Stipendium, Situation mit Vater?
Hallo alle,
Ich befinde mich in einer relativ komplizierten familiären Situation und hätte gerne eure Meinungen.
Ich studiere gerade und meine beiden Eltern, die geschieden sind, unterstützen mich finanziell. Mein Vater tut das allerdings sehr widerwillig. Seit Jahren redet er darüber, wie wenig Geld er hat, und er will mir keine finanzielle Unterstützung geben. Gleichzeitig hat er z.B. in den letzten Jahren ein Auto ohne Finanzierung gekauft, ein Haus finanziert, und ist mit seiner Frau für zwei Wochen nach Japan gereist.
Ich brauche keine genauen Details über seine finanzielle Situation, wenn es sie mir nicht geben will, aber er kann mir nicht ernsthaft sagen, dass er wenig Geld hat, wenn er sich solche Dinge leisten kann.
Ich habe ihn vor einer Weile diesbezüglich konfrontiert und ihm sowas gesagt wie "du musst mich nicht finanziell unterstützen, wenn du es nicht willst, aber du kannst mir nicht ehrlich sagen, dass du es nicht kannst."
Aufgrund dessen hat er angefangen, mich finanziell zu unterstützen, aber es kam immer wieder zu Problemen. Er hat sich sehr lange darüber beklagt, Überweisungen kamen spät und und und. Vor einer Weile hat er angefangen, mir das Geld für die nächsten 6 Monate im Voraus zu überweisen, was den Stress von monatlichen Überweisungen reduziert hat. Er hat auch die ganze Zeit gesagt, dass ich mich nach "Stipendien" umschauen sollte. Es ist längst klar, dass er das will, nur damit ER 150€/Monat sparen kann.
Denn in Wirklichkeit würde ich bei einem Stipendium nicht mehr als 300€/Monat bekommen. Dafür sind meine Eltern "zu reich".
Gestern, nach einer extrem langen Bewerbungsphase tatsächlich eine Zusage für ein Stipendium bekommen. Ich freue mich natürlich sehr, allerdings frage ich mich jetzt direkt, ob ich meinem Vater davon erzählen sollte. Ich habe ihm halt bisher noch nicht davon erzählt.
Natürlich sollte das Geld von einem Stipendium i.d.R. zur Deckung der Lebenshaltungskosten ausgegeben werden. Mein Vater hat mich halt durch sein Verhalten echt verletzt. Er hat Dinge gesagt, die Wunden aufgerissen hat, und halt einen Haufen Stress verursacht.
Zudem geben mir meine Eltern nur Geld für meine Lebenshaltungskosten. Meinen privaten Sprachkurs z.B. finanziere ich selber, daher hätte ich einen Zweck für das Geld.
Auf der anderen Seite würde ich ihm natürlich gerne davon erzählen. Es ist ein Erfolg für mich. Ich weiß allerdings, dass es für ihn nur bedeuten würde, dass es jeden Monat zusätzliche 150€ für sich behalten dürfte. Ihm ist es quasi egal, dass das z.B. für meinen Lebenslauf großartig ist. Er will z.B. die ganze Zeit, dass ich mich nach Stipendien umschaue, die meine Lebenshaltungskosten *komplett* decken. Solche Stipendien gibt's ja nur für diejenigen, deren Eltern ein Einkommen unter einer bestimmten Grenze haben.... das ist bei mir halt nicht der Fall.
So, am Ende, wozu würdet ihr mich raten?
1 Antwort
Also erstmal: Herzlichen Glückwunsch zum Stipendium. Siehst du, wenn es schon dein Vater nicht tut, aber jemand anderes würdigt deine Leistung ja und unterstützt dich. Es ist auch wichtig, sich im Prozess des Erwachsenwerdens von der emotionalen Abhängigkeit der Eltern zu verabschieden (auch wenn es menschlich nachvollziehbar ist).
Ja, es gibt Menschen, die zwar (viel) Geld haben, aber immer dann, wenn es darum geht, dieses mit jemandem zu teilen, sich selbst als sehr arm darstellen. Und ja, dein Vater scheint da dazu zu gehören, da stimme ich dir schon zu aufgrund dessen, was du schreibst.
Gleichzeitig sehe ich aber auch: der Apfel ist da auch nicht weit vom Stamm gefallen.
