Wie kann bei Kohlenhydratfreier Ernährung eine kontinuierliche Glucoseversorgung des Gehirns gewährleistet werden?

2 Antworten

Das Gehirn ist über die Blut-Hirn-Schranke weitgehend vom Körper "abgeschirmt" und kann darum nur aus einigen wenigen Stoffen überhaupt seine Energie beziehen, darunter Glucose.

Wenn der Körper über längere Zeit keine Glucose oder andere Kohlenhydrate zu sich genommen hat, geht er erst mal an die Glykogenvorräte ran. Sind die aufgebraucht, dann beginnt der Körper in der Leber und der Nebennierenrinde selbst Glucose zu bilden (Gluconeogenese). Ausgangsstoffe sind dabei die Proteinvorräte des Körpers, die zunächst mittels Proteasen in Aminosäuren "zerhackt" werden. Aus den Aminosäuren wird Pyruvat gebildet, das ja seinerseits das Endprodukt der Glykolyse (also des Glucoseabbaus) ist. Aus Pyruvat wird also Glucose gebildet, wobei die Gluconeogenese nicht einfach die Umkehrung der Glykolyse ist. Das liegt daran, dass es bei der Glykolyse drei stark exergone Reaktionen gibt, die sich nicht einfach umkehren lassen. Diese drei Reaktionen sind die der Hexokinase (Glucose wird zu Glucose-6-phosphat), der Phosphofructokinase (Fructose-6-phosphat wird zu Fructose-1.6-bisphosphat) und die der Pyruvat-Kinase (Phosphoenolpyruvat wird zu Pyruvat). Diese drei Reaktionen müssen in der Gluconeogenese also umgangen werden:

  • Pyruvat wird über einen Umweg zu Oxalacetat umgewandelt. Dazu wird ATP verbraucht, das Enzym, welches diese Reaktion katalysiert, heißt Pyruvat-Carboxylase. Anschließend wird Oxalacetat durch die Phosphoenolpyruvat-Carboxykinase unter erneutem Energieverbrauch zu Phosphoenolpyruvat umgewandelt. Einige Aminosäuren werden anstelle von Pyruvat zu Oxalacetat abgebaut, an dieser Stelle kann also auch Oxalacetat in die Gluconeogenese eingehen. Über Oxalacetat hast du auch deine Verbindung zum Citratzyklus (die Glykolyse ist also eine kataplerotische Reaktion).
  • Die beiden anderen Reaktionen der Glykolyse werden durch eine Phosphatase umgangen.

Darüber hinaus beginnt der Körper bei längerer kohlenhydratarmer Kost mit der Bildung von Ketonkörpern (Acetoacetat, beta-Hydroxybutyrat und Aceton). Diese sind sozusagen eine transportable Form von Acetyl-CoA und können über die Blut-Hirn-Schranke ins Gehirn gelangen und dort zur Energiegewinnung verstoffwechselt werden. Steigt die Konzentration an Ketonkörpern im Blut über den Normalwert an, bezeichnet man dies als Ketose. Da Ketonkörper sauer sind, sinkt der pH-Wert des Blutes (Ketoacidose), das kann schlimmstenfalls zu einem Koma und zum Tod führen. Besonders gefährdet für Ketosen sind vor allem Diabetiker (Diabetes mellitus). Diabetiker leiden unter einer Störung des Insulinstoffwechsels, welches für die Aufnahme von Glucose aus dem Blut verantwortlich ist. Bei Diabetikern ist also eigentlich genug Glucose im Blut vorhanden, welche jedoch nicht aufgenommen werden kann. Der Körper "glaubt" dadurch, dass keine Glucose mehr da ist und steigert daher die Ketonkörperproduktion.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Biologiestudium, Universität Leipzig