Stochastik, Binomialverteilung - Erwartungswert, Sigma, Sigma-Intervall?
Hallo,
ich habe ein paar Fragen zur Binomialverteilung im Thema Stochastik (Gymnasium 12. Klasse BaWü). Meiner Lehrerin habe ich diese Fragen zwar auch schon gestellt und auch Antwort bekommen, diese hat mir aber u.a. (auf Nachfrage) erzählt, dass man den Erwartungswert μ einfach runden dürfe, später habe ich aber nachgelesen, dass man dies nicht darf, da eine Binomialverteilung nicht zwingend symmetrisch sein muss - deswegen wollte ich das hier auch einfach mal noch nachfragen.
Also, meine Fragen:
- Darf man den errechneten Erwartungswert "μ = n * p" einfach runden oder müssen die WKs (=Wahrscheinlichkeiten) für die benachbarten Werte errechnet und verglichen werden? (nur um nochmal sicher zu gehen, vielleicht lag ich ja doch falsch)
- Darf man die errechnete Standardabweichung "σ = sqrt(n * p * (p-1))" einfach runden oder muss hier auch irgendetwas beachtet werden?
- Werden zur Errechnung der σ-Intervalle (1-Sigma-Intervall: "[μ-σ;μ+σ]") die gerundeten/geraden Werte für μ und σ verwendet oder werden hier die jeweils ursprünglichen "Kommazahlen" verwendet? Und wenn sich bei Verwendung der Kommazahlen für die Intervallgrenzen auch keine ganzzahligen Werte ergeben, können diese einfach gerundet werden oder muss hier auch irgendetwas beachtet werden?
Danke schonmal!
4 Antworten
Grundsätzlich sinnvoll runden. Dein Ergebnis hat 12 Nachkommastellen aber die Daten die du hast haben nur 2 (nach 20 Versuchen einem Erwartungswert von 21.937% aufzuschreiben ist nicht sinnvoll. 22% ist genau genug. Später (Studium) gibt es ausreichend Techniken um das genauer auszurechnen.
Bis dahin geh nach Bauchgefühl. Im Zweifel mehr stellen aufschreiben als zu wenig. Ist jedenfalls nicht falsch.
Mit einem Würfel bekommst du nur ganze Zahlen zwischen 1 und 6. Dennoch ist der Mittelwert 3.5 und damit keine ganze Zahl. Dennoch ist das Ergebnis korrekt.
Macht das mehr Sinn? Was ist die ursprüngliche Aufgabe?
Es gibt keine bestimmte Aufgabenstellung, das war eknfach ein grundlegende Frage.
Was du da ausgerschnet hast, war der Durschnittswert, nicht aber der Erwartungswert. Der Erwartungswert ist bei einem Versuch, der entweder „Treffer“ oder „kein Treffer“ ausgibt, der zu erwartende Wert an Treffern bei n Durchführungen.
ist also n=1 und man setzt beim Würfel die 6 als Treffer fest, so ist der Erwartungswert bei ein mal Würfeln, dass man 1*1/6=0,1666... 6er würfelt - macht keinen Sinn, oder?
Na das sind ja tolle Fragen für diese Uhrzeit ;-)
Es könnte sein, dass es zu eienr korrekten Beantwortung Deiner Fragen auf die konkreten Aufgabenstellungen und Zusammenhänge ankommt. Daher sind meine Antworten mit etwas Vorsicht zu genießen.
zu 1) Wenn es lediglich um die Berechnung von µ geht, darf m.E. nicht gerundet werden. Was wird hier berechnet? Derjenige Wert, der sich auf Dauer im Durchschnitt einstellt. So gilt z.B. beim einmaligen Würfeln mit einem "normalen" Würfel: µ = 3,5. Okay, das kann natürlich nicht gewürfelt werden. Aber im Schnitt wird sich dieser Wert einstellen.
zu 2) auch hier würde ich dasselbe sagen
zu 3) Nun wird es spannender. Ich bleibe mal beim Beispiel des Würfelns mit einem Würrfel. Ich wähle n=1000. X = Anzahl der gewürfelten "5"; p = 1/6
Ich erlaube mir, die Werte auf 2 Stellen zu runden; das verändert Deine Fragestellung nicht.
