der Altersunterschied 10 Jahre beträgt. Bei anderen beträgt er +15-20 Jahre. Freu dich lieber. Andere Lehrer die ihren Job nicht richtig machen, können sich davon gerne ein Beispiel nehmen. Mann sollte schon etwas lockerer mit Kinder/Jugendlichen umgehen. Das kann nicht jeder.
Vielen Dank!! Ja, ich würde mir auch total falsch vorkommen, sie wegzuschicken! Vielleicht mache ich mir auch zu viele Sorgen und es bleibt alles so, wie es ist. Das wäre ja total okay. Ich habe einfach nur die Sorge, dass sie vielleicht mit der Zeit immer anhänglicher wird... und dann wäre es irgendwann einfach zu viel.
Ja, ich weiß, was für Lehrer du meinst! Stimmt, das waren schon oft tolle Menschen! Hatte ich auch in meiner Schulzeit ^^ Ui, ich glaube, bis ich vielleicht mal so locker mit den Schülern umgehen kann, wird es bestimmt noch ein paar Jahre brauchen... im Moment fühle ich mich einfach noch viel zu "nah dran" - wenn du weißt was ich meine? (auch vom Aussehen her) - Ich vermute, das geht mit 15-20 Jahren Altersunterschied einfacher. Dann ist völlig klar, dass man trotz der Nähe nicht zur selben Generation gehört.
Das finden von einem professionellen Nähe-Distanz Verhältnis ist wohl in allen sozialen berufen immer wieder ein großes Thema und wird dafür in den meisten viel zu wenig thematisiert.
Auf der einen Seite kann eine professionelle Nähe zu dir als Lehrerin einer Schülerin viel halt geben. Durch kurze Gespräche auch außerhalb des Unterrichts kannst du eine Beziehung aufbauen die es erleichtert, sich auch an dich zu wenden wenn es mal schwerwiegendere Problem gibt.
Auf der anderen Seite führt eine fehlende Distanz auf Dauer zu Problemen für alle Beteiligten. Du beschreibst jetzt schon, dass es dir eigentlich zu viel ist, dass die Schülerin jeden Tag auf dich wartet und fühlst dich aber auf gewisse Weise verpflichtet dazu, weil sie sich ja darauf freut, mit dir zu reden. Ich lese da eigentlich raus, dass deine persönlichen Grenzen schon ein Stück weit überschritten sind, du das aber für die Schülerin in Kauf nimmt. Das finde ich problematisch! Wenn du weiterhin über deine Grenzen gehst wirst du irgendwann an den Punkt kommen wo es für dich zu viel ist und wirst sie dann gegebenenfalls auch rigoroser zurückweisen müssen, um dich nicht weiter zu belasten. Das ist für euch beide nicht fair. Außerdem sehe ich es in der Situation auch nur als eine Frage der Zeit bist unter den anderen Schüler*innen das Thema aufkommt, ob es da eine Bevorzugung gibt etc., was ihr auch beide abbekommen würdet.
Was wäre, wenn du mal an einem Tag nicht so gut drauf bist und gerne alleine nachhause gehen möchtest, ohne weiteren Grund. Denkst du, wenn sie dann auf dich wartet könntest du ihr das gut sagen ohne sie zu kränken und ohne dich schlecht zu fühlen? Wenn nicht denke ich, du musst in irgendeiner Weise Grenzen ziehen, die auch für die Schülerin klar verständlich sind. Das heißt ja nicht, dass du gar nicht mehr mit ihr reden darfst, aber eben in einem Rahmen der eine gewisse professionelle Distanz noch wahrt und oben dass sie sich darauf verlässt, dass du zur Verfügung stehst, wenn du das gar nicht immer leisten kannst.
Ich habe lange in einer Jugendwohngruppe gearbeitet und es in dem Bereich leider sehr oft erlebt, dass professionelle (auch einige Lehrer*innen) aus den allerbesten Beweggründen Grenzen nicht richtig ziehen konnten und zu viel Nähe zu den Jugendlichen aufgebaut haben und am Ende waren diese leider immer die Leidtragenden. Aus meiner Erfahrung geben klar kommunizierte Grenzen auch den Jugendlichen sehr viel Sicherheit weil sie sich dann darauf verlassen können, was okay ist und was nicht und dass die andere Person das auch für sich benennt und nicht immer vorsichtig sein müssen, um nicht "zu viel" zu sein. Ich habe dazu mit meinem Team auch immer viel gearbeitet, weil natürlich auch jeder seine Grenzen individuell ziehen darf und muss, ich habe da auch viel Nähe zugelassen an Stellen wo das für Kolleg*innen vielleicht nicht gepasst hätte, ich das aber in der Situation in Ordnung fand und bin damit auch immer gut gefahren, das braucht aber eben auch immer wieder die Reflektion. Vielleicht kannst du ja auch mit Kolleg*innen mal über die Situation sprechen?
