Werden Transsexuelle in Deutschland respektiert?

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Gesellschaftlich sind Diskriminierungs- und Gewalterfahrungen in Deutschland auch heute noch keine Seltenheit, das ist sehr eindrücklich in einigen Studien nachzuvollziehen.

Ebenso gibt es nach wie vor auch noch diskriminierende Strukturen (bspw. TSG oder die Pathologisierung). Diese sollten auch nicht verharmlost werden, nur weil es in Deutschland für trans* Personen laut Ansicht vieler ja „vergleichsweise angenehm“ ist.

Die konkreten Erfahrungen einzelner Personen sind aber auch stark vom Umfeld abhängig/individuell.


Senbu  01.02.2022, 15:46

"Gesellschaftlich sind Diskriminierungs- und Gewalterfahrungen in Deutschland auch heute noch keine Seltenheit, das ist sehr eindrücklich in einigen Studien nachzuvollziehen."

Das stimmt. Heutzutage wird man in der Schule von seinen Mitschülern diskutiert bzw. man erfährt dann sogar Gewalt, wenn man aus dem Ausland kommt (Fernes (Iran bspw.) als auch nahes(Polen bspw.), manchmal auch wenn man keinen Migrationshintergrund hat, wenn man gut in der Schule ist, also einfach nur Hausaufgaben macht und vor der Arbeit lernt, nicht cool sein möchte(bspw. möchte man nicht kriminell handeln, seine Zukunft wegschmeißen,...) usw... Diskriminierung gibt es sogar in Community's, die behaupten gegen Diskriminierung vorzugehen.

"Ebenso gibt es nach wie vor auch noch diskriminierende Strukturen (bspw. TSG oder die Pathologisierung)."

Das TSG ist eine Schutzmaßnahme, wie der Notfallfallschirm beim Fallschirmspringen. Das man solche Maßnahmen nicht versteht ist verständlich, schließlich kennen die meisten ja selbst diese unschönen Regelungen wie Wodka, Tabakwaren, alleine Auto fahren, gewisse Inhalte sehen können, Schusswaffen kaufen und besitzen, usw.... Man muss ein gewisses Alter haben bzw. sogar eine besondere Erlaubnis, die einen dazu befähigt. Einem selbst gefällt es zwar nicht, meist versteht man es auch nicht und möchte es einfach nur weg haben.

PmMeYourCactus  01.02.2022, 15:57
@Senbu

Zu benennen, dass trans* Personen im Bildungswesen Diskriminierungserfahrungen machen schreibt auch nicht anderen Menschen ihre Diskriminierungs- oder Mobbingerfahrungen ab. Es wird auch von ganz konkreten Taten berichtet, die eindeutig Transfeindlichkeit als Hintergrund haben - transfeindliche Diskriminierung ist kein Nebenprodukt des ohnehin verbreiteten Mobbings.

Die „Schutz- und Beratungsfunktion“ hört sich auf dem Papier zwar erst mal nett an, wird aber in der Praxis durch das derzeitige TSG nicht realisiert.

Senbu  01.02.2022, 16:05
@PmMeYourCactus

"transfeindliche Diskriminierung ist kein Nebenprodukt des ohnehin verbreiteten Mobbings."

Genau, jeder Fall von Mobbing ist individuell und basiert auf der irrationalen Handlung des Mobbers. Es gibt nicht das Mobbing, sondern eine Vielzahl an Einzelfällen bei der ein gewisses Muster vorhanden ist.

"... wird aber in der Praxis durch das derzeitige TSG nicht realisiert."

Inwiefern? Worin versagt es?

PmMeYourCactus  01.02.2022, 16:18
@Senbu

Worauf möchtest du hinaus? Dass die Erfahrungen die trans* Personen machen individuelle Einzelfälle herkömmlichen Mobbings sind?

Inwiefern? Worin versagt es?
  • Die Begutachtung wird nicht als hilfreich, sondern verbreitet als demütigend und Fremdbestimmung verstanden
  • Das System mit den Gutachten wirkt sich im Kontakt mit der Krankenkasse oftmals negativ auf die Gesundheitsversorgung aus
  • Es werden Kriterien abgefragt, die nach aktuellem wissenschaftlichen Stand keine Relevanz für die Geschlechtsidentität haben
  • Viele der Gutachter sind heutzutage selbst der Überzeugung, die Geschlechtsidentität sei von außen nicht zu begutachten
  • Minderjährige empfinden die Begutachtung als besonders übergriffig
  • Die Gutachten fallen ohnehin nur in unter 1% in der § 4 TSG Frage negativ aus
Senbu  01.02.2022, 17:05
@PmMeYourCactus

"Dass die Erfahrungen die trans* Personen machen individuelle Einzelfälle herkömmlichen Mobbings sind?"