Dann gilt: µ = 166,67; σ = 11,79
Geht es nun darum, dass die Anzahl der 5en innerhalb eines 1σ-Intervalls um µ liegt, muss gelten: µ-σ <= X <= µ+σ <=> 154,88 <= X <= 178,45
Die Anzahl der 5en muss also größer oder gleich 154,88 sein. Da die Anzahl aber nur eine ganze/natürliche Zahl sein kann, muss sie mindestens 155 betragen. Ebenso für die obere Grenze. Somit gilt also:
P(154,88 <= X <= 178,45) = P(155 <= X <= 178)
An dieser Stelle muss also tatsächlich gerundet werden, und zwar nicht "mathematisch", sondern sachgerecht, in diesem Fall also "nach innen". Damit will ich sagen, wenn die untere Grenze 154,08 gewesen wäre, hätte man ebenfalls auf 155 runden müssen, da ja µ-σ <= X gelten muss.
Ist klar geworden, worauf ich hinaus will?
Die Antwort auf meine 3. Frage war sehr hilfreich, danke.
Frage 1 (und damit mehe oder weniger auch 2) wurde allerdings falsch verstanden - 3,5 wäre zwar der Durchschnittswert beim Würfeln, nicht aber der Erwartungswert bei einer Binomialverteilung.
Der Erwartungswert beschreibt die Anzahl an Treffern (beachte: hier gibt es entweder Treffer oder kein Treffer; Augenzahl des Würfels spielt keine direkte Rolle), die bei n Durchführungen am wahrscheinlichsten ist.
Beispiel:
man würfelt 100 mal, wobei man das Würfeln einer 5 oder einer 6 als Treffer zählen lässt.
100 mal Würfeln: n = 100
5 ODER 6 als Treffer: p = 2/6 = 1/3
Erwartungswert = n * p = 33,33...
Der Erwartungswert ist also 33,33... - Es wäre also (rein theoretisch) am wahrcheinlichsten, 33,33... mal die 5 oder die 6 zu würfeln bei 100 Durchführungen - nun ist das allerdings nicht möglich. Es müssen also die WKs für eine Trefferzahl von 33 und 34 ausgerechnet werden - die Trefferzahl mit der höheren WK ist nun der Erwartungswert - die wahrscheinlichste Anzahl an Treffern.
Hier kann nicht einfach gerundet werden, da eine Binomialverteilung je nach Einstellung des p recht asymmetrisch werden kann, es kann also auch der „weiter entfernte“ ganzzahlige Wert der tatsächliche Erwartungswert sein.
Deswegen nun meine Frage, ob man bei der Standardabweichung einfach runden kann, oder ob hier auch etwas ähnliches beachtet werden muss.
Und dann ergab sich auch noch die Frage, ob man zur Sigma-Intervall Berechnung die „Kommazahlen“ für Sigma und Erwartungswert (ich schreibe am Handy, ich kann das korrekte Symbol nicht schreiben)
benutzt, oder ob man hier auch die angepassten, ganzzahligen Werte benutzen kann.
Okay, ich hatte zwar den Erwartungswret einer allgemeinen Verteilung berechnet, nicht den einer BV (bei 1)), doch das Prinzip ändert sich nicht: Der Erwartungswert drückt aus, mit wie vielen Treffern Du im Schnitt zu erwarten hast. In Deinem Beispiel sind das also 33,33.... Treffer.
Ich habe noch nie davon gehört, dass man Erwartungswert und sigma runden darf. Schließlich geht es in der Wahrscheinlichkeitsrechnung um theoretische Werte.
Vielleicht noch ein Argument, warum das Runden von µ nur sehr bedingt Sinn machen kann:
Nehmen wir eine Münze, auf denen die Seiten mit 0 und 1 beschrifttet sind. Dann gilt µ = 0,5. Dies gibt m.E. viel besser das Experiment wieder, als wenn Du auf 0 oder 1 rundest. Oder etwa nicht?
zu 3.: Ich meinte die "gerundeten/ganzzahligen Werte" und nicht die "gerundeten/geraden Werte".
Es geht in dem Fall ja nur ums Runden von Erwartungswert/Standardabweichung - diese machen nämlich nur ganzzahlig wirklich Sinn (dabei handelt es sich ja quasi um Trefferzahlen - die können ja nur ganzzahlig sein).
Daher die Frage ob man diese einfach so auf eine ganze Zahl runden kann, oder ob man (wie beim Erwartungswert) noch mehr dabei beachten muss.