Wenn sich ein verschränktes Teilchen verändert, passt sich das andere verschränkte Teilchen dann mit Überlichtgeschwindigkeit an oder doch <lichtgeschwindi.?


07.11.2023, 15:32

Weil falls dies direkt, egal mit welcher Entfernung passiert, könnte man doch ein binäres System entwickeln mit dem man kommunizieren kann. Und ich weiß, dass man nicht mithilfe der Messergebnisse selber kommunizieren kann (No-Communication-Theory), aber warum kann man nicht folgendes System entwickeln?: Man misst etwas im Intervall von 5 Sekunden (binäre 1) oder man misst etwas im Intervall von 10 Sekunden (binäre 0). Dabei wäre dann ja egal, was genau gemessen wird, sondern man registriert lediglich die Messungen in Zeitintervallen.

4 Antworten

Warum mit verschränkten Quantenzuständen entfernter Teilchen keine Kommunikation mit Überlichtgeschwindigkeit möglich ist:

Kapitel 1 - was ist ein Quantenzustand? Das ist kein gemessener Zustand eines Teilchens, sondern die Überlagerung aller möglicher Zustände, in denen das Teilchen sein kann, wenn gemessen wird. Vor der Messung sind nur die Wahrscheinlichkeiten der verschiedenen Zustände bekannt. Erst durch die Messung entscheidet sich das Teilchen für eine der Möglichkeiten, vorher weiß es selbst nicht, was herauskommt.

Kapitel 2 - was ist eine Verschränkung? Ein Quantenzustand muss nicht auf ein Teilchen beschränkt sein, sondern kann mehrere Teilchen umfassen. Diese Teilchen können auch weit voneinander entfernt sein, und man bezeichnet sie dann als verschränkt. Aber es handelt sich nicht um mehrere Quantenzustände, die durch Zauberei miteinander gekoppelt sind, sondern es ist in Wirklichkeit nur einer.

Kapitel 3 - was ist das Besondere daran, das Einstein "spukhafte Fernwirkung" nannte? Wenn die Zustände zweier verschränkter Teilchen schließlich gemessen werden, kommt dabei bei beiden jeweils ein Zustand heraus, der vom gemessenen Zustand des anderen abhängt, so als hätten sich die Teilchen abgesprochen, für welchen Zustand sie sich entscheiden sollen. Dies ist übrigens nicht ein versteckter Parameter, den die Teilchen mit sich tragen wie Zettel in Glückskeksen -  die Statistiken zB der Messungen von Spins verschränkter Teilchen zeigen, dass so ein Parameter nicht existiert, die Entscheidung fällt tatsächlich erst bei der Messung.

Kapitel 4 - warum kann man darüber nicht kommunizieren? Die Verschränkung gilt nur für den Quantenzustand vor der Messung, nicht für die Teilchen nach der Messung. Zwar kann der "Sender", der dem "Empfänger" eine Nachricht schreiben will, den Quantenzustand vor der Messung beeinflussen, aber was er "geschrieben" hat, weiß er selbst erst nach der Messung.

Kapitel 4 - Analogie. Wir nehmen hierfür nicht Schrödingers Katze in der Kiste. Wir ersetzen die Katze durch einen Würfel und die Kiste durch einen Würfelbecher. Der mit der Handfläche verschlossene Würfelbecher ist der Quantenzustand, die Wahrscheinlichkeiten für die 6 Würfelseiten ist 1/6. Nun geben wir 2 verschränkte Würfelbecher Bob und Alice und sagen Sie sollen schütteln und auskippen (das ist die Messung) und - spukhafte Fernwirkung - beide sehen die gleiche Augenzahl. Bob kann aber Alice auf diesem Wege nichts mitteilen - nach dem Fallen der Würfel ist die Verschränkung kaputt. Wenn Bob jetzt einen Würfel umdreht, dreht sich Alices Würfel nicht mit. Bob kann natürlich vorher seinen Becher noch einmal extra schütteln und damit im Ergebnis eine andere Augenzahl produzieren, aber er weiß nicht welche.

nelli155 
Fragesteller
 07.11.2023, 16:58

Wow, das war extrem gut erklärt!! Vielen Dank!

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Wenn sich ein verschränktes Teilchen verändert, ...

...dann passiert mit dem anderen genau gar nichts.

lediglich die (für sich zufälligen) resultate der ersten messung in der verschränkten eigenschaft sind korreliert.

was du sonst so alles mit dem einen teilchen anstellst, änderst, modifizierst, drehst, manipulierst oder sonst was, interessiert das andere überhaupt nicht.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Physiker (Teilchenphysik)
nelli155 
Fragesteller
 07.11.2023, 15:41

Warum sind nur die Resultate der ersten Messung miteinander korreliert?

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Reggid  07.11.2023, 15:46
@nelli155

weil die teilchen verschränkt sind.

diese eigenschaft folgt ganz direkt aus dem formalismus der quantenmechanik für mehrteilchensysteme.

es gibt zwei-teilchen zustände die sich nicht als produkt zweier ein-teilchen zustände schreiben lassen (das folgt direkt aus der mathematischen struktur der zugrundeliegenden vektorräume). das sind die verschränkten zustände, bei denen eben zum beispiel (natürlich gibt es andere auch) nur die messergebnisse spin-up+spin-down oder spin-down+spin-up möglich sind, aber keine anderen (weil alle anderen möglichkeiten in diesem speziellen zustand gar nicht "enthalten" sind).

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nelli155 
Fragesteller
 07.11.2023, 16:23
@Reggid

Ja genau, die Teilchen sind verschränkt. Aber die sind dann doch auch noch verschränkt wenn man eins davon einmal gemessen hat oder nicht?

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Diesen Sachverhalt findest unter dem Thema "spukhafte Fernwirkung", und scheint ein echter Dorn im Auge der ART zu sein. Wenn man aber die Quanten-Verschränkung als eine "Eigenschaft des Raums" betrachtet, widerspricht dieser Effekt wohl nicht der ART (Lichtgeschwindigkeit)

Siehe auch Wiki: https://de.m.wikipedia.org/wiki/Quantenverschr%C3%A4nkung

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Dipl. Math., BOS, Elektronik/Elektriker, Lebenserfahrung

Bei verschränkten Teilchen reagiern beide zeitgleich auf eine Zustandsänderung, unabhängig von deren räumlicher Entfernung. Das dies so geschieht wird als "Einstein-Podolsky-Rosen-Paradoxon" bezeichnet, weil es eigentlich gegen die Gesetze der klassischen Physik verstößt.

Woher ich das weiß:Recherche