Beim Kleinen Prinzen (St Exupery) heißt es ja "du bist verantwortlich für das, was du dir vertraut gemacht hast". Damit meint der Fuchs, dass der kleine Prinz ihn ja gezähmt hat. Daher soll er jetzt für immer für ihn verantwortlich sein.
Wie seht ihr das?
Ich habe mir jetzt über ein halbes Jahr lang einen Mann sehr vertraut gemacht, indem ich ihn so gut wie jeden Tag besucht habe, mit ihm geredet, auf ihn und seine Bedürfnisse eingegangen bin, teils mit ihm gegessen, gekocht, bei ihm übernachtet hab.
Nun hab ich ihn von heute auf morgen verlassen.
Das hatte damit zu tun, dass ich mich gleichzeitig auf eine Frau eingelassen hatte, die mir mindestens ebenso sehr am Herzen lag und für die ich alles tue, damit sie ihre Traumata hinter sich lassen und ein neues Leben beginnen kann. Sie lebt mit mir zusammen, ich widme ihr täglich etliche Stunden meiner Zeit und sie braucht einen Großteil meiner Ressourcen.
Der Freund, den ich verlassen habe, wohnt in einem großes Haus mit genügend Wohnraum. Er hätte mich bei sich wohnen lassen. Aber nur mich. Ich hätte dafür meine Freundin hier allein lassen müssen.
Sie hatte mich unter Tränen gebeten ihr all meine Aufmerksamkeit ungeteilt zu schenken, weil sie auf der emotionalen Ebene wie ein sehr kleines (etwa 2jähriges) Kind ist. Total offen, bedürftig und völlig schutzlos ohne mich. Wenn ich meine Zeit unter ihr und meinem Freund aufteile, kann sie sich nicht weiter entwickeln. Sie macht wieder total dicht und verliert das aufgebaute Vertrauen. Natürlich hatte sie nicht verlangt, dass ich mit meinem Freund Schluss mache, aber sie hat mir sehr klar vor Augen geführt, dass sie es nicht (mehr) erträgt, wenn ich abwechselnd bei ihm und bei ihr bin.
Obwohl mein Freund auch seine Traumata hat, habe ich mich klar für meine Freundin entschieden, da ich erlebt habe, dass sie die Hilfe, die ich ihr anbiete nicht nur wirklich annimmt, sondern auch bereit ist weit über ihre persönlichen Grenzen zu gehen, um für sich persönlich voran zu kommen.
Im Gegensatz dazu hat mein Freund meine Entgegenkommen zwar gerne angenommen, aber in Wirklichkeit lag ihm gar nichts daran für sich persönlich weiter zu kommen. Ich habe nicht erlebt, dass er ein Bewusstsein dafür hat, dass er dringend Hilfe braucht. Er meint er hat sein Leben gut im Griff. In meinen Augen ist er aber auf dem besten Weg in eine Alkoholsucht.
Wenn ich ihn jetzt sehe, habe ich Mitleid, denn er sieht sehr traurig aus und kann sich offenbar nur noch mit Alkohol halbwegs über Wasser halten.
Bin ich für ihn verantwortlich?
Und wie machst du das mit Zukunft und Vergangenheit? Wie stehst du da zu verantwortung?