Wie realistisch sind die aberwitzigen MP-Werte, mit denen sich die großen Handy-Hersteller mit ihren Kameras gegenseitig übertrumpfen wollen?

3 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet
also wie groß müsste dann ein 40 oder 60 MP Fotochip im Handy sein?

Das weiß man ziemlich genau, wie groß diese Chips sind. Die 50 MP Kamera im Google Pixel Pro hat beispielsweise einen 1/1.31 Zoll Chip. Das ist größer als die Sensoren in vielen Digitalkameras. Zum Beispiel der in einer Sony Cybershot HX99 [1/2.3"].

 Ist es technisch überhaupt möglich, auf winzigster Fläche 40 Millionen Pixel unterzubringen, die zudem noch für Farbfotos mit RGB Filtern unterteilt sind?

Natürlich ist das möglich. Ob es sinnvoll ist, ist nochmal eine andere Sache. Besonders ab 100 MP aufwärts. Die Farbfilter liegen übrigens meistens über 4 Pixeln, nennt sich dann Quad-Bayer Filter oder Tetracell. Das heißt im Prinzip, dass nur die monochrome Auflösung steigt, aber die Farbauflösung sinkt auf 1/4. Zudem nimmt man durch immer kleiner werdende Pixel mehr Rauschen in Kauf. Und die kleinen Objektive im Handy können oft auch garnicht scharf genug auflösen. Sodass ein Bild in voller Auflösung auf 100% Zoom dann meist vermatscht und detaillos aussieht.
Deshalb verzichten viele Hersteller auch darauf, die komplette Auflösung als Bild zu liefern und speichern stattdessen nur 12 oder 16 Megapixel. Beim Google Pixel ist das beispielsweise der Fall.

Ein normales Kamerafoto mit 24 MP kannst du heute auch auf 96 Megapixel und mehr hochrechnen und es dürfte qualitativ nicht großartig unterschiedlich aussehn.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Fotografiere in Hobby und Beruf seit 2003

Das ist überhaupt nicht realistisch und zu hohe Pixelwerte können sogar schlechtere Bilder liefern die Sensoren sind einfach zu klein. Auch bei einer richtigen Kamera sind 20 MP mehr als genug.

Die angegebene Sensorauflösung entspricht durchaus den Tatsachen, nur hat es natürlich absolut keinen Sinn, ist ein reines Verkaufsargument für technische Laien und ist eigentlich sogar ein Nachteil.

Die Objektive sind nicht einmal annähernd in der Lage, ein Motiv derart hoch aufgelöst abzubilden, durch die hohe Auflösung und dadurch extrem kleine Pixelgröße auf dem ohnehin schon winzigen Sensor sinkt aber die Lichtempfindlichkeit massiv, und die Hersteller müssen mit aufwendigen digitalen Tricks arbeiten, damit die Kameras bei schwächerem Licht auch noch Bilder produzieren, auf denen man etwas erkennen kann. Dazu wird durch die unnütze gigantische Auflösung auch noch Speicherplatz verschwendet.

Auch die Profi-Kameras mit Vollformat-Sensoren (KB-Format) protzen nicht mit unglaublichen Werten

Natürlich nicht. Wer sich so eine Kamera kauft, hat üblicherweise auch Ahnung von der Materie und weiß, dass eine derart hohe Auflösung unsinnig ist, dementsprechend kann man diese Zielgruppe auch nicht damit ködern. Die "Guckst du alter, hab isch 50 Megapixel Handy"-Fraktion läuft eher selten mit einer professionellen Kamera rum.

Nur damit du Vergleichswerte hast:
Ein Full-HD-Monitor (oder Fernseher, Beamer...) hat eine Auflösung von 2 Megapixel. Wenn du also ein Foto mit 2 Megapixel bildschirmfüllend auf so einem Gerät betrachtest, hast du, was die Auflösung anbelangt, ein perfektes Bild, mehr kann der Monitor nicht darstellen. Auch wenn das Bild 50 Megapixel hätte, würdest du keinen Unterschied merken.
Bei einem 4K-Display sind es 8 Megapixel.
Ein digital ausbelichtetes Foto im klassischen 10x15-Format hat meist rund 2 Megapixel, von Speziallaboren die mit besonders hochwertigen Maschinen arbeiten eventuell das doppelte.

Heißt also: Alles, was über ~8 Megapixel hinausgeht, hat nur einen Sinn, wenn man entweder Poster/Plakate drucken lassen möchte die dann aus minimalem Abstand betrachtet werden sollen, oder die Absicht hat das Bild nachträglich massiv zu beschneiden und ein kleines Detail herauszupicken. Beides kommt in der Praxis eher selten vor. Und dazu müsste man dann auch in der Lage sein, sich ein Objektiv zu leisten, das tatsächlich über die entsprechende Abbildungsleistung verfügt, um die Sensorauflösung auch ausnutzen zu können.