Was darf der Notfallsanitäter?

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Auch wenn die Frage schon älter ist, möchte ich dir trotzdem noch darauf antworten. 

Der Notfallsanitäter darf nach Paragraph 4c des Notfallsanitätergesetzes bis zum Eintreffen des Notarztes oder dem Beginn einer weiteren ärztlichen Versorgung auch während der Ausbildung erlernte und sicher beherrschte invasive medizinische Maßnahmen anwenden, wenn ein lebensbedrohlicher Zustand vorliegt oder wesentliche Folgeschäden zu erwarten sind. Welche invasiven Maßnahmen das sind, ist im NotSanG nicht genau festgelegt worden. Im so genannten Pyramidenprozess, einem Erörterungsgespräch, wurden 15 invasive Maßnahmen und circa 20 Notfallmedikamente beschlossen, die der Notfallsanitäter eigenverantwortlich durchführen sollen darf. Da die Gestaltung des Rettungsdienstes jedoch Kraft des Grundgesetzes den Bundesländern unterliegt, konnte und wollte man hier nicht in die Kompetenz der Länder eingreifen, so das diese letztendlich unter Orientierung am Pyramidenprozess die Länder Algorythmen erstellen, was der Notfallsanitäter im jeweiligen Bundesland tatsächlich letzendlich in der Ausbildung erlernt und in der Praxis im Einsatz darf. In manchen Ländern, muss der Notfallsanitäter die gesamten im Pyradmidenprozess beschlossenen invasiven Maßnahmen und Medikamente erlernen und darf diese auch anwenden, in anderen Ländern darf er nur eine abgespeckte Form des Pyramidenprozesses. 

Fachjuristische Meinung:

Die Mehrheit der Fachjuristen ist mittlerweile der Auffassung, dass das Heilpraktikergesetz und demnach der Arztvorbehalt in Rettungsdienst keine Anwendung findet, da dieses Gesetz einen anderen Regelungsbereich habe. Diese Auffassung wurde zum Teil noch beim Rettungsassistenten auch schon von Gerichten bestätigt, die entschieden, das Paragraph 3 des Rettungsassistentengesetzes einen eigenen Kompetenzbereich des Rettungsassistenten definiere und dem Heilpraktikergesetz vorgehe. Bislang fehlt zur Anwendbarkeit des Heilpraktikergesetzes allerdings noch eine höchstrichterliche Entscheidung des Bundesgerichtshofes, so das Rettungsdienstpersonal bis zu einer höchstrichterlichen Entscheidung von einer möglichen Anwendbarkeit des Heilpraktikergesetzes ausgehen sollte. Sollte allerdings irgendwann der Bundesgerichtshof darüber entscheiden und der selben Auffassung sein, so würde aus der bisherigen "Notkompetenz" sowieso eine Regelkompetenz werden, invasive Maßnahmen wären dann bei jedem Patienten genauso durchzuführen, wie nichtinvasive Maßnahmen. 

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Rettungsdienst🚑, sehr großes Interesse an Notfallmedizin.

Er darf Das was der ärztliche Leiter Rettungsdienst freigibt. Z.B. bestimmmte Medikamente verabreichen, das kann regional sehr unterschiedliche sein und ist eigentlich heute auch schon so. Mit dem NotSan sollte das eigentlich bereinigt sein aber hier hat sich eine gewisse Lobby wohl durchgesetzt.

Es ist weiter richtig das ein NotSan nicht alles darf was er in der Ausbildung lernt. Es gibt bestimmte Eingriffe die er erst selbstständig machen darf wenn er sie schon einen bestimmte Anzahl unter Anleitung bzw. in der Simulation gemacht hat. Dafür ist aber in der Ausbildung nicht ausreichend Gelegenheit bzw. Zeit.

"Was darf der Notfallsanitäter" fragt sich wahrscheinlich so mancher, der diesen Titel bereits trägt ... Eigentlich war ja einer der Gründe, warum man überhaut einen Beruf namens Notfallsanitäter schuf, um damit den Rettungsassistenten abzulösen, eben der, dass man dem Problemfall "Notkometenz" ein Ende setzen wollte.

