War der Philosoph Arthur Schopenhauer ein Frauenfeind?

11 Antworten

Es gibt über dieses Thema einen recht ausführlichen Aufsatz, der meiner Meinung nach alle Aspekte und Erkenntnisse, die über A. Schopenhauer im Laufe der Zeit gewonnen werden konnten, berücksichtigt und somit das doch recht verbreitete Bild von ihm als Frauenhasser etwas zurechtrückt. Ich gehöre ja nun selber diesem niedrig gewachsenen, schmalschultrigen, breithüftigen und kurzbeinigen Geschlecht an, kann jedoch an den Ausführungen Schopenhauers nicht mehr oder weniger Frauenfeindliches erkennen, als es sowohl zur damaligen Zeit noch üblich war wie zur heutigen Zeit überall zu finden ist. Wer sich also für den Aufsatz interessiert und etwas Zeit übrig hat:

http://www.schopenhauer.philosophie.uni-mainz.de/Aufsaetze_Jahrbuch/58_1977/Ang.%20H%C3%BCbscher.pdf

Biographien und seine Werke enthalten Informationen. Frauenfeindliche Äußerungen kommen vor. Manche Vorstellungen entsprechen den üblichen der Zeit. Dies ist daher nicht unbedingt als persönliche Frauenfeindschaft (Misogynie) einzuschätzen. In seiner Metaphysik neigt er dazu, das Weibliche mit dem Zweitrangigen zu verbinden. Allerdings treten bei dem, was er als Frauen als mit ihrem Wesen verbunden zuspricht, logische Widersprüche und formale Probleme auf (die Aussagen an verschiedenen Stellen passen nicht zusammen). In seinen Formulierungen zeigt sich manchmal eine heftige Art, die durch sein Temperament und seine Arroganz geprägt ist.

Beziehungen zu Frauen hatte Arthur Schopenhauer, blieb aber unverheiratet und hatte eine grundsätzliche Abneigung gegen die Ehe. Ab 1820/1 hatte er eine etwa 10 Jahre dauernde Affäre mit Caroline Richter, die er in seinem Testament mit einem beträchtlichen Geldbetrag bedachte (5000 Taler). 1831 interessierte er sich für die 17-jährige Flora Weiß, die ihn aber abwies. Sexualität und Liebe hat er anscheinend in seinem Leben nicht erfolgreich integrieren können. Das Verhältnis zu seinem Geschlechtstrieb war für ihn schwierig.

Zu seiner Mutter Johanna hatte er ein schlechtes Verhältnis. Dies hat sich möglicherweise stark auf sein Frauenbild ausgewirkt.

In seinem Essay „Über die Weiber“ (1851) ist seine Darstellung oft sarkastisch (http://gutenberg.spiegel.de/?id=5&xid=2521&kapitel=1#gb_found). Die Eigenschaften in der Beschreibung sind unter einigen Gesichtspunkten gelegentlich auch günstig. Insgesamt überwiegt aber eine Verachtung. Die Fähigkeit zu geistiger Größe spricht er Frauen ab. Ihre Vernunft ist seiner Meinung nach schwächer als die von Männern. Arthur Schopenhauer stellt Behauptungen über das Wesen von Frauen schlechthin auf. Was in Einzelfällen zutreffen kann und durch bestimmte gesellschaftliche Bedingungen beleuchtet werden könnte, verallgemeinert er einseitig zu Pauschalurteilen. Beispiele:

„Demgemäß wird man als den Grundfehler des weiblichen Charakters Ungerechtigkeit finden. Er entsteht zunächst aus dem dargelegten Mangel an Vernünftigkeit und Ueberlegung, wird zudem aber noch dadurch unterstützt, daß sie, als die schwächeren, von der Natur nicht auf die Kraft, sondern auf die List angewiesen sind: daher ihre instinktartige Verschlagenheit und ihr unvertilgbarer Hang zum Lügen.“

„Das niedrig gewachsene, schmalschultrige, breithüftige und kurzbeinige Geschlecht das schöne nennen konnte nur der vom Geschlechtstrieb umnebelte männliche Intellekt: in diesem Triebe nämlich steckt seine ganze Schönheit. Mit mehr Fug, als das schöne, könnte man das weibliche Geschlecht das unästhetische nennen. Weder für Musik, noch Poesie, noch bildende Künste haben sie wirklich und wahrhaftig Sinn und Empfänglichkeit; sondern bloße Aefferei, zum Behuf ihrer Gefallsucht, ist es, wenn sie solche affektiren und vorgeben.“

„Sie sind sexus sequior [das geringere Geschlecht], das in jedem Betracht zurückstehende, zweite Geschlecht, dessen Schwäche man demnach schonen soll, aber welchem Ehrfurcht zu bezeugen über die Maßen lächerlich ist und uns in ihren eigenen Augen herabsetzt.“

differenzierte und gut dokumentierte Antwort! Danke. Habe meine Ergaenzung aus der Sicht der moralpaedagogischen und psychologischen Forschung weiter unten ausgefuehrt...