Vielen lieben Dank für deine ausführliche Antwort!! ^^
Du hast völlig recht mit allem was du schreibst! Mir fällt das Grenzenziehen echt ziemlich schwer. Also ich würde es sicher machen, wenn sie mich nerven würde! Aber das ist ja gar nicht der Fall. Ich mag sie gern und habe selbst Spaß, mit ihr zu quatschen :) zumal wir mit den bunten Haarfarben quasi ein gemeinsames Hobby haben (auch wenn ich das heute nicht mehr so stark ausleben kann wie früher...)
Wenn es an manchen Tagen gar nicht geht, dann sage ich es ihr natürlich auch. Neulich z.B. waren mein Freund und ich mittags bei meinen Eltern zum Essen eingeladen und ich musste deshalb zum Auto... Aber so grundsätzlich Riegel vorschieben und z.B. sagen, du darfst nur noch an zwei Tagen pro Woche mitkommen, das fände ich irgendwie auch blöd und ich würde mich nicht wohl dabei fühlen! Auch wenn ich dich schon verstehe, wenn du sagst, dass es wahrscheinlich nötig wäre. Ui...
Wegen der möglichen Bevorzugung stimmt es natürlich auch! So hatte ich das noch gar nicht gesehen. Vor allem habe ich selbst beim Korrigieren gemerkt, dass ich echt aufpassen muss, neutral zu bleiben... denn sie ist leider überhaupt keine gute Schülerin, und ich gebe ihr einfach super ungern eine 5 :( wobei das sowieso ein Problem von mir ist, ich benote meistens "zu gut"... meine Fachbetreuerin hat mich da schon ermahnt.
Aber ja, wenn die anderen in der Klasse denken, wir haben da quasi eine Privatfreundschaft, dann wäre das echt nicht gut! Da hast du völlig recht! Da muss ich aufpassen.
Ui, es bleibt schwierig :) Aber jedenfalls ganz herzlichen Dank für deine Antwort!!!
Ein Lehrer sollte ein guter Mentor sein. Und Mentoren können häufig zu Freunden werden. Ich würde eher im Kollegium das mit dem Mobbing mal ansprechen und dem einen klaren Riegel vorschieben. Ansonsten ist eine gewisse professionelle Distanz sicherlich sinnvoll, ähnlich wie bei Psychologen oder Psychotherapeuten. Meine Empfehlung: Einmal mit der Schulleitung sprechen, ob das passt dann bist du sicher. Als Mensch kann ich nur sagen....es braucht mehr Lehrer wie dich!
ooh :) danke! :D
Ja, mit der professionellen Distanz tu ich mich schwer, das weiß ich auch. Psychologen werden ja direkt dafür ausgebildet... aber ich kann das einfach nicht so gut, ich bin halt ich selbst :/
Um mit der Chefin zu sprechen, finde ich das jetzt noch nicht gravierend genug... da gibt es ganz andere Problemfälle an der Schule! Also, ich warte einfach mal ab und glaube jedenfalls zu verstehen, dass ich nicht komplett falsch reagiere??? :)
Jedenfalls danke für deine liebe Rückmeldung!! ^^
Ich sehe dort kein Problem, mit deiner Schülerin 5-10 Minuten am Tag mitzugehen und zu quatschen. Sowas hat ja sicherlich einen pädagogischen Mehrwert. Aus beruflicher Sicht würde ich aber deine Schulleitung darüber in Kenntnis setzen, bevor es da zu Missverständnissen kommt.
Ja, da hast du natürlich recht. So lang du ihre Lehrerin bist, ist eine gewisse Distanz unverzichtbar. Aber auch das ist ja etwas, was du ihr rational mal bei einem lockeren 10 Minuten Gespräch mitteilen kannst. In der 11. Klasse ist sie ja kein Kind mehr und wird sehr wahrscheinlich Verständnis dafür haben.
Ja, das stimmt. Vielleicht ergibt sich das ja mal! Ich möchte nur nicht, dass es so wirkt, als würde ich sie wegstoßen. Denn das will ich nicht, es würde sich ganz falsch für mich anfühlen.
Du bist ein viel zu guter Mensch für diese Welt^^ - Wenn diese Eigenschaften mal mehrere Lehrer hätten.
oooh..... was soll ich denn dazu sagen?? Danke...! Aber ich glaube, die meisten Lehrer wollen schon das beste! ^^
Vielen Dank! Ich habe glaube ich einfach ein bisschen Sorge, dass es von ihrer Seite dann immer mehr wird... wenn es wirklich bei den paar Minuten bleibt, wäre es sicher okay. Ich möchte ihr einfach nicht das Gefühl geben, ich wäre ihre Freundin, weil das halt einfach nicht geht (unter diesen Umständen...)