Mobbing basiert auf Einzellfällen(individuell zu beurteilende Fälle) und ist immer gleich verwerflich bis hin zu illegal. Das Personen andere Personen mobben ist leider ein oft vorkommendes Phänomen und Transgender sind nur eine Teilmenge an Personen, die darunter leiden. Ich habe Ihnen doch zugestimmt, dass das oft vorkommt, jedoch habe ich noch einige Fälle dazu genannt.

"Die Begutachtung wird nicht als hilfreich, sondern verbreitet als demütigend und Fremdbestimmung verstanden"

Männer, die eine Krebsvorsorgeuntersuchung machen empfinden dies ebenfalls als demütigend (Wenn der Arzt die Genitalien anfasst, das nackt vor dieser Person stehen und gegebenfalls ab einem gewissen Alter auch noch die Untersuchung der Prostata, die durch den Hintereingang stattfindet. In den meisten Fällen wird nichts gefunden, wodurch der Anschein entsteht es wäre nutzlos/nicht hilfreich. Dass das Verbot ein Kfz ohne Führerschein bzw. Begleitung eines Fahrlehrers zu fahren als Fremdbestimmt gesehen werden kann ist auch bekannt.

"Das System mit den Gutachten wirkt sich im Kontakt mit der Krankenkasse oftmals negativ auf die Gesundheitsversorgung aus"

Könnten Sie diesen Punkt weiter beschreiben?

"Es werden Kriterien abgefragt, die nach aktuellem wissenschaftlichen Stand keine Relevanz für die Geschlechtsidentität haben"

Bspw.? Bei den Gutachten soll nicht die Geschlechtsidentität festgestellt werden sondern ob ein Leidensdruck aufgrund einer Geschlechterdysphorie besteht und eine Angleichung des Körpers und rechtlichen Daseins dieses mildern könnte. Ein Gutachter ist in diesem Fall ein Psychologe und dieser kann nur psychische Probleme diagnostizieren. Die Geschlechtsidentität kann nur von einem selber bestimmt werden und ist außerhalb des eigenen Daseins nicht beweisbar.

"Viele der Gutachter sind heutzutage selbst der Überzeugung, die Geschlechtsidentität sei von außen nicht zu begutachten"

Diese soll ja auch nicht begutachtet werden, jedoch stimmt es, dass das nicht durch andere bestimmt werden kann. Im Fordergrund steht die Ermittlungen des Leids und dessen Ursache. Ist diese auf eine Geschlechterdysphorie zurückzuführen und durch gewisse Maßnahmen reduzierbar, dann können extreme Maßnahmen genehmigt werden.

"Minderjährige empfinden die Begutachtung als besonders übergriffig"

Minderjährige empfinden vieles sehr radikal aufgrund von mangelnder Erfahrung, Verständnis, Bildung, Selbstkontrolle, usw...

Fragen Sie mal Jugendliche wie sie bspw. die J2 Untersuchung fanden oder wie Mädchen/ junge Frauen den Besuch beim Frauenarzt empfinden. Besuche beim Arzt / Psychologen sind oftmals unangenehm.

"Die Gutachten fallen ohnehin nur in unter 1% in der § 4 TSG Frage negativ aus"

Viele Schutzmaßnahmen / Vorsorgeuntersuchungen und sonstige Tests fallen negativ aus. (Ohne irgendwie die Coronapandemie zu bewerten, nur zum veranschaulichen) Bei uns auf der Arbeit muss man sich zweimal die Woche testen lassen, auch als mehrfach geimpfter. Nur ein ganz kleiner Bruchteil der Angestellten ist positiv, wenn überhaupt jemand positiv getestet wurde. Machen die Tests Sinn, da schließlich nur ein Bruchteil positiv ausfällt? Sollte man also Maske, Desinfektion, testen usw...weglassen, da nur ein Bruchteil positiv ausfällt?

