Waren die goldenen 20er wirklich so Gold?

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Für die Eliten und Reichen in den Großstädten waren sie in der Tat golden. Die Reichen in der Provinz und die ganzen adligen Gutsbesitzer haben von dem wilden Leben nicht viel mitgekriegt.

Für das einfache Volk und ganz besonders für das Proletariat in den Industriestädten waren die 20er Jahre alles andere als golden. Das war ein einziger Kampf ums tägliche Überleben.

Besserung der Lage in der Weimarer Republik Mitte der 20er Jahre

Mitte der 20er Jahren konnte Gustav Stresemann in enger Zusammenarbeit mit dem französischen Politiker Aristide Briand wesentliche Verbesserungen in der Reparationsfrage für Deutschland erreichen, wofür beide 1926 den Friedensnobelpreis bekamen:

1926 - Aufnahme in den Völkerbund, Friedensnobelpreis für Briand und Stresemann (chroniknet.de)

Vor dem Hintergrund dieser außenpolitischen und wirtschaftlichen Verbesserungen blühte das öffentliche Leben vor allem in den Großstädten auf. Berlin wurde zu einer Art Kulturhauptstadt Europas.

Man muss sich vorstellen dass damals vor gerade mal ca. 15 Jahren das reaktionäre wilhelminische Zeitalter bestand, da war für die jungen Leute die Weimarer Republik eine Befreiung: es entstanden Jugendbewegungen, Wandervögel, die jungen Frauen tanzten in Berlin in knappen Charleston-Kleidern, der Wahnsinn.

Auch die progressive Kunst nahm, befreit von wilhelminischen Ballast, einen Aufschwung, Oskar Kokoshka, Oskar Schlemmer, Bauhaus.

Die 20er waren in Deutschland schwierig aufgrund der gesellschaftlichen Spaltung. Ich habe mal ein spannendes Gemälde gesehen, auf dem ein Bettler ohne Beine einer noblen Dame im Pelz auf dem Boden sitzend ans Bein griff. Während die einen kaputt vom Krieg waren, wollten die anderen leben.

Nach einer Analyse, blieben ganze zwei Jahre goldig von den Zwanzigern, denn politisch ging es drunter und drüber, der Versailler Vertrag da stotterte die Zahlung, prompt wurde 1923 das Rheinland besetzt. Die Hyperinflation und somit war es in Berlin und anderen Hochburgen der Amüsierens Stätten ein Leben in Saus und Braus, aber nur von Privilegierten möglich.

https://www.dhm.de/lemo/kapitel/weimarer-republik/alltagsleben.html

Es war ein Kampf um die Politik der Parteien, meistens auf den Straßen und des Überlebens der normalen Bürger. Auch der Marsch zur Feldherrenhalle, der den Sturz der jungen Republik bewirken sollte, muss dabei erwähnt werden, denn erstmalig taucht hier der Name Hitler auf.

https://www.bpb.de/55958/kampf-um-die-republik-1919-1923

Sie waren insofern golden, als dass man mal ein Stückchen Freiheit genießen konnte. In Großstädten wie Berlin ging es dabei sogar sehr freizügig zu. Mit dem Börsencrash und der darauffolgenden Weltwirtschaftskrise im Oktober 1929 beendete diese Zeit.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – 1972 in Berlin geboren und bis heute hier wohnhaft