Was fehlt denn einem "Heimatlosen"?

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Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

"Heimatlosigkeit" assoziiere ich vor allem mit dem Verlust oder der Abwesenheit der Fähigkeit, etwas wie ein zur eigenen Person gehöriges "Zuhause-Sein" empfinden zu können. Der Aufenthaltsort wird beliebig, gänzlich gleichgültig. Eine Wohnstatt ist nicht besser und nicht schlechter als eine andere, bestenfalls durch objektiv nennbare Vorzüge unterscheidbar.

Auch wird dem Begriff und dem zugehörigen Gefühl ja von unterschiedlichen Menschen unterschiedliche Bedeutung zugemessen. Für manche scheint Heimat, "Heimisch-Sein", eine unabdingbare Bedingung der "richtigen Existenz", des nicht, nicht mehr Provisorischen zu sein. Der Platz, "an den man gehört", der einem vertraut und entspricht, unabhängig von den örtlichen Widrigkeiten. Daher wird ja "Heimat" durch Auswanderer auch in die Ferne mitgenommen, etwa durch (starres Festhalten an) Tradition, Ritual, Religion.

lichtschatten 
Fragesteller
 11.02.2012, 23:35

Deine Gedanken sollten in einem Lexikon verewigt werden.

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Für kleine Kinder ist Heimat da, wo ihre Eltern sind. Für größere Kinder ist Heimat da, wo ihre Freunde sind und wo sie schnell neue Freunde finden würden. Dies gilt auch noch für viele Erwachsene. Aber Erwachsene, die sehr naturverbunden sind, empfinden sich oft als Teil eines Ökosystems für das sie Verantwortung tragen.

Ich würde sagen, dass Heimat sowohl örtlich gebunden ist als auch an Menschen. Manche Menschen verstehen darunter ihr Herkunfsort und manche haben aus persönlichen Gründen (Liebe..) eine "Zu Hause" gefunden, indem sie ihre Heimat sehen.

ich kenne das gefühl sehr gut, heimatlos zu sein. heimatlosigkeit bedeutet für mich, an dem jetzigen wohnort sich nicht angenommen oder angekommen zu fühlen. man gehört einfach nicht "dazu"...man fühlt sich wie ein außerirdischer auf einem fremden planeten...der wohlfühlfaktor ist eher gering bis gar nicht vorhanden...heimat ist für mich dann heimat wenn ich mich dort zuhause fühle und mir meine zukunft dort gut vorstellen könnte und demnach auch zukunftsorientiert plane.

heimatlosigkeit hat auch ein "un-ausgefüllt-sein"...eine gewisse innere leere, traurigkeit weil man eben nicht das gefunden hat nach was man sich sehnt.

Dem Heimatlosen fehlt es an Verbundenheit, Zugehörigkeit.


Hierzu möchte eine kleine Geschichte erzählen:

Ich wurde vor 65 Jahren in der Nähe von Kempten geboren. Meine Eltern, meine Verwandten, Freunde und Lehrer prägten mein soziales Umfeld. Die Verbundenheit zum bayrischen Volk und den damit verbundenen Traditionen, die Berge vor der Haustür, das Schi fahren im Winter..............all das war meine Heimat. Hier wurde ich fürs Leben geprägt. Dennoch bin ich ein sehr unruhiger Mensch und wurde rastlos. Als Katholik verschlug es mich daher im Alter von 20 Jahren in eine ganz andere Ecke von Deutschland. Ich zog nach Leer, Ostfriesland. Es war eine harte Zeit, weil ich dort meinen Glauben nicht so ausleben konnte, wie in Bayern. Auch die sprachlichen Barrieren sowie die fehlenden Berge machten mich im Land der Teetrinker zu einem Außenseiter und Heimatlosen. Ich fühlte mich einfach nicht wohl. So zog ich mehrere Jahre durch Deutschland, fand jedoch nie das Zuhause, was ich für mich als Heimat bezeichnen würde.

Das europäische Ausland musste her: Ich startete mit 30 Jahren in Österreich. Die verwandte Sprache, die Berge, die Kultur...............das war mir alles sehr vertraut. Ich hatte für mich eine neue Heimat gefunden. Ich war kein Heimatloser mehr. Leider hatte ich beruflich nicht so viel Glück und verließ Österreich nach 10 Jahren.

Da ich ledig bin und keine Kinder habe sowie an anderen Kulturen interessiert bin, dachte ich mir, dass Israel ein gutes Land zum Leben wäre. Du kannst Dir vorstellen, dass die Unterschiede noch größer waren, als in Ostfriesland zu leben. Die Menschen, die Kultur, das Land, die Sprache, die Religion: Alles war auf einmal ganz anders. Ich verkürzte den Aufenthalt auf einen mehrmonatigen Urlaub und machte einen Tripp nach Kanada. Die Einsamkeit machte mir schwer zu schaffen. Mir fehlte die Kommunikation mit anderen Menschen. Auch hier konnte ich keine Heimat finden.

Nach so vielen Jahren bin ich nun wieder in Deutschland gelandet. Ich wohne in einem kleinen Dorf mit einer sehr harmonischen Dorfgemeinschaft. Das kulturelle Angebot sagt mir sehr zu, die Stadt ist nicht weit weg. Die Menschen sind hier alle sehr freundlich und haben mich sofort in ihrer Mitte aufgenommen. Ich mag das große Angebot an Freizeitmöglichkeiten. Ich fühle mich hier sehr wohl und habe endlich meine Heimat gefunden.


Vielleicht hilft diese kleine Geschichte, dass Heimat und Heimatlosigkeit nicht nur örtlich miteinander in Verbindung stehen. Es ist auch das, was Du in Deiner Frage beschrieben hast.

Viele Menschen verlassen ihre Heimat und kommen nach Deutschland, um hier eine neue Heimat zu finden. Sie stoßen dabei jedoch auf viele Probleme. Einigen gelingt es sicher nicht, hier heimisch zu werden, andere wiederum schaffen das hervorragend.

Die Zugehörigkeit zum Volk ist eine Seite. Aber auch als "Volksfremder" kann man eine Verbundenheit entwickeln. Örtlichkeiten mögen eine große Rolle spielen, wenn es um das "wohl fühlen" geht. Aber auch die "Religion" würde ich nicht außer Acht lassen. Insbesondere Christen und Muslime stoßen im jeweils anderen Land durchaus auf Probleme. Es dürfte Muslimen und Christen durchaus leichter fallen, eine Heimat zu finden, wenn man auf Gleichgesinnte trifft. Das schließt Toleranz für andere Kulturen nicht aus.

Ich hoffe, Dir hilft meine Antwort etwas weiter, dieses Thema von mehreren Seiten zu betrachten.

HektorPedo  17.02.2012, 11:27

Ich teile meinen Stern gern mit Dir!

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