Wie könnte man diese 'Keuner'-Geschichte interpretieren?

8 Antworten

Sind doch Hausaufgaben! Aber egal:

Brecht, oder? Herr Keuner steht immer für "Jedermann". Der Entwurf stellt den Menschen unter Ausnutzung seiner Potentiale optimal dar. Heißt einfach, wenn Herr K. jmd. liebt, sorgt er sich darum, dass er seinem Idealbild möglichst ähnlich wird und seine Potentiale optimal ausnutzt. Damit hätte er sozusagen "das Beste" aus einem Menschen gemacht.

So würde ich es interpretieren, teile allerdings nicht ganz seine Ansichten. Aber wer Brecht kennt weiss, das muss noch irgendwas mit Nationalsozialismus zu tun haben...

einen menschen lieben heißt: ihn so nehmen,wie er ist / mit all seinen stärken und schwächen / im äußern wie im inneren //

K. sieht das anders (hat von natur aus eine bestimmte eigenart=veranlagung) / er hat immer eine bestimmte vorstellung=erwartung von dem menschen, mit dem er eine beziehung eingeht (freundschaft, liebe, partnerschaft) / er macht sich einen "entwurf" von ihm (ein ausdruck aus der existenzphilosphie) / und er will ihn dann haben, wie ER ihn sich denkt, d. h. er will ihn nach seinem willen formen //

mit liebe hat das nichts mehr zu tun / es läßt sich sagen, daß Herr K. nicht liebesfähig ist / er wird in allen seinen beziehungen zu menschen probleme haben, weil er sie nicht so nimmt, wie sie sind //

man kann es auch so sehen: K. hat eine idealvorstellung von dem andern, die der andere dann nicht erfüllt, nicht erfüllen kann / also will K. ihn so "machen" / das hat auch etwas diktatorisches, gottähnliches //

wobei allerdings leute wie K. manchmal nach außen hin gar nicht so herrisch wirken, sondern recht umgänglich sein können / aber sie haben dann eine versteckte methode, dem andern ihre vorstellungen, ihren willen "aufdrücken" zu wollen / K. ist also nicht nur beziehungsunfähig, sondern auch ein "unangenehmer" typ //

Es wird ein Idealbild erschaffen und dafür gesorgt, dass der Mensch diesem ähnlich wird. Wir kennen das alle, es wird versucht, den Partner zuändern, damit er ins gewünschte Schema passt.

Das dürfte auf eine Tradition anspielen. Bei Sartre wird z.B. das Dasein als Entwurf gedacht. Könnte mir aber auch vorstellen, dass er das dem Bauhaus oder einer Theatertradition entlehnt hat, die ab den 20ern bestand.

Man muß den ganzen Kontext sehen. Das ist z.B. eine Frage-Antwort-Situation.

Analytisch gesehen, wird Liebe dem Entwurf vorausgesetzt: Wenn Herr K. einen Menschen liebt, dann macht er diesen Entwurf usw.

Es geht also nicht um den Beginn einer Liebe, sondern den Prozeß des Liebens, das Lieben.

Lieben heißt demnach: Den Geliebten zu entwerfen und ihn diesem Entwurf ähnlich werden zu lassen. Damit verknüpft ist Sorge, dass er diesem Entwurf überhaupt ähnlich wird.

Eine Idee oder Vorstellung entsteht durch das Lieben im Liebenden vom Geliebten, und diese Idee oder Vorstellung hat ähnlich dem Geliebten zu werden (durch das Lieben).

Das steckt in dieser Geschichte Brechts.

Ich sehe es so:

Was er hier sagt ist einfach eine Tatsache. Ob es der Erste Eindruck ist, ob es unser Selbstbild ist, egal was. Wie sehen immer nur einen kleinen Teil von dem was es ist. Wer kennt sich denn schon 100%? Ich halte es für unmöglich und Andere Menschen dann erst recht nicht.

Ich glaube was er meint unter Anderem ist:

Wir machen uns von allem ein Bild und behandeln es danach, ob Ding oder Lebewesen.

Es heißt, als man Michelangelo danach fragte, wie er seinen David erschuf, er antwortete: “Der David war immer schon da gewesen. Ich musste lediglich den überflüssigen Marmor um ihn herum entfernen.”

Vielleicht habt ihr mal den Begriff : Selbsterfüllende Prophezeiungen gehört?!

Letztendlich bedeutet es nur, dass wir Dinge nie so belassen wie sie sind, sondern wir uns ein Bild von allem machen und es demnach behandeln und wodurch man Einfluss darauf ausübt und dieser wirkt wiederum so, dass das Subjekt zu dem wird, was wir darin sehen.

Ein Lebewesen kann sich gegen diesen Einfluss wehren, aber nicht gegen alle.