War die DDR tatsächlich ein Unrechtsstaat?
Wird ja gerne und oft behauptet, so als wäre das eine Selbstverständlichkeit. Ich hab da meine Zweifel, da die DDR wie jeder Staat eine Gesetzgebung hatte, und Gesetzesbrüche wie jeder andere Staat bestrafte. Sicherlich kann man die Gesetzgebung der DDR kritisieren, nicht aber die Tatsache, dass diese geltendes Recht war - und dementsprechend durchgesetzt wurde. Insofern sehe ich nicht, warum die DDR ein Unrechtsstaat gewesen sein soll.
18 Antworten
Das Wort „Unrechtsstaat“ suggeriert, das Gegenteil eines Rechtsstaates, also dass nicht das Gesetz führt, sondern der Gesetzesbruch oder einen Willkürstaat, in dem nur nach Lust und Laune entschieden wird. Nun bedeutet Rechtsstaat nicht, dass die Gesetze eingehalten werden, oder dass einem Gerechtigkeit widerfährt, sondern dass man sich durch die Instanzen klagen kann, wenn man der Meinung ist, dass eine Angelegenheit irgendwie gegen geltende Gesetze verstößt (und wenn man über die entsprecheneden Ressourcen verfügt). Dies war in der DDR anders geregelt. Statt dem Rechtsgrundsatz „Was nicht verboten ist, ist erlaubt.“ Handelte man hier eher nach dem Grundsatz „Was nicht explizit erlaubt ist, ist verboten.” Zumindest im Verhältnis Staat – Zivilperson. Und das wurde wie in der BRD mit Hilfe von Gesetzen geregelt.
Hier spielten die so genannten Gummiparagraphen eine wichtige Rolle. Also Regelungen, die enormen Interpretationsbedarf hatten. Diese sind in allen Rechtssystemen problematisch. Denn Gesetze vertreten eine scharfe Logik (schuldig oder nicht), während viele Dinge in der Welt deutlich nuancierter sind. Geht man die Sache statisch an, wirken fehlerhafte höchstrichterliche Urteile auf sehr viele Gerichtsverfahren in der Zukunf. Geht man sie dynamisch an, gibt es viele Möglichkeiten der politischen Einflussnahme.
Inwieweit die DDR ihre eigenen Gesetze missachtet hat haben ja andere schon geschrieben. Letztendlich bezog sich der Ruf „Wir sind das Volk” zur Wendezeit auf die Verfassung der DDR und meinte in gewisser Weise auch: „Setzt unsere Verfassung um!“. Das hätte schon viel in der DDR geändert (z.B. freie unverfälschte Wahlen).
Letztendlich gibt es in der klassischen Logik nur „gilt” oder „gilt nicht”, das heißt beispielsweise die Kategorien „gut” und und ihre Negation „nicht gut” decken alles ab. Aber das Gegenteil „böse“ nur ein kleiner Teil von „nicht gut”.
In diesem Sinne halte ich „Unrechtsstaat” als Gegenteil von einem auf Gesetzen, Unabhängigkeit der Justiz und Berufungsmöglichkeiten für die DDR für unangemessen, auch wenn dieser Staat kein Rechtsstaat war.
Offensichtlich misst du dann nicht an objektivierbaren Kriterien, die man allen Rechtssystemen voranstellen könnte, sondern wertest auf der substanzlosen und inhaltsleeren formalen Grundlage der Existenz von überhaupt etwas wie einem Rechtsystem.
Demnach dürfte man auch die naziherrschaft nicht als Unrechtsstaat einstufen und müsste ihr Rechtmäßigkeit zubilligen, weil sie ja auch ein eigenes rechtssystem hatte.
Offensichtlich ist das absurd.
Demgegenüber sind als objetktivierbare Kriterien und Maßstäbe die Verwirklichung der Menschenrechte, der Rechtsstaatsprinzipien, der Verwirklichung der Volkssouveränität durch Wahlen und Abstimmungen, das Vorhandensein der Gewaltenteilung, insbesondere die tatsächliche Unabhängigkeit der Justiz und die Bindung staatlichen Handelns an Recht und Gesetz ur Beurteilung heranzuziehen.
Dem eigenen Verständnis nach steht der demokratische Zentralismus und die "führende Rolle der allwissenden Partei" in Widerspruch zur Gewaltenteilung etc. pp Wahlen wurden in der DDR immer gefälscht und geschönt, Wahlrechtsgrundsätze nie eingehalten. Die Partei mischte sicj insbesondere im politischen Strafprozess immer wieder in die Arbeit der Gerichte ein. U.v.a.m.
Ja, ja, die Rechtsstaatlichkeit war bei den Nazis gewahrt, weil es da auch Richter, Staatsanwälte und Verteidiger gab und diese alle Roben trugen...
