Sollte das Fach “Resilienz als verpflichtendes Unterrichtsfach verankert werden?

2 Antworten

Resilienz ist eine psychische Eigenschaft (psychische Widerstandskraft), die teilweise angeboren ist oder durch Lebenserfahrung erworben werden kann. Im Rahmen eines schulischen Faches kann man die nicht vermitteln.


Vor kurzem hörte ich diesen Podcast zum Thema:

https://web.de/magazine/gesundheit/15-minuten-fuers-glueck-therapeutin-klaert-grosses-missverstaendnis-resilienz-37750636

Nun teile ich nicht die Meinung von Frau Frankenberger, Resilienz sei nicht trainierbar. Aber wenn sie Recht hätte und dem so wäre, würde es ja wenig Sinn machen, das als Schulfach anzubieten.

Da ich aber denke, dass es doch geht, ist es natürlich hilfreich, schon vor Eintritt der möglichen Katastrophe Strategien gelernt zu haben, wie ich damit umgehen kann.


Hacker48  31.01.2023, 19:50

Resilienz ist lernbar, ja. Aber nicht in der Form. Strategien kannst du genauso wenig lernen, wie du dir die Hitze einer Herdplatte vorstellen kannst, bevor du sie das erste Mal erlebt hast...

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Kristall08  31.01.2023, 19:59
@Hacker48

Ich denke aber schon, dass man dann eher weiß, wie man mit einer persönlichen Katastrophe umgehen kann.

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Hacker48  31.01.2023, 20:21
@Kristall08

Eben nicht...

Resilienz bedeutet nicht, dass man Methoden kennt. Sondern, dass man in der Katastrophe gefasst genug ist, etwas zu tun. Was man tut, ist zweitrangig, solange es nicht destruktiv ist.

Aber denkst du wirklich, dass jemand, der nach dem Verlust seines Jobs anfängt zu trinken, das nicht tun würde, wenn man ihm fünf Jahre früher Meditation nähergebracht hätte? Nein, natürlich nicht.

Also warum fängt er an zu trinken, wenn nicht, weil ihm die Methoden fehlen? Weil ihm, unter anderem, das Gefühl der Selbstwirksamkeit fehlt.

Hier muss man sehr früh ansetzen, spätestens in der Kita, dann in der Grundschule und später in der weiterführenden Schule. Aber die Schule kann das nicht alleine leisten, hier müssen die Eltern gleich mit ins Boot geholt werden.

Übrigens: Wenn Kinder sich ritzen oder binge-eaten, dann weil sie gemerkt haben, dass es ihnen in einer emotionalen Notlage besser geht, nachdem sie sich verletzt oder nachdem sie sich mit Essen vollgestopft haben. Diese Lernerfahrung macht man aber erst, wenn man in der Notlage ist. Nicht vorher, nicht nachher. Aber es gibt nicht nur Notlagen, sondern auch Ausnahmesitationen, zum Beispiel Transitionen, also Übergänge. Zum Beispiel von Kita in Grundschule.

Nehmen die Eltern die Ängste der Kinder ernst? Dann ist die Chance hoch, dass sie sich auch später jemandem anvertrauen, wenn sie sich schlecht fühlen. Tun sie das nicht? Dann hilft auch keine geführte Meditation im Schulfach "Resilienz".

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Kristall08  31.01.2023, 22:16
@Hacker48
Aber denkst du wirklich, dass jemand, [...] das nicht tun würde, wenn man ihm fünf Jahre früher Meditation nähergebracht hätte?

Ja, allerdings. Das denke ich.

Vielleicht nicht jeder. Aber warum sollte jemand anfangen zu trinken, wenn er andere Möglichkeiten zur Bewältigung bereits kennen gelernt hätte?

 Sondern, dass man in der Katastrophe gefasst genug ist, etwas zu tun.

Solche Methoden können nur dann greifen, wenn man sie beizeiten übt. Also schon dann, wenn noch keine Krise in Sicht ist.

Weil ihm, unter anderem, das Gefühl der Selbstwirksamkeit fehlt.

Du scheinst mir mit den Methoden des Resilienztrainings nicht sehr vertraut zu sein. Selbstwirksamkeit ist eine der Säulen des Programms, die während des Übens gestärkt wird.
Man macht da nicht nur irgendwelche Meditationen.

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Hacker48  31.01.2023, 22:31
@Kristall08
Aber warum sollte jemand anfangen zu trinken, wenn er andere Möglichkeiten zur Bewältigung bereits kennen gelernt hätte?

Weil es einfacher ist.

Weil es weniger anstrengend ist.

Weil es schneller umsetzbar ist und schneller zu Ergebnissen führt.

Und davon abgesehen: Weil man in diesem Moment nicht mehr klar denkt.

Solche Methoden können nur dann greifen, wenn man sie beizeiten übt. Also schon dann, wenn noch keine Krise in Sicht ist.

Mag sein.

Aber das ist Trockentraining. Kein Erste Hilfe-Kurs der Welt kann einen ausreichend auf die Realität eines schweren Verkehrsunfalls vorbereiten. Genauso kannst du noch so viel Kampfsporttraining machen, bevor du das erste Mal einen richtigen Schlag gegen den Kopf bekommen hast, hast du keine Ahnung, wie sich das anfühlt und wie dein Körper und dein Geist darauf reagieren...

