Ursprung des Antisemitismus?

3 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Das hat viele Ursachen.

Zum einen religiöse wie im Christentum, wo Antisemiten sagen, dass Judas, der Jude war, und Juden generell Jesus verraten haben. Oder im Islam, weil es dort Kämpfe gab um Gebiete, Territorien und Heiligtümer usw gab.

Die andere Ursache ist die "antikapitalistische"/wirtschaftliche, wonach Juden keine einfachen Berufe ausüben durften und deshalb immer die höhere Schicht bildeten und meist Bänker und im Finanzwesen aktiv waren (so das Narrativ).

Im Judentum hat die Bildung einen hohen Stellenwert, weshalb es auch von daher Ressentiments gab wie man sie heute großflächiger auch hat. Gebildete gg. Ungebildete.

Hannah Arendts "Elemente und Ursprünge totalitärer Herrschaft" ist ein gutes Buch, in dem die Unterscheidung zwischen Antijudaismus, der Feindschaft vorrangig gegenüber der jüdischen Religion und ihren Zugehörigen, und Antisemitismus, der Feindschaft vorrangig gegenüber der jüdischen Rasse und ihren Zugehörigen, beschrieben wird.

Obwohl beide nicht vollständig voneinander getrennt werden können : Noch heute sind Nichtjuden der jüdischen Religion feindlich gesinnt, und schon im Mittelalter gab es eine schwer zu übersehende Feindschaft den ethnisch oder rassisch jüdischen Menschen gegenüber, so wird doch im allgemeinen das ausgehende 18. und das 19. Jahrhundert als die Zeit der Ausbreitung des Antisemitismus verstanden.

Noch Immanuel Kant war eher antijudaistisch, er, wie viele deutsche Idealisten, seiner Zeit und wenig später, wollten die Juden zur christlichen Religion bekehren, und Deutschlands Bevölkerung vereinheitlichen. Die meisten aber, die diesen Idealisten folgten, waren Antisemiten, und feindeten mehr die jüdische Rasse an.

Dieser Wandel im Fokus des feindlichen Bewusstseins, kann besonders mit dem Kolonialismus zusammenhängen, in dessen letzter, heißer Phase, im 18. und 19. Jahrhundert, die Rassen der Menschen eine besondere Rolle spielten. Arendt holt in ihrem sehr umfangreichen, aber erschöpfenden und fundierten Werk sehr weit aus, und recherchiert auch Persönlichkeiten des Kolonialismus, weil sie auch die Bürokratisierung der Gesellschaften im Verlauf ihrer Totalitarisierung, als ein Kriterium für den Wandel von der FEindlichkeit gegenüber der jüdischen Religion, hin zur jüdischen Rasse verstand.

Schau etwa hier:

Pauschale Judenfeindschaft hat eine rund 2500 Jahre lange Tradition, in der sich eine Vielzahl Bilder, Gerüchte, Klischees, Vorurteile,  Ressentiments, Stereotype von „dem“ oder „den“ Juden bildeten, überlagern und durchdringen. Anders als bei  Fremdenfeindlichkeit werden sie mit angeblich unveränderlichen Eigenschaften von Juden begründet, oft auch ähnlich bezeichnet und dargestellt. So galten Juden seit der  Antike als „Feinde der Menschheit“, seit dem  Hochmittelalter als „ Brunnenvergifter“, „ Ritualmörder“ und heimliche „Verschwörer“, seit der  frühen Neuzeit als „ Wucherer“ oder „ Parasiten“, „Ausbeuter“ und „ Weltherrscher“. So werden jüdische Minderheiten immer wieder als besonders mächtige Verursacher aller möglichen negativen Fehlentwicklungen und menschengemachten Katastrophen dargestellt. Diese irrealen, fiktiven  Trugbilder (Chimären), die das  Judentum ideologisch für verschiedene Zwecke verzerren, haben sich bis heute als sehr stabil und anpassungsfähig erwiesen.

Die schlimmsten Judenhasser der Geschichte waren meistens christlich. Die NSDAP wurde übrigens insbesondere von Protestanten gewählt, schau hier (Karte am Ende). Kein Wunder, war Luther doch ein großer Judengegner. Hitler bezeichnete ihn als "Riesen". Schau hier (S. 8-12) die verschiedenen Formen der Judenfeindlichkeit.


tanztrainer1  29.11.2022, 19:50

Der Hass gegen Juden geht wesentlich weiter als 2.500 Jahre zurück. Es sind eher 3.200 Jahre.

Darüber steht schon etwas im Tanach.

2