PmMeYourCactus  01.02.2022, 17:28
@Senbu

Der Vergleich mit dem Führerschein hinkt gewaltig, da bei einer Vornamens- und Personenstandsänderung keine reale Gefährdungssitation besteht. Anders besteht natürlich eine Selbst- und Fremdgefährdung, wenn eine unqualifizierte Person im Verkehr teilnimmt. Den Vergleich zu einer (ich vermute mal an dieser Stelle) freiwilligen Vorsorgeuntersuchung deren Ablauf mit aktuellen Stand der medizinischen Möglichkeiten logisch erklärbar/nachvollziehbar ist, ist nicht mit einem Verfahren welches bereits als nicht den grund- und menschenrechtlichen Standards entsprechend beurteilt wurde (und zusätzlich bereits Alternativen in anderen Ländern angewandt werden), zu vergleichen.

Könnten Sie diesen Punkt weiter beschreiben?

Ich bin mal so frei zu zitieren:

„ Es zeigte sich hingegen, dass Krankenkassen regelmäßig die Gutachten aus dem TSG-Verfahren zur Änderung des Vornamens und (seit Wegfall der Operationspflicht nach § 8 TSG) des Personenstandes ver- langen, um die ihrer Zuständigkeit unterfallende Begutachtung im Rahmen der Kostenübernah- mepflicht für somatische Angleichungsmaßnahmen zu erleichtern.19 Berichtet wurde, dass die Krankenkassen die Diagnose „Transsexualität“ teilweise infrage stellen, wenn noch kein TSG- Verfahren durchlaufen wurde, um die Gewährung von Angleichungsmaßnahmen zu verwei- gern. Die vormals durch § 8 TSG vorgegebene Reihenfolge (erst körperliche Angleichung, dann Personenstandsänderung) wird so umgekehrt. Dies kann dazu führen, dass Versicherten adäqua- te Gesundheitsversorgung verweigert wird, weil sie nicht die psychischen Ressourcen haben, sich neben den oft langwierigen Auseinandersetzungen mit der Krankenkasse zusätzlich dem Begutachtungsverfahren im Rahmen des TSG-Verfahrens zu widmen (Gutachten: Regelungs- und Reformbedarf für trans- geschlechtliche Menschen).

Diese soll ja auch nicht begutachtet werden

Doch, Kernfragen der Gutachten sind:

  1. Besteht der Wunsch seit mindestens 3 Jahren
  2. Wird er sich voraussichtlich nicht mehr ändern

Das ist von außen nicht zu begutachten. Vor allem meinte ich mit den irrelevanten Themen aber bspw die psychosexuelle Entwicklung (und diese Befragung ist insbesondere bei Minderjährigen kritisch zu betrachten).

Minderjährige empfinden vieles sehr radikal aufgrund von mangelnder Erfahrung, Verständnis, Bildung, Selbstkontrolle, usw...

Ich halte nichts davon Minderjährige in ihrem Erleben nur auf Basis ihres Alters oder „mangelnder“ Erfahrung nicht anzuhören. Besonders nicht im Kontext von Fremdbegutachtungen.

Auch der Vergleich mit der aktuellen Corona Situation hinkt, da unzureichende Schutzmaßnahmen während einer Pandemie deutlich weitreichendere Konsequenzen haben als eine bloße amtliche Änderung des Vornamens/Personenstands

KarlKlammer  01.02.2022, 18:28
@Senbu
Bei den Gutachten soll nicht die Geschlechtsidentität festgestellt werden sondern ob ein Leidensdruck aufgrund einer Geschlechterdysphorie besteht und eine Angleichung des Körpers und rechtlichen Daseins dieses mildern könnte.

Wie wäre es das TSG erstmal zu lesen und zu verstehen was da steht, bevor du es hier irgendwie als etwas verteidigst was es nicht ist?

Ja und Nein.

Gesellschaftlich sowie Institutionelle Transfeindlichkeit gibt es.

Die Gutachten etc seitens des Staates.

Von der Gesellschaft missgendert etc

Grundsätzlich ja. Das hängt aber auch davon ab, wie jeder persönlich Respekt definiert.

Ja, im Normalfall schon.

"Schwarze Schafe" die nicht respektieren, gibt es immer, in jedem Land.

Ich würde sagen, sie werden toleriert.