Selbstwirksamkeit ist eine der Säulen des Programms, die während des Übens gestärkt wird.

Ich bin der Meinung, Selbstwirksamkeit lernt man nur im Alltag effektiv. Menschen sind keine Reagenzgläser, in die man die Theorie einfüllt, ein paar Rollenspiele dazu gibt, kurz umrühren und ZACK! hat man seine Selbstwirksamkeit aufgelevelt.

Du scheinst mir mit den Methoden des Resilienztrainings nicht sehr vertraut zu sein.

Hm.

Es gibt einige Möglichkeiten, die innere Stärke zu fördern:
1) Bauen Sie soziale Beziehungen auf und pflegen Sie diese.
2) Lernen Sie mehr über Ihre eigenen Stärken und Schwächen kennen.
3( Gehen Sie Herausforderungen an und stellen Sie sich Problemen.
4( Begegnen Sie Stress und versuchen Sie, stressige Momente im Alltag zu reduzieren.
5( Treiben Sie Sport, leben Sie gesund und schlafen Sie ausreichend.
6) Schaffen Sie sich Entspannung. Beispielsweise mit Meditation oder Yoga.
7) Verfolgen Sie (realistische) Ziele und versuchen Sie, diese umzusetzen.
8) Seien Sie stolz auf Erfolge und auf das, was Sie erreicht haben und können.
(Dr. Jana Strahler, Psychologin und Resilienzforscherin)

Quelle: https://www.mdr.de/ratgeber/gesundheit/resilienz-seele-widerstandsfaehigkeit-test-kraft-training-staerken-100.html

Nichts davon lässt sich in einem Kurs lernen - abgesehen von Meditation / Yoga - geschweige denn in einem Fach im Setting der Schule. Am besten noch im Klassenverband mit seiner ganz eigenen Dynamik.

Ich sag's mal so: Es schadet nicht, Methoden kennenzulernen und auszuprobieren. Aber es steigert nicht effektiv die Resilienz. Denn ausprobieren und in einer emotionalen Ausnahmesituation anwenden können, sind zwei völlig verschiedene Paar Schuhe.

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Kristall08  31.01.2023, 23:05
@Hacker48
 Kein Erste Hilfe-Kurs der Welt kann einen ausreichend auf die Realität eines schweren Verkehrsunfalls vorbereiten.

Und doch sind sie obligatorisch für jeden Fahranfänger.

Nichts davon lässt sich in einem Kurs lernen 

Alles das lässt sich in einem Kurs lernen. Glaub es mir, ich unterrichte das seit Jahren.

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Hacker48  31.01.2023, 23:14
@Kristall08
Und doch sind sie obligatorisch für jeden Fahranfänger.

Ja, weil man ohne komplett aufgeschmissen ist. Das heißt nicht, dass man mit wirklich für die Realität eines schweren Verkehrsunfalls gerüstet ist...

Alles das lässt sich in einem Kurs lernen. Glaub es mir, ich unterrichte das seit Jahren.

Ich denke, in dem von dir verlinkten Artikel wird es auf den Punkt gebracht. Ja, solche Trainings schaden nicht. Es wäre aber naiv zu glauben, man wäre danach tatsächlich resilienter. Wir wissen noch nicht mal, wieso manche eine hohe Resilienz haben und andere nicht. Wir wissen nur - aus einem groß angelegten Experiment -, dass manche Schicksalsschläge besser wegstecken als andere und haben diese Fähigkeit "Resilienz" genannt. Das ist jedenfalls der Stand der Forschung.

Wie Frau Frankenberger sagt: Auf einen Schicksalsschlag kann man sich nicht vorbereiten. Selbst, wenn man weiß, dass er kommt. Das weiß ich aus eigener Erfahrung.

P.S. Wenn ich fragen darf, wenn du sagst, dass du das unterrichtest, verfügst du über eine einschlägige Qualifikation?

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Hacker48  31.01.2023, 23:55
@Kristall08

Klar.

Ich meine, ich erzähle dir doch nichts Neues, wenn ich dir sage, dass sich allerlei Quacksalber mit Kursen und Büchern eine goldene Nase verdienen, oder? Ein gutes Beispiel ist MMS - und da geht es um Naturwissenschaft.

In den Geisteswissenschaften ist es noch schlimmer. Da kann man sich vor Kursen zur "Selbstoptimierung" kaum retten und die wenigsten Referenten können eine echte Qualifikation nachweisen, wenn überhaupt eine Qualifikation. Die Prüfung zum Heilpraktiker beispielsweise ist ein Witz, ein paar multiple choice-Fragen, die Bestätigung, dass man niemandem schadet und schon ist man Heilpraktiker. Für Lebensberatung wiederrum, braucht man gar keine Prüfung abzulegen, das ist eine völlig freie Bezeichnung.

Also ja, die Frage ist ernst gemeint. 😁

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Kristall08  01.02.2023, 11:43
@Hacker48

Nun,

unter anderem habe ich mein Handwerk am Institut für Naturheilkunde in Essen gelernt. Die sind Teil der Uni Klinik.

Mittlerweile habe ich mit meiner Arbeit schon drei Leute aus dem Rollstuhl "rausgeholt", von den anderen, weniger Betroffenen mal abgesehen. Ich denke, ich bin mein Geld wert.

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