Warum erkennen die Menschen nicht, dass ihr eigenes Ego sie in goldene Ketten legt?

7 Antworten

Weil ihr Ego zu stark ist und viele Menschen das toll finden. Leider.


EvoDenker  07.05.2025, 13:08

Das Ego ist nicht das Problem. Das Ego hat eine sinnvolle Funktion das Problem ist das Klammern an einer Identität der in einer bestimmten Entwicklungsstufe nun scheitert.

Z.b. die Identifikation des Leistungsträgers oder die des Mannes als Kopf der Familie. Usw.

Das Ego ist ein Werkzeug zur psychologischen Selbstverteidigung. Wenn es disfunktional wird ist es wie ein Schwert das gegen denjenigen gerichtet ist der es führt. Es ist sinnlos das Schwert einfach wegzuwerfen bloß weil man nicht gelernt hat es richtig zu führen.

Na-ja, immer noch besser als eine "Dornenkrone".

Weil ihre Identität ihnen eine Orientierung gibt:

- der selbstlose

- der Leistungsträger

- der Weise

....

Es gibt ihnen die Illusion von Sicherheit. Die Identität dient in der Psychologie als Regulator der die Psyche stabilisiert. Das Ego ist hier eine Art Wächter der die Identität schützt. Er verfügt über ein enormes Arsenal an Verteidungsmechanismen:

- Verleugnung

- Verdrängung

- Rationalisierung

- Intellektualisierung

Um einige wenige zu nennen wobei die ersten eher zu den kindlichen Abwehrmechanismengehören und die letzten zwei schon höher entwickelte und energieaufwendigere Mechanismen sind.

Die Identität stützt das mentale Modell mit dem sich der Mensch in seinen Handlungen durchs Leben navigiert. Es hilft ihm in der Individuation zwischen richtig und falsch zu unterscheiden. Scheitert das mentale Modell in der Realität, geht dies in der Regel mit einem inneren Sterben einher. Das alte Mentales Modell zerbricht und die Identität zerfällt. Es erfordert viel psychologische Energie um eine neue Identität zu entwickeln. Gefühle der Ohnmacht, Sinnlosigkeit, leere treten ein.

Diejenigen die es bereits erlebt haben wissen, wie sich das anfühlt. Die eigene Hölle wird einem dann erst richtig bewusst, all die verborgenen Ängsten, Schatten und inneren Dämonen vor denen man durch seine Identität geschützt wurde tauchen wieder auf. Die Akzeptanz der Sinnlosigkeit die Inder Natur inhärent gegeben ist, ist sehr schwer. Die Erkenntnis, dass es keine höhere Ordnung gibt, keinen göttlichen Plan. Die gesamte eigene Existenz strenggenommen nur das Ergebnis natürlicher zufälliger Reaktionen ist. Es gibt keinen höheren Sinn. Der Mensch muss sich den Sinn selbst geben und dafür sind wir in der Masse einfach noch nicht bereit. Wir sind größten Teils immer noch darauf angewiesen, dass uns unser Sinn von außen gegeben wird, eine Garantie, dass unserer Verhalten unter bestimmten Bedingungen richtig ist.

Diese Tatsache ist für die meisten unerträglich.


bablbrabl123 
Beitragsersteller
 07.05.2025, 13:13

Danke, also 1:1 das was Jesus sein ganzes Leben vorgelebt hat? Lass dein Ego los und du wirst frei. "

„Ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen.“ (Johannes 8,32)

„Wenn jemand mir nachkommen will, verleugne er sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich täglich und folge mir nach.“ (Lukas 9,23)

mir nachkommen = so leben wie ich ohne Ego

Sich selbst verleugnen = sein Ego loslassen, sein Kreuz auf sich nehmen, in täglicher Praxis = den Schmerz überwinden, des inneren sterben.

Das zieht sich wie ein roter Faden von vorne bis hinten... ich denke langsam dieser war uns um 2000 Jahre voraus.

EvoDenker  07.05.2025, 16:19
@bablbrabl123

Ich denke das was über Jesus erzählt wird ist schon nah dran an das reine selbst. Allerdings war auch er von einer "höheren Autorität" (Gott) abhängig. Ich vertrete jedoch die These, dass auch Gott nichts weiter als ein Schatten unserer selbst ist. Die Grandiosität die wir in uns nicht integrieren können oder wollen. In dem Fall sind externalisierung. Die uns die Verantwortungsabgabe ermöglicht hat. Schon Nitzsche sprach im Zeitalter der Aufklärung "Gott ist tot." Er sah was viele nicht mal ahnten.

