Ideologie des Kommunismus: Bolschewiki und Menschewiki?

2 Antworten

Ich glaube, grundsätzlich kann man das so sagen. Die Menschewiki wollten den Weg über Reformen gehen bzw. so für die Revolution ebnen. Ihre Position war, dass weniger die Partei führen sollte, sie sollte lediglich den Weg frei machen für die Arbeiterschaft, also grundsätzlich vertraten sie den Grundsätzlichen Gedanken des Kommunismus, die Demokratie. Nicht die Partei sollte leiten, das Volk sollte leiten.

Wie du schreibst, waren sie auch Anhänger des Marxismus und wollten dementsprechend wohl auch verschiedene Phasen durchlaufen.

Man kann vielleicht auch sagen, dass die Menschewiki schon geahnt haben, dass eine einzige, schnelle Revolution nicht funktionieren wird (hat sich dann bestätigt, die Sowjetunion, die aus der "kommunistischen" Revolution hervorgegangen ist, war recht schnell zutiefst antikommunistisch). Man wollte erst die Grundlagen schaffen und nicht gleich mit Chaos beginnen, was aus heutiger Sicht wohl der vernünftigere Weg gewesen wäre und vielleicht sogar zu einem kommunistischen Staat geführt hätte.

Bezüglich Kommunismus und Demokratie: Laut Definition ist Kommunismus immer demokratisch. Kommunismus kann auch als Pendant zum Sozialismus verwendet werden und somit ist es klar, dass der Sozialismus als Pendant zur Demokratie "erwähnt wird". Der Kommunismus/Sozialismus basiert auf Demokratie, Demokratie basiert auf "typisch kommunistischen" Gedanken und Annahmen. Die Begriffe sind also strak miteinander verknüpft.

Und eben, der Kommunismus setzt sehr wohl eine Demokratie als Regierungsform voraus, eben um die Güter verteilen zu können. In einer Diktatur wäre das nicht möglich, also kann eine Diktatur nicht kommunistisch sein.

Dabei stellen sich Anarchisten eine Demokratie ohne Staat vor, also in kleinen Gemeinschaften.

Aber ich würde sagen, dass grundsätzlich auch eine klassische repräsentative Demokratie eine Grundlage für den Kommunismus bieten kann.

Aber eben, wie du auch schon richtig festgestellt hast: Die Demokratie bildet immer die Grundlage von Kommunismus. Die Form ist dabei nicht von Bedeutung.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Habe mich wissenschaftlich damit auseinandergesetzt...

Der ursprüngliche Streitpunkt betraf die Parteiorganisation: Die Menschewiki wollten eine offene Massenpartei, die Bolschewiki eine disziplinierte Kaderpartei. Im historischen Rückblick sind aber ihre Unterschiede in strategischen Fragen wichtiger, also wie sie den Sozialismus erreichen wollten. Beide Parteiflügel beriefen sich auf Marx und natürlich auch auf seinen historischen Materialismus, zogen daraus aber ganz unterschiedliche Schlussfolgerungen.

Das russische Zarenreich war zu Beginn des 20. Jahrhundert unterentwickelt im Vergleich mit den übrigen europäischen Großmächten. Es gab wenig Industrie, der Kapitalismus hatte noch nicht alle Wirtschaftsbereiche erfasst, und nur ein relativ kleiner Teil der Bevölkerung wurde als proletarische Klasse durch Kapitalisten ausgebeutet, der größere Teil wurde hingegen als bäuerliche Klasse durch Großgrundbesitzer ausgebeutet und durch teilweise mittelalterliche, feudale Regelungen unterdrückt.

Menschewiken und Bolschewiken waren sich darin einig, dass das keine Voraussetzung für den Sozialismus bot. Die Menschewiken glaubten, dass die russische Entwicklung nach der gleichen Formel wie in den westeuropäischen Ländern ablaufen müsste, d.h. die Kapitalistenklasse löst die feudalen Großgrundbesitzer (durch eine bürgerliche Revolution) ab und treibt die Industrialisierung bis zu dem Punkt voran, an dem eine proletarische, sozialistische Revolution möglich wird. