Sind die Genossen bei der KPÖ oder bei der deutschen Variante heute noch Leninisten, Stalinisten oder Maoisten?
Oder wird das heute schon als undemokratisch abgelehnt? Eigentlich ist ja der Marxismus undemokratisch, nicht? Weil der wünscht sich eine Revolution, dann die Diktatur des Proletariats und dann den Kommunismus. Also etwas Demokratisches gibt es da nicht. Wie kommt es dann, dass die Kommunisten ins Parlament gewählt werden wollen und nicht revoltieren.
Am Rande interessiert es mich noch gegen was sie revoltieren sollten? Die Arbeiter gegen das Bürgertum? Wer ist den heute noch Arbeitet und wer Bürgertum - das mit den Klassen ist doch völlig verschwunden. Das mit den Klassen stammt aus der Zeit der Industrialisierung.
4 Antworten
Die KPÖ und die meisten anderen kommunistischen Parteien haben nach dem Zerfall der Sowjetunion einen Prozess der Sozialdemokratisierung durchgemacht, in dem sie ihr politisches Erbe und ihre Prinzipien größtenteils über Bord geworfen haben. Innerhalb der KPÖ oder Teilen davon wird Lenin sicher noch gelesen und positiv rezipiert, aber seine Ideen und Ansichten sind nicht die Grundlage der praktischen Politik.
Eigentlich ist ja der Marxismus undemokratisch, nicht? Weil der wünscht sich eine Revolution, dann die Diktatur des Proletariats und dann den Kommunismus.
Der Marxismus kritisiert die bürgerliche Demokratie, aber warum? Nicht weil er Mitbestimmung ablehnen würde, sondern weil die bürgerliche Demokratie bloß formal besteht. Einmal alle paar Jahre einer anderen Politikerclique die Erlaubnis geben, die Herrschaft ohne weitere demokratische Kontrolle auszuüben, ist eine Farce, zumal über die meisten Dinge gar nicht abgestimmt werden kann - z.B. im Bereich der Wirtschaft.
Die Diktatur des Proletariats ist heute ein missverständlicher Begriff, aber soll eben nicht Unterdrückung der Menschen bedeuten, sondern die Herrschaft einer bestimmten Klasse. Im Kapitalismus übt die Minderheit des Bürgertums seine Diktatur aus, und im Sozialismus tut das die Mehrheit der Arbeiterklasse, um den Übergang zu einer klassenlosen Gesellschaft vorzubereiten.
Die Diktatur des Proletariats bedeutet also eine Ermächtigung der unterdrückten Teile der Bevölkerung und die demokratische Verwaltung der Produktionsmittel, ihre planmäßige Verwendung zur gesellschaftlichen Bedürfnisbefriedigung. Die favorisierte Form, wie das konkret umgesetzt werden kann, ist die Rätedemokratie, die während zahlreichen Revolutionen seit der Pariser Kommune 1871 aufkam.
Wie kommt es dann, dass die Kommunisten ins Parlament gewählt werden wollen und nicht revoltieren.
Hier liegt der Unterschied zwischen reformistischen Sozialdemokraten und revolutionären Marxisten. Sozialdemokraten hängen der Illusion an, im Parlament tatsächliche Verbesserungen erwirken zu können und gegebenenfalls sogar den Kapitalismus wegreformieren zu können. Marxisten wissen hingegen, dass das Parlament ein Werkzeug der bürgerlichen Herrschaft bleibt, jede errungene Reform wieder rückgängig gemacht werden kann und es darum einen revolutionären Bruch mit dem Kapitalismus geben muss. Das Parlament kann aber eine Funktion als Bühne der Agitation besitzen. Wenn Kommunisten in einem Parlament sitzen, reden sie also nicht zu den bürgerlichen Abgeordneten, sondern über sie hinweg zu den Menschen, die das parlamentarische Schauspiel verfolgen.