Das Ego ist Psychoanalytisch betrachtet ein Wächter nicht mehr und nicht weniger er ist nicht gut oder schlecht. Er ist einfach und funktioniert so wie es durch seine Natur bestimmt ist. Das Ego ist dazu da die Identität zu schützen und die Identität ist für Regulation der Emotionen durch den PFC (Präfrontaler Cortex) zuständig die Identität gibt durch die Orientierung Sicherheit in einer Chaotischen Welt. Doch die Identität ist nichts weiter als eine Konstruktion des eigenen Verstandes. Die Identität ist formbar und veränderbar. Wer sein Bewusstsein über diese Ebene hinaus entwickelt ist entsorechend adaptiv.

Die Identität gab dir psychologisch die Orientierung die Gott dir gegeben hat als du dein Handeln an den Glauben ausgerichtet hast.

bablbrabl123 
Beitragsersteller
 07.05.2025, 17:41
@EvoDenker

Danke für deine differenzierte Antwort. Ein Gedanke dazu:

Du schreibst, Jesus sei von einer „höheren Autorität“ abhängig gewesen (Gott). Aber genau hier liegt aus meiner Sicht ein Missverständnis — Jesus selbst hat nie gelehrt, dass Gott ein äußerer Herrscher ist, dem man blind gehorcht, sondern dass Gott in uns ist.

Johannes 17,21:

"Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir, so sollen auch sie in uns sein."

Oder Lukas 17,21:

"Das Reich Gottes ist mitten unter euch."

Das bedeutet: Jesus hat nicht gelehrt, dass wir von einer externen Autorität abhängig sind, sondern dass wir — wenn wir das Ego überwinden — in unser ursprüngliches, göttliches Sein zurückkehren.

Er sagt selbst: „Ich und der Vater sind eins“ (Johannes 10,30).

Das ist keine Abhängigkeit. Das ist die Aufhebung aller Trennung.

Wenn er sagte: „Wer mir nachfolgt...“, meinte er nicht Anbetung einer externen Figur, sondern das Durchschreiten des inneren Prozesses der Ego-Transzendenz, um in dieses ungeteilte, präsente Sein zu gelangen.

Deine These, dass Gott eine Externalisierung sei, trifft eher auf das zu, was unreife Religionen daraus gemacht haben — einen „Gott da oben“, der urteilt.

Aber in der Mystik und auch in Jesu ursprünglicher Lehre erkennen wir:

Gott ist das Sein selbst, das in jedem Menschen gegenwärtig ist.

Nicht wir sind von Gott abhängig.

Sondern wenn wir das Ego ablegen, wird klar, dass wir nie getrennt waren.

Das Ego schafft die Illusion der Trennung. Die Wahrheit hebt sie auf.

Was du über das Ego als „Wächter“ und die Identität als Konstruktion sagst, ist psychologisch gut beschrieben, aber genau hier beginnt der fundamentale Unterschied zwischen einer rein materialistisch-psychologischen Sicht und dem, was z. B. Jesus oder andere mystische Traditionen erkannt haben. Du sagst, das Ego sei neutral und die Identität gebe Sicherheit, um Emotionen zu regulieren. Das stimmt auf der relativen Ebene des Alltagsbewusstseins. Doch diese Sicherheit ist eine Scheinsicherheit, weil sie immer bedroht ist: durch Krankheit, Tod, Verlust oder innere Krisen. Deshalb lehren mystische Traditionen (und auch Jesus), dass wahre Sicherheit nicht aus der Identität kommt, sondern aus dem Erkennen des Seins selbst, das keiner Identität bedarf.

Du sagst auch: „Die Identität ist formbar und veränderbar.“ Richtig. Aber was Jesus lehrte, geht noch einen Schritt weiter: Wenn das Ego und die Identität losgelassen werden, bleibt nicht nur eine „neue Identität“ zurück, sondern es bleibt das reine, gegenwärtige Sein, das unveränderlich ist. Nicht eine neue Maske, sondern die Auflösung aller Masken.

Dein letzter Satz, dass die Identität psychologisch die Orientierung gab, die früher der Glaube (bzw. Gott) gegeben hat, greift zu kurz. Jesus hat genau das Gegenteil gelehrt: Nicht Gott gibt uns von außen Orientierung, sondern durch das Erkennen Gottes in uns wird klar, dass die Orientierung immer schon da war. Es ist keine Verantwortungsabgabe an einen äußeren Gott, sondern eine Rückkehr zu unserer wahren Natur — jenseits von Ego und Identität.

Sprich Jesu Lehre geht noch einen Schritt tiefer, als deine Antwort. LG

EvoDenker  08.05.2025, 01:10
@bablbrabl123

Danke für die Klarstellung. Da habe ich mich wohl geirrt Jesus scheint sich durchaus seiner Grandiosität bewusst gewesen zu sein. Die Annahme, dass die Grandiosität das wahre selbst sei teile ich jedoch nicht.

Das Ego schafft die Illusion der Trennung.

Das ist nicht richtig. Das Ego ist nur ein Wächterstate. Technisch gesehen wie eine Art Firewall. Sie dient nur dazu die Identität zu schützen. Die Trennung der selbst Anteile Erfolgt durch Dissoziationsprozesse die durch Abwehrmechanismen ausgelöst werden können z.b. die Leugnung oder Verdrängung. Das ist aber keine Illusion sondern eine Dissoziation.

Was du über das Ego als „Wächter“ und die Identität als Konstruktion sagst, ist psychologisch gut beschrieben, aber genau hier beginnt der fundamentale Unterschied zwischen einer rein materialistisch-psychologischen Sicht und dem, was z. B. Jesus oder andere mystische Traditionen erkannt haben.

Die Mystik an der Stelle halte ich nicht für eine Erkenntnis sondern eher für eine effektive Selbsttäuschung. Auch eine Abwehrstrategie des Egos. Die "Externalisierung ins Mystische"

Doch diese Sicherheit ist eine Scheinsicherheit

Das ist korrekt. Die Sicherheit bezieht sich auf die emotionale Selbstregulation. Sie soll die Psyche funktional stabilisieren. Das gesamte Gehirn ist auf Angstvermeidung aufgebaut. Ängste sind der Antrieb. Das Gehirn ist ein Angstvermeidungsapparat:

Gefahren erkennen, Bedrohung vermeiden, Überleben sichern.

Das ist der evolutionäre Motor. Selbst die Mystik hat sich aus diesem Grund evolutionär entwickelt. Sie ist eine extreme Form der Angstregulation, die das Bedürfnis nach totaler Sicherheit in ein gefühltes Einssein mit dem ganzen überführt.

Angst vor Getrenntheit -> "Alles ist Eins" -> Aufhebung der Trennung = emotionale Ruhe

Angst vor Kontrollverlust -> "Alles geschieht wie es soll" -> "Abgabe der Kontrolle = Entlastung

Angst vor Bedeutungslosigkeit -> "Ich bin Teil des göttlichen Plans" -> "Existenzbedeutung = Identitätsstabilität

Angst vor Tod -> "Das Selbst ist unsterblich" -> "Todesangstumwandlung in spirituelle Kontinuität"

Wenn alle normalen psychologischen Regulationsmechanismen "Arbeit, Beziehung, Leistung, Wissen" nicht mehr greifen, dann wird das Mystische zur ultimativen Entlastungsebene.

Es ist sozusagen die endgültige metaphysische Beruhigung für ein überreiztes, angstgetriebenes System.

Ich nutze meine innere Mystik durchaus jedoch nicht um mir damit die Welt schön zu reden. Ich nutze sie funktional. Ich erzeuge eine Art Hölle eine Unterwelt durch die ich gehe wenn meine Identität zerfällt ich durchlebe damit ein inneres sterben um meine Identität neu zu konstruieren Es ist ein symbolisches Sterben und verhindert, dass ich mich während des Prozesses erhänge.

Eine durchaus wirkungsvolle Überlebensstrategie.

dass wahre Sicherheit nicht aus der Identität kommt, sondern aus dem Erkennen des Seins selbst

Das ist ein Irrtum. Es gibt keine Sicherheit. Nichts ist sicher außer der Tot. Es gibt keine Sicherheit auch nicht im Sein. und die Evolution interessiert das reine Sein nicht. Es ist irrelevant wie reflektiert ein Mensch ist. Die Natur begünstigt das was funktioniert und sich durchsetzt.

Es ist kein Zufall, dass sich derzeit vor allem Menschen mit stark ausgeprägten Cluster-B-Merkmalen besonders erfolgreich fortpflanzen.

Weil das menschliche Gehirn der Einfachheit halber gern mit Verdrängung arbeitet, meist bei psychischen Störungen, aber auch bei einem übersteigerten Ego (was im Grunde auch eine Störung ist).

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Langjährige Erfahrung

Manche Menschen erkennen nicht mal, dass die Erde eine Kugel ist... Solche gehen mich ja auch nichts an und ich interessiere mich nicht für sie. Sollen sie doch erkennen was sie glauben zu erkennen. Helfen kann man meist eh nicht.


guterfrager5  07.05.2025, 10:48
Manche Menschen erkennen nicht mal, dass die Erde eine Kugel ist...

wenn die Erde eine Kugel wäre, hätte die Szene in Fluch der Karibik doch gar keinen Sinn gemacht 😏

https://www.youtube.com/watch?v=sNj8mJq65i4

aber von irgendwoher muss ja auch die Sonne auf-/untergehen 😏