Auf solch alberne Einschätzungen kommt man halt, wenn man sich an substanz- und inhaltleere Formalien ergötzt und hochzieht. Letztlich läuft das auf eine beschämende Relativierung des Unrechtssystems der Nazis hinaus. Manchmal solltest du wirklich einfach besser die Klappe halten...:-/
atzef, du solltest lieber die Klappe halten, denn du verkennst völlig den Sinn einer Rechtsstaatlichkeit, die sich im Großen und Ganzen in der Schaffung und Einhaltung von Gesetzen erschöpft. Was du nicht weißt ist Folgendes. der Begriff Rechtsstaatlichkeit wurde vom aufsteigenden Bürgertum als Kampfansage an den Adel geschaffen, der eben nicht alles in Gesetze goss, was er handelnd vollzog. Da mittlerweile weltweit die Aristokratie ausgedient hat, haben wir weltweit überall Rechtsstaatlichkeit, sogar im Faschismus. Das ist nun keine Verharmlosung dessen, sondern vielmehr eine Zurechtrückung aller Rechtsstaatlichkeit, hinter der einfach nix weiter steckt als ein Batzen Gesetze, die vom Staat abgearbeitet werden. Warum sollten die Nazis das nicht auch getan haben? die hatten durchaus auch Gesetze, wenn auch sehr grausame und genau auf diese Bezugnahme kommt es an und nicht auf Form und Methode. dies ist das Geschäft aller Idealisten, nicht jedoch das der Materialisten, die inhaltsbezogen sind.
u.a. war in der Verfassung der DDR die Meinungs- und Versammlungsfreiheit verankert.
Das kümmerte SED und Stasi einen Dreck.
Wer 'ne Meinung äußerte wurde mit Gefängnis bestraft.
Die zughörigen Gerichtsverfahren fanden a) unter Ausschluß der Öffentlichkeit statt und waren b) keine rechtsstaatlichen Verfahren, die Urteile standen bereits vorher fest.
Wer sich befleißigte dieses ungastliche Land gen Westen zu verlassen, wurde wg. Republikflucht verhaftet, mit ebenso anschließender Verurteilung.
Oder völlig ohne Rechtsgrundlage an der Grenze erschossen.
Weildie Betriebe Arbeitskräfte verlangten wurden Gefängnisse in mittelbarer Nähe zu den Betrieben gebaut und die Gefangenen zur Zwangsarbeit verpflichtet.
Kommt darauf an wie man den Begriff "Unrechtsstaat" auffasst.
Wenn man das als moralische Kategorie dahingehend betrachtet, dass sie sich nach unseren Maßstäben ihrem Volk gegenüber unrecht, sprich verbrecherisch verhalten hat, stimmt das in jedem Fall.
Wenn man den Begriff "Unrechtsstaat" im Gegensatz zu "Rechtsstaat" betrachtet, stimmt das nur bedingt, denn geschriebenes Recht und ein Justizsystem, dass es abarbeitete gab es in der DDR durchaus, auch wenn die Inhalte dieses Rechts uns nicht besonders gefallen mögen.
darüber hinaus verließ die DDR (Mauerschützen) aber auch in einigen Punkten, das selbstgesetzte Recht, somit stellt sich die Frage, was konkret "Unrechstsstaat" von demjenigen, der es ausspricht, geäußert denn nun genau meinen will.
Es ist immer leicht von "außen" ein System zu kritisieren...
Im Moment erinnert mich das ehemalige DDR-System sehr an Nordkorea..( aber eben auch "nur von außen" betrachtet...)
Ich hatte neulich das seltene Vergnügen einen Nordkoreaner, der "aus persönlichen Gründen" nach Südkorea entflohen war, dann auch mal ein paar Wochen in der BRD war--- kennen zu lernen.
Erstaunlich war , dass er "Nordkorea" schon ein gutes Stück weit verteidigte, wenn man krass "dagegen" sprach...aber vehement kritisierte, wenn man "dafür" sprach...
ich bekam ab ( aus dem Englischen grob übersetzt)..:
"Dann zieh doch dorthin, wirst schon sehen...."
Und das nur, weil ich sagte:
"Sooo schlimm ist es doch nicht, wenn den Menschen eine 'Führerfigur und klare Regeln geboten werden...da wissen die Menschen wenigstens, an was sie sich ausrichten sollen..."
Auch im Nazi-Deutschland ging es durchaus auch rechtsstaatlich zu. Wer mit dem Beil den Kopf abgehackt bekam, bekam zuvor vom Reichskammergericht sein Todesurteil "ordnungsgemäß" verpasst. Auch der Prozeß selbst erfolghte mit der Dreiteilung Staatsanwalt - Rechtsanwalt und Richter. die Hinrichtung selbst erfolgte mit dem Beisein dieser 3 Personen und alle hatten sie Roben an, so isses ja nun nicht. Und ja, der zuständige Richter leierte seine Paragraphen ungeniert herunter - Voila !
Doch Vorsicht, es gab im Hitler-Faschismus nicht nur Rechtsstaatlichkeit, in den KZs ging es auch ohne Gerichtsprozesse zum Galgen und zur Folter, ergo gab es mithin Rechtsstaatlichkeit und Nacht-und-Nebel-Aktionen, das ging auch.