Die Notkompetenz war ja ein rechtliches Konstrukt, dass es in einem engen Rahmen dem RA erlaubte, bestimmte Maßnahmen mit Arztvorbehalt bereits vor dem Eintreffen eines alarmierten (!) Notarztes durchzuführen. Der RA musste die Maßnahme beherrschen, der ärztliche Leiter Rettungsdienst musste die Maßnahme freigegeben haben es durfte keine andere Maßnahme geben, die ebenfalls zum gleichen Ziel führen konnte und wie gesagt musste ein Notarzt bereits auf der Anfahrt sein, wobei es gleichzeitig dem PAtienten nicht zuzumuten wäre, noch auf dessen Eintreffen zu warten.

In der Idee sollte diese Notkompetenz des RA durch eine Art Regelkompetenz für den NotSan ersetzt werden. Das heißt, man erarbeitete eine Reihe Algorithmen, die der NotSan in den entsprechenden Situationen abarbeiten können sollte.In diesen Algorithmen waren einige Maßnahmen mehr enthalten, als für die frühere Notkompetenz vorgeschlagen, was aber der wesentliche Unterschied sein sollte: Die Durchführung der Algorithmen sollte eigentlich unabhängig davon möglich sein, ob ein Arzt alarmiert war. Klar muss der NotSan einen Patienten einem Arzt zuführen, aber in der Theorie sollte ein NotSan einen Patienten mit bestimmten Krankheitsbildern selbst behandeln udn dann in ein Krankenhaus bringen können, ohne dass er erst lang und breit auf einen Notarzt warten müsste. Eine beispielhafte Liste dieser Algorithmen kannst du unter dem Begriff "NUN-Algorithmen" abfragen.

Leider sieht das Notfallsanitätergesetz die Umsetzung dieser Regelkompetenz aber nicht vor, da es sich nur um ein Gesetz handelt, wie sich die Ausbildung gestaltet und zu was sie den NotSan befähigen soll. Da Rettungsdienst Sache der Landkreise ist, kann lokal immer noch anders gehandhabt werden, ob all das, was der NotSan gelernt hat, auch wirklich angewendet werden darf. In der Regel wird es so gehandhabt, dass der ärztliche Leiter Rettungsdienst vor Ort bestimmte Algorithmen von der Liste für seine Leute freigibt, oder eben nicht.

Dies führt zu interessanten Konstellationen: So kann es in einem Landkreis sehr liberal zugehen und der NotSan wirklich alles von der Liste dürfen, während im Nachbarkreis 5 km weiter nicht mal ein venöser Zugang gelegt werden darf.

Man muss also sagen, dass deine Frage, was ein NotSan darf, problematisch zu beantworten ist. Was er dürfen sollte, steht in den NUN-Algorithmen. Was er letztlich wirklich darf, entscheidet der ÄLRD vor Ort, bis es irgendwann hoffentlich eine anderslautende Auslegung gibt. So weit mir bekannt ist, geht es verscheidenorts aber in die richtige Richtung und es wird sich immer mehr an den Algorithmen orientiert als an der Meinung verkalkter ÄLRD, für die Notfallsanitäter immer noch Krankenwagenfahrer sind.

(Anmerkung: Bevor hier einer diskutiert und mir wieder sagen will, dass man nach §34 (rechtfertigender Notstand) ALLES straffrei machen kann, wenn es lebensnotwendig ist - ja, aber z.B. spritzen eines Antihypertensivums oder NIV-Beatmung bei COPD sind NICHT IMMER! akut lebensrettend und fallen damit ebenfalls NICHT IMMER unter §34. Wer sein Berufsleben damit bisher bestritten hat, der möge lieber aufpassen. Regel-/ oder sogar Notkompetenz sind schon noch was anderes)

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Anästhesist und Notfallmediziner