Warum brauchen so manche Asperger-Autisten wenn sie vollzeit Arbeiten, danach ihre gesamte freizeit immer nur für sich alleine?

7 Antworten

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Für die meisten Autisten ist soziale Interaktion anstrengend. Wir Autisten nehmen unsere Umgebung anders wahr als neurotypische ("normale") Menschen, und interagieren anders mit ihr. Um sozialen Normen zu genügen, müssen wir uns in Gegenwart anderer Menschen also ständig verstellen. Ein Beispiel: Neurotypische Menschen erwarten, dass man ihnen während einem Gespräch in die Augen schaut. Ich weiß nicht warum, aber ich habe mir das auch angewöhnt, obwohl es anstrengend und total überflüssig ist.

Arbeit ist anstrengend, und wenn man sich währenddessen ständig verstellen muss, ist es noch anstrengender. Dadurch kann es sein, dass am Ende des Tages keine Energie mehr übrig ist. Ich bin zum Glück zur Zeit im Home Office, was für mich angenehmer ist. Dadurch spare ich mir auch den stressigen öffentlichen Nahverkehr. Trotzdem bin ich abends oft erschöpft, und schlafe am Wochenende immer sehr lange.

Und ja, es wäre angenehm, wenn ich das Verstellen einfach abstellen könnte. Aber ich wurde in der Schule gemobbt und ausgegrenzt, weil ich anders war als die anderen Kinder. Daher habe ich gelernt, mich anzupassen, um nicht aufzufallen. Ich mache das jetzt ganz automatisch und kann es nicht einfach so abschalten. Viele andere Autisten haben ähnliche Erfahrungen gemacht wie ich.

Novemberesque  05.04.2022, 10:25

Gut zusammengefasst.
Wenn dann nach so einer Arbeitswoche auch noch eine Familienfeier ansteht, muss ich mir meistens in der darauf folgenden Woche einen Tag frei nehmen, um das irgendwie auszugleichen. So gern ich meine Verwandten mag, aber soziale Interaktion ist auch in der Freizeit Stress. Wenn ich es damit übertreibe, ist der "Akku leer", und das ist dann weder für mich noch für mein Umfeld schön.

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thunderwulf499  24.05.2022, 20:58

was machst du, wenn du in einer Gruppe als einziger ein witz nicht verstehst?

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VeryBestAnswers  24.05.2022, 23:21
@thunderwulf499

Das kommt auf die Situation an. Meistens lächele ich, damit bin ich immer auf der sicheren Seite. Ich bin aber nicht grundsätzlich schlecht darin, Witze zu verstehen, außer ich rede mit Leuten, die ich schlecht kenne, sodass mir Kontext fehlt.

Die größte Herausforderung ist für mich, zu verstehen, ob eine Bemerkung als Spaß gemeint war oder nicht, v.a. im Internet, in geschriebener Form, wenn ich es nicht am Tonfall erkennen kann.

Ach ja, wenn jemand einen rassistischen oder sexistischen Witz macht, verziehe ich keine Miene. Meistens weise ich die Person auch darauf hin.

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Über Stunden Geräuschen, Gerüchen und evtl. Berührungen ausgesetzt zu sein, kann zu einem Overload führen, der Ruhe und für sich sein einfordert.

Die Ruhe gibt es in der Regel, wenn keiner da ist.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – ASS-Diagnose mit 50 / über 20 Jahren im Thema

bin introvertiert geprägt in der Hinsicht brauche danach auch meine Ruhe und Freizeit alleine damit ich nicht komplett verrückt werde

Für mich ganz normal und für andere oft unverständlich

Weil sie die ganze Zeit eine Maske tragen müssen um nicht aufzufallen. Dazu kommt noch dass sie schnell überladen sind sprich: Reizüberflutung. Kann so weit führen das sie auch mal schreien müssen oder sich kurz beruhigen müssen. Viele tragen auch einen Ohrenschutz um den Tag zu überstehen.

Ein kranker Mensch braucht nunmal mehr Zeit zur Erholung!

Für diese Leute ist ein Vollzeit-Job wie für einen Gesunden ZWEI Vollzeit-Jobs nach einander wären und da würde keiner danach fragen, warum du sofort komatös ins Bett fällst.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – 6 Semester Psych-Studium
VeryBestAnswers  05.04.2022, 04:08

Autismus ist keine Krankheit. Ansonsten stimme ich dir zu.

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eishoernchen  05.04.2022, 04:21
@VeryBestAnswers

Ich schließe mich an; Autismus ist keine Krankheit, aber ständiges Verstellen definitiv ein 2. Vollzeitjob.

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weiserW0lf  05.04.2022, 04:41
@eishoernchen

Naja, ich für meinen Teil kann besser damit umgehen, mich als (behandelbar aber dennoch) unheilbar krank, anstatt als (entwicklungs)gestört oder gar geistig behindert zu bezeichnen - aber jeder wie es ihm/ihr gefällt.

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