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so wie viele große Geister und Philosophen..Nietsche,Kant,

Interessant ist übrigends, das ein grosser Anteil an Frauen, an der Bekanntheit Schopenhauers beteiligt war! Siehe Biographie von Rüdiger Safranski: S. 513. Gerade die Aphorismen der Lebensweisheit, aus dem Buch Parerga und Paralipomena, in welchen auch der Teil "über die Weiber" enthalten ist, trug massgeblich an der allgemeinen Bekanntheit, Schopenhauers in der zweiten hälfte des 19.Jahrhunderts, bei. Ich weiss nicht was ich darunter verstehen soll, als Mann. Das vieles heute als sexistisch gelten würde, und nur als eine eventuell situationelle und individuelle Meinung, bzw. als ein Urteil, jedoch nicht für die Allgemeinheit, gelten kann, soweit wage ich eine partielle dialektische Gültigkeit innerhalb einer Diskussion gelten zu lassen. ( im Sinne C.G. Jungs, der einmal über Ideale und Überzeugungen sagte: Wichtig ist nicht, ob etwas richtig oder falsch ist, sondern vor allem, für eine Analyse, das etwas Wirksamkeit hat. Also kurz: Was wahr ist bestimmt nicht das Handeln.) Die Frage die ich mir stelle ist, welche Meinung die Frauen über sich selber(also allgemein das Geschlecht Frau) haben mussten, die die Zeilen Schopenhauers gelesen haben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man hier von indoktrinierter Minderwertigkeit sprechen kann, bei so etwas persönlichem wie einer Lektüre, die man sich zu Gemüte führt. Ich will nicht behaupten, das Schopenhauer mit seinen polemischen Zeilen vollkomen recht hat; das Quäentchen Wahrheit, wie es der Benutzer Nubduck aufgezeigt hat, ist also eine dialektische. Ich persönlich habe jedoch die Erfahrung gemacht, das Frauen oft nicht weniger besser über ihr Geschlecht und dessen Eigenheiten Urteilen.

Bei Debatten - und das habe ich von einer Frau - über die misogyne Haltung von Philosophen, wird oft auch vergessen, bzw. aus der Betrachtung völlig ausgeschlossen, wie heftig die Kritik unter den Reihen des eigenen Geschlechtes ausfällt. Gerade Schopenhauer: Hegel, Fichte = Afterphilosophie, Windbeutelei, Galimathias, Unsinnschmierer usw. Das die Debatte über Feminismus von der Sachlichkeit in ein "Mädchen gegen Jungs", wie man es in der Schule beim "Fangen" betrieben hat, endet, ist wohl das Kernproblem einer allgemeinen Zusammenkunft, um die tatsächlichen Unterschide der Geschlechter sachlich zu eruieren. (Schopenhauers Art und Weise der Handlung ist da natürlich keine Hilfe). Denn Unterschiede existieren, darin ist sich die Wissenschaft einig. Empfehlenswert dazu, ist diese Sendung von Scobel: http://www.youtube.com/watch?v=mZcHur_26SQ&p=D5D96231119ABB66 Darin wird zwischen Idealen und tatsächlich gegebenen evolutionär bzw. entwicklungsgeschichtlich bedingten Unterschieden der Geschlechter, sachlich sehr gut unterschieden, ohne das jemand schlecht weg kommt.

Dass Schopenhauer die Frauen verachtete, zeigen die oben angeführten Zitate zur Genüge. Warum urteilte dieser bedeutende Philosoph, der sonst alle Erscheinungen der Welt treffend, sachlich und vorurteilsfrei beschrieb, so ungerecht über die Frauen, warum verallgemeinerte er, obwohl er doch wissen müsste, dass Frauen zwar so sein können, wie er sie hämisch abwertend charakterisierte, andererseits aber auch viele von ihnen auf hohem geistigen und sittlichen Niveau stehen, dass die besten Dichter und Philosophen sie in höchsten Tönen lobten (Shakespeare, Goethe, Schiller; Nietzsche, Fichte). Nun, Schopenhauer war eben kein perfektes Individuum, er hatte wie jeder von uns menschliche Schwächen. Schon an seinen äußerst ungerechten Urteilen über Hegel können wir das deutlich erkennen. Der Grund für seine Verachtung für die Frauen ist m.E. aus der Zeit zu verstehen, in der Sch. lebte. Es war die Zeit der Romantik, als er sein Hauptwerk verfasste. Die romantischen Dichter sahen im Philister (heute sagen wir: Spießer) ihren Hauptfeind. Diesen Hass auf die Philister hatte sich auch Schopenhauer zu eigen gemacht, und er hatte wohl aufgrund eigener Erlebnisse beobachtet, dass die Frauen, wie er sagte, die geborenen Philister sind. Sie locken den Mann mit Hilfe ihrer weiblichen Reize (heute heißt es: Sex) in die Ehe und verführen ihn zu einem philiströsen Dasein, d.h. sie stacheln alle unedlen Antriebe in ihm an, sodass er ein richtiger Philister- und Weiberheld wird. Salopp gesprochen hat er dann nur noch Sinn für „viel Kohle machen“, „schicke Urlaube verbringen“, „auf von der Ehefrau organisierten Partys gepflegt quatschen“, „Karriere (auf rein materieller Basis) machen“ u.a.m., was so einen Philister noch an unedlen Eigenschaften auszeichnet. So ein Mann ist für höhere edle Ziele, nach denen er nach Sch.’s Ansicht streben sollte und für die er durchaus die Fähigkeit besitzt, auf immer verloren. Dafür hasste Sch. die Frauen. Er meinte wohl, alle wären solche typischen Philister. Ich persönlich würde – nach meinen Beobachtungen – sagen: Tatsächlich, es gibt viele Frauen, die richtige „Philister“ sind, ja, sie müssen solche Philister sein, schließlich müssen sie ihren Kindern ein schönes, gemütliches und geborgenes „Philister-Zuhause“ geben! Aber, wie gesagt, es gibt auch andere; z.B. „Das vollkommene Weib ist ein höherer Typus Mensch als der vollkommene Mann“ (Nietzsche) oder: „Die Frau ist von Natur aus vernünftig, während der Mann sich erst vernünftig machen muss (Fichte).“