Zudem geben mir meine Eltern nur Geld für meine Lebenshaltungskosten. Meinen privaten Sprachkurs z.B. finanziere ich selber
Deine Eltern geben dir eine gewisse Summe Geld, und offensichtlich ist das soviel, dass du dir mit deinem eigenen Einkommen eben doch mehr als nur das Notwendigste leisten kannst. Man könnte auch sagen: du finanzierst dir deinen Lebensunterhalt, und dank der Unterstützung deiner Eltern kannst du dir on top einen privaten Sprachkurs gönnen. Und vielleicht hält dein Vater eben diesen Sprachkurs für genauso unnötig wie du seinen Urlaub, sein Auto und sein Haus. Vielleicht würde er deinen Satz
Seit Jahren redet er darüber, wie wenig Geld er hat, und er will mir keine finanzielle Unterstützung geben. Gleichzeitig hat er z.B. in den letzten Jahren ein Auto ohne Finanzierung gekauft, ein Haus finanziert, und ist mit seiner Frau für zwei Wochen nach Japan gereist.
so über dich formulieren:
Seit Jahren klagt er, dass er Unterstützung für den Lebensunterhalt braucht. Aber das Geld für einen privaten Sprachkurs hat er…
Also abstrakt formuliert: Genug Geld haben für A, was moralisch höher steht als B, es aber trotzdem stattdessen für B ausgeben wollen. Das ist der Vorwurf, den du deinem Vater machst, den man dir aber auch machen kann und auch deinem Stipendiumgeber.
Selbst ein Studium ist für viele Sprosse, die in die Unterschicht und sogar die untere Mittelschicht geboren wurden, finanziell ein schwieriger Luxus, weil ihre Eltern eben selbst beim besten Willen keine Chance haben, überhaupt nur Lebensunterhalt zu bezahlen, und Bafög halt leider immer noch häufig viel zu spät gezahlt wird und Bürgergeld dafür zu früh gekürzt, wenn aufgrund des Wohnortes der Studienbewerber als dem Elternhaus ausziehen müsste. Es gibt Menschen, die ihren Studienplatz deshalb schlicht nicht annehmen können, das ist traurige Realität. Aber so jemandem wurde dein Stipendium jetzt beispielsweise nicht gegeben. Stipendien sind halt grundsätzlich auch eher Eliten- als Bedürftigenförderung. Trotzdem: Moralisch höher zu bewerten wäre natürlich, das Geld jemandem zu geben, der sich ohne dem nicht nur einen privaten Sprachkurs, sondern schon die Gebühr für Immatrikulation nicht leisten kann. Der Stipendiumgeber hat aber Gründe gefunden, das nicht zu tun; du hast Gründe gefunden, deinen Verdienst nicht in deinen Lebensunterhalt zu investieren und damit den Unterhalt deines Vaters zu reduzieren; und dein Vater hat Gründe, dir deinen Unterhalt nicht mehr zahlen zu wollen sondern das Geld stattdessen für die dritte Urlaubswoche auszugeben. Ja, moralisch fraglich ist das alles, aber ich denke: das liegt alles noch im normalen Rahmen des menschlichen Egoismus.
Also man kann darüber sehr vielfältige Meinungen zu haben und da werden wir vermutlich keinen gemeinsamen Nenner haben. Für deine eigentliche Frage tun Meinungen aber sowieso nichts zur Sache. Sowohl für die Frage, wie lange dein Vater dir wieviel Unterhalt zahlen muss, gibt es eine gesetzliche Festlegung, als auch für die Frage, ob dein Stipendium in die Berechnung dieses Unterhaltsanspruches einfließt oder nicht und entsprechend, ob du darüber Auskunft geben musst oder nicht. Alles, was über diese gesetzliche Festlegung hinaus geht, ist freiwillig, und alles, was darunter liegt, ist einklagbar. Und es hängt vom Stipendium ab, nämlich zum Beispiel davon, wie die Zuwendungen genau definiert sind. Das sollte dir der Stipendiengeber beantworten können.
Danke für die Antwort.
Was ich vergessen habe zu erwähnen, ist, dass mein Vater im Ausland wohnt, und daher gilt diese gesetzliche Festlegung für ihn nicht.
Zudem werde ich aufgrund der Tatsache, dass meine Eltern "zu viel" verdienen, nur die 300€ im Monat bekommen. Wenn meine Eltern weniger verdienen wüede, könnte das Stipendium bis zu 1000€/Monat betragen.
Ich verstehe deinen Punkt, jedoch hat mir mein Vater selbst gesagt, dass er den Sprachkurs gut findet.
Ich habe ihm immer wieder gesagt, dass er mir kein Geld geben muss, wenn er das nicht will, aber er kann mir nicht sagen, dass er das nicht *kann*, wie er es immer getan hat, da das nicht wahr ist. Er will mir nicht sagen, dass er das nicht machen will, also macht er es widerwillig. Ich zwinge ihn zu nichts, sondern ich weigere mich einfach, ihm etwas zu glauben, was offensichtlich falsch ist.