Unterschied zwischen materiell und material?

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Die Adjektive „material“ und „materiell“ haben beide mehrere Bedeutungen. Ein Teil der Bedeutungen ist ihnen gemeinsam und daher sind die Adjektive oft synonym verwendbar. Nur „materiell“, nicht dagegen „material“, bezeichnet eine Einstellung und Lebensweise, die ganz oder hauptsächlich und vorrangig auf Besitz/Geld ausgerichtet ist (aber „materialistisch“ ist in so einem Sinn Gegensatz zu „idealistisch)“. In philosophischen Zusammenhängen kann „material“ oft „inhaltlich“ bedeuten, allerdings hat auch „materiell“ unter anderem die Bedeutung „inhaltlich“ (mit Gegensatz zu „formell“).

Welche bestimmte Bedeutung Adjektive „material“ und „materiell“ haben, kann erst aus dem Zusammenhang eines bestimmten Textes erschlossen werden.

Der Begriff der Materie in der Fragebeschreibung ist richtig dargelegt. Materie (von lateinisch: materia; etymologisch steckt mater = Mutter darin) bezeichnet Stoff.

1) Stoff als etwas Körperliches, aus dem etwas zusammengesetzt, gebaut, angefertigt ist, eine körperliche Substanz, Grundlage alles dinghaft real seienden/Vorhandenen (in der Philosophie ontologisch ein Substrat [Zugrundeliegendes], etwas Unbestimmtes, der Möglichkeit nach Seiendes, das eine Form bekommen kann und dann der Wirklichkeit nach ein bestimmtes Ding ist)

2) Stoff als Gegenstand, Inhalt, Thema. Stoffgebiet (eines Gesprächs, einer Schrift, einer Untersuchung, einer Abhandlung und dergleichen)

Duden, Das Fremdwörterbuch. 11., vollständig überarbeitete und aktualisierte Auflage. Herausgegeben von Dudenredaktion. Berlin : Dudenverlag, 2015 (Duden ; Band 5), S. 667 gibt an:

ma|te|ria̱l, ‹lat.›: 1. stofflich, sich auf einen Stoff beziehend; vgl. materiell (1); 2. (Philos.) inhaltlich, sich auf den Inhalt beziehend;“

ma|te|riẹll, ‹lat.-frz.›: 1. stofflich, körperlich greifbar; die Materie betreffend (Gegs.: immateriell). 2. auf Besitz, Gewinn bedacht. 3. finanziell, wirtschaftlich;“

lat. = lateinisch

Philos. = Philosophie 

frz. = französisch  

Gegs. = Gegensatz

Wörterbuch der philosophischen Begriffe. Begründet von Friedrich Kirchner und Carl Michae͏̈lis. Fortgesetzt von Johannes Hoffmeister. Vollständig neu herausgegeben von Arnim Regenbogen und Uwe Meyer. Hamburg : Meiner, 2013 (Philosophische Bibliothek ; Band 500), S. 399:  

material, von lat. materialis ›stofflich‹, inhaltlich im Gegensatz zu ↑ formal; materiell, über frz. matériel 1. stofflich, körperlich, sinnlich wahrnehmbar, 2. auf das sinnenhafte, auf Genuß und Geld gerichtet; 3. im Gegensatz zu formell: inhaltlich, auf den Inhalt, die Sache selbst gerichtet.“

lat. = lateinisch  

frz. = französisch

Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie. Band 5: Log– N. 2., neubearbeitete und wesentlich ergänzte Ausgabe. Unter ständiger Mitwirkung von Gottfried Gabriel, Matthias Gatzemeier, Carl F. Gethmann, Peter Janich, Friedrich Kambartel, Kuno Lorenz, Kaus Mainzer, Peter Schroeder-Heister, Christian Thiel, Reiner Wimmer, Gereon Wolters in Verbindung mit Martin Carrier herausgegeben von Jürgen Mittelstraß. Stuttgart ; Weimar : Metzler, 2013, S. 241 (material):  

material, im Unterschied zu ↑ ›formal‹, auf den inhaltlichen Aspekt von Sachverhalten bezogener Begriff.“

keslon 
Fragesteller
 24.08.2016, 17:25

Vielen Dank!! Jetzt verstehe ich das

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Wachtel348  25.07.2020, 09:06

Wunderbar dargestellt!

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Material ist ein Nomen und materiell das Adjektiv.

Material ist materiell im Sinne von dinglich.

Das Adjektiv 'materiell' kann aber auch die Geisteshaltung/Einstellung eines Menschen bezeichnen,  nämlich die des Materialisten.

Der Duden liefert Verlässliches zu unserer Sprache, ist seht verständlich und differenziert.

http://www.duden.de/rechtschreibung/materiell



achimhausg  24.08.2016, 00:25

Oh, ich sehe gerade, daß es in unserer Sprache tatsächlich auch das Adjektiv 'material' gibt, nämlich, wie User Albrecht  kopierte und einfügte, 'material' im Unterschied zu 'formal', wenn es um den inhaltlichen Aspekt geht.

Aber das ist so ungewöhnlich, daß ich es an Ihrer Stelle  heutzutage nicht verwendete.

Selbst die Rechtschreibprüfung erkennt es heute als falsch geschriebenes Nomen  ;)

Was User Hamburger02 anmerkte finde ich noch wichtig, nämlich, daß im Prinzip der Zusammenhang gebraucht wird, in dem ein Begriff fiel,  um die Bedeutung, wie sie z.B. Goethe meinte, beurteilen zu können, da es sich auch um ein Wortspiel handeln kann!

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Ich denke hier helfen lexika nicht weiter.
material bezeichnet das konkret und sinnlich materiale an einem gegenstand. Das materielle ist hingegen schon durchsetzt von der idee, der bedeutung oder konstruktion des gegenstands. (Beschreibt man ersteres mit noch mehr worten als hier geschehen, dann driftet es sehr schnell in letzteres ab.. ersteres ist besser aus einem gefühl oder einer erfahrung als aus weiterer beschreibung heraus zu fassen)

ob aber wittgens und goethens das so sehen, das ist eine andere frage.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Material ist für mich ein Nomen, wie Eisen oder Stahl eben ein Material ist. Materiell ist das adjektiv auf das Material bezogen. Nicht zwingend auf etwas "ungeformtes etc" wie du es beschreibst, das wäre eher Astronomische Materie oder so, also im wissenschaftlichen Zusammenhang.