Einen revolutionären Bruch mit dem Kapitalismus anzustreben, heißt aber auch nicht, ständig Aufstände vom Zaun zu brechen. Eine Revolution gelingt dann, wenn das System in eine Krise gerät und ein genügend großer Teil der Bevölkerung einem revolutionären Programm folgt und handlungsfähig ist. Ersteres kann man nicht beeinflussen, da der Kapitalismus von selbst in zyklische Krisen gerät (gerade ist es wieder soweit), zweiteres sehr wohl durch langfristig angelegte Agitation und Organisierung.
Am Rande interessiert es mich noch gegen was sie revoltieren sollten? Die Arbeiter gegen das Bürgertum? Wer ist den heute noch Arbeitet und wer Bürgertum - das mit den Klassen ist doch völlig verschwunden. Das mit den Klassen stammt aus der Zeit der Industrialisierung.
Im Gegenteil - die Klassengegensätze sind noch viel größer als zu Zeiten von Marx. Damals war das Proletariat noch eine relativ kleine Schicht, und die meisten kapitalistischen Betriebe klein bis mittelgroß. Heute ist hingegen der überwältigende Teil der Menschheit lohnabhängig, und das Kapital ist derart konzentriert, dass einzelne Konzerne nicht nur innerhalb eines Landes, sondern weltweit Monopolstellungen haben. Auch die Vermögensungleichheit hat seitdem nicht etwa ab-, sondern massiv zugenommen.
Eigentlich ist ja der Marxismus undemokratisch, nicht?
Nicht zwingend. Friedrich Engels meinte in einem seiner Werke sogar, dass der Kommunismus nur über die Demokratie etabliert werden kann, und er stellte dazu einige Gedanken auf. Karl Marx war noch etwas radikaler unterwegs.
Weil der wünscht sich eine Revolution, dann die Diktatur des Proletariats und dann den Kommunismus. Also etwas Demokratisches gibt es da nicht.
Revolutionen, auch in gewaltsamer Form, haben auch "die Guten" schon durchgeführt - siehe Frankreich. Heute wird allenfalls das Ausmaß der Gewalt kritisch hinterfragt, die Revolution an sich wird i.d.R. positiv bewertet.
"Diktatur des Proletariats" ist ein extrem unglücklicher Begriff, der häufig nicht richtig verstanden wird. Marx erklärt es - stark vereinfacht! - etwa so: Es gibt immer eine herrschende Klasse, die Staat & Gesellschaft "ihren Stempel aufdrückt" und quasi eine ihr gefällige Diktatur errichtet. Erst war es der Adel, heute ist es das Bürgertum, und nun sollen es die Proletarier sein. Der Begriff "Diktatur" impliziert in dieser Theorie, dass andere Klassen ein Stück weit unterdrückt und von der Macht ferngehalten werden. So, wie man in der alten Monarchie nicht einfach eine Republik herbeiwählen und den König verjagen konnte. Oder so, wie heutige Gesetze die Besitzrechte der Unternehmer schützen und ein marktwirtschaftliches System begründen.
Das mit den Klassen stammt aus der Zeit der Industrialisierung.
Da hast du vollkommen Recht, und das ist auch der Grund, weshalb der "original-Kommunismus" nach Karl Marx heute nicht mehr zeitgemäß ist: wir leben in einer völlig anderen Gesellschaft, als es Marx und Engels taten. Man kann die Herausforderungen von heute nicht mit den Ideen des 19. Jahrhunderts lösen.
Heutige Kommunisten sind in der Regel (aber nicht immer!) relativ harmlos: sie haben mitunter etwas verrückte Ideen, aber die meisten haben sich ein Stück weit "sozialdemokratisiert". In manchen europäischen Ländern sitzen kleine kommunistische Parteien ganz normal mit in den Parlamenten und bringen sich in die Alltagspolitik ein.
Mit den Gedanken von Karl Marx hat das alles nicht mehr viel zu tun, aber der Mann ist auch schon etwas länger nicht mehr unter uns. Die Welt dreht sich eben weiter.
