Was ist euer Lieblingsgedicht?
10 Antworten
Hoelderlin
Hälfte des LebensMit gelben Birnen hänget
Und voll mit wilden Rosen
Das Land in den See,
Ihr holden Schwäne,
Und trunken von Küssen
Tunkt ihr das Haupt
Ins heilignüchterne Wasser.
Weh mir, wo nehm' ich, wenn
Es Winter ist, die Blumen, und wo
Den Sonnenschein,
Und Schatten der Erde?
Die Mauern stehn
Sprachlos und kalt, im Winde
Klirren die Fahnen.
Hallo,
das ist auch immer abhängig von z. B. der Situation, meiner Stimmung, der Jahreszeit usw.
Jetzt kommt dann wieder die Zeit für diese meiner Lieblingsgedichte:
Wintergedichte von Christian Morgenstern z.B.
Die drei Spatzen
In einem leeren Haselstrauch,
da sitzen drei Spatzen, Bauch an Bauch.
Der Erich rechts und links der Franz
und mittendrin der freche Hans.
Sie haben die Augen zu, ganz zu,
und obendrüber, da schneit es, hu!
Sie rücken zusammen dicht an dicht,
so warm wie der Hans hat´s niemand nicht.
Sie hör´n alle drei ihrer Herzlein Gepoch,
Und wenn sie nicht weg sind, so sitzen sie noch.
Wenn es Winter wird
Der See hat eine Haut bekommen,
so dass man fast drauf gehen kann,
und kommt ein grosser Fisch geschwommen,
so stösst er mit der Nase an.
Und nimmst du einen Kieselstein
und wirfst du ihn rauf, so macht es klirr
und titscher - titscher - titscher - dirr ...
Heißa, du lustiger Kieselstein!
Er zwitschert wie ein Vögelein
und tut als wie ein Schwäblein fliegen -
doch endlich bleibt mein Kieselstein
ganz weit, ganz weit auf dem See draussen liegen.
Da kommen die Fische haufenweis
und schaun durch das klare Fenster von Eis
und denken, der Stein wär etwas zum Essen:
doch so sehr sie die Nasen ans Eis auch pressen,
das Eis ist zu dick, das Eis ist zu alt,
sie machen sich nur die Nasen kalt.
Aber bald, aber bald
werden wie selbst auf eigenen Sohlen
hinaus gehen können und den Stein wiederholen.
(wintergedichte.info/html/gedichte _ christian _ morgenstern.html)
Ich mag:
Goethe:
- Mignon (Kennst du das Land, wo die Zitronen blühen …)
- Nur wer die Sehnsucht kennt (… Weiß was ich leide! …)
- Erlkönig (Wer reitet so spät durch Nacht und Wind? Es ist der Vater mit seinem Kind …)
- Der du von dem Himmel bist (… Alles Leid und Schmerzen stillest …)
Rilke:
- Der Panther (Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe so müd geworden, daß er nichts mehr hält …)
- Blume des Abschieds (Irgendwo blüht die Blume des Abschieds …)
James Joyce:
- The twilight turns (… from amethyst to deep and deeper blue …)
- Rain has fallen all the day (… o come among the laden trees …)
- Alone (The noons greygolden meshes make all night a veil …)
- All day I hear the noise of waters (… making moan …)
Brian Patten:
- The panther‘s heart (Although he still pads about behind the bars of his solitary cage …)
Christina Rossetti:
- Dream land (Where sunless rivers weep their waves into the deep …)
"Advent" von Loriot. :D
Naja, und die eigenen Kinder auch.
Nicci, die Zukunft
Fester Boden gegen Teer,
Strampeln fordert Abgegas'.
Lederhalsband schmückt sie mehr
als Kokon aus Autoglas.
Freie Sichten auf das Land
siegen über Teerbandblick.
Leichtgewicht schlägt Blechgigant,
Klugheit spottet Statusglück.
Klingel über Hupe lacht,
Sinnlichkeit killt Raserwahn.
Denn wer heut schon langsam macht,
der kommt morgen besser an.
An der Seite neben ihr,
Dinoblech mit Sonnenbrill',
überholt zwar, doch verliert.
Grashalm bricht durch Fahrspurrill'.
Goldkettchen, auf Schale sitzt,
Siegerin dahinter tadelt.
Diese grinst ihm nach, verschmitzt:
"Leck mich doch! Die Zukunft radelt!"
Ich mag die skurillen und teils absurden Gedichte von James Krüss. "Die Wiese" gehört zu meinen Favoriten.