Die Frage verwechselt die Dialektik der historischen Materialisten mit der semantischen Elastizität des Begriffs „Demokratie“. Die KPÖ oder ihre deutsche Variante stehen weniger in einem starren ideologischen Korsett als in einem performativen Spannungsfeld zwischen Marx’ dialektischem Materialismus und der postmodernen Pluralität des politischen Diskurses. Ob Leninisten, Stalinisten oder Maoisten ist dabei sekundär, da solche Kategorien in einem spätkapitalistischen Kontext ohnehin nur noch als semiotische Marker fungieren.
Die Frage, warum Kommunisten ins Parlament gehen, statt zu revoltieren, übersieht den dialektischen Umschlag von parlamentarischer Repräsentation in revolutionäre Praxis. Sie revoltieren durch die Institutionen – ein Ansatz, den man als „meta-revolutionären Parlamentarismus“ bezeichnen könnte.
Was die Klassen betrifft, so ist der Klassenbegriff nicht verschwunden, sondern wurde lediglich in die unsichtbaren Netzwerke der neoliberalen Produktionsverhältnisse ausgelagert. Die Arbeiterklasse trägt heute Anzüge und klickt Excel-Tabellen; das Bürgertum wird in Start-ups kapitalisiert. Die Revolution gegen wen? Vielleicht gegen die Illusion, dass die Klassen verschwunden seien.
Das Video ist dazu sehr interessant: Fabian Lehr Direkt - Gibt es die Arbeiter*innenklasse noch?
Und der Kommentar: Die Arbeiterklasse (im Sinne von Lohnabhängigen) ist riesig geworden, aber sie ist auch vollkommen ins System integriert und saturiert. Sie hat keine materiellen Interessen mehr, die vom System nicht befriedigt werden. Da hilft auch keine Schulung - die macht aus Zufriedenen keine Unzufriedenen.
Bist deppert, der Text ist eine Qual!
"Die Frage verwechselt die Dialektik der historischen Materialisten mit der semantischen Elastizität des Begriffs „Demokratie“."
Warum?
"Die KPÖ oder ihre deutsche Variante stehen weniger in einem starren ideologischen Korsett als in einem performativen Spannungsfeld zwischen Marx’ dialektischem Materialismus und der postmodernen Pluralität des politischen Diskurses."
Das merkt man, man könnte auch sagen, dass sie halt schauen, wie sie sich ideologisch anpassen können.
"Ob Leninisten, Stalinisten oder Maoisten ist dabei sekundär, da solche Kategorien in einem spätkapitalistischen Kontext ohnehin nur noch als semiotische Marker fungieren."
Wer sagt das? Du? Ich halte es nicht für sekundär sich von solchen Diktaturen nicht klar zu distanzieren.
"Die Frage, warum Kommunisten ins Parlament gehen, statt zu revoltieren, übersieht den dialektischen Umschlag von parlamentarischer Repräsentation in revolutionäre Praxis. Sie revoltieren durch die Institutionen – ein Ansatz, den man als „meta-revolutionären Parlamentarismus“ bezeichnen könnte."
Ja, oder man passt sich halt an und verrät damit halt ein bisschen das was eigentlich gelehrt wurde. "Dann machen wir halt eine demokratische Revolution", eine andere Form der Revolution würde wohl auch nicht so gut ausgehen.
"Was die Klassen betrifft, so ist der Klassenbegriff nicht verschwunden"
Ich habe nie behauptet, dass der Begriff verschwunden ist ...
"Die Arbeiterklasse trägt heute Anzüge und klickt Excel-Tabellen; das Bürgertum wird in Start-ups kapitalisiert."
Man könnte auch sagen, dass es sie nicht mehr gibt, darum wird es wohl auch keine Revolution des Proletariats geben.
"Vielleicht gegen die Illusion, dass die Klassen verschwunden seien."
Sie müssen nicht verschwunden sein, können sich gewandelt haben. Aber wenn gibt es wohl eher eine Revolution von Seiten der "dritte Welt Länder" - sind das jetzt die Arbeiter?
Und nochmals der Text war echt eine Zumutung, aber du kannst es scheinbar nicht besser ... Oder willst halt zeigen wie "gescheit" du bist.
Das sind alles Verbrecher. Kommunismus ist eine Vergwaltigung der menschlichen Rasse und die lernen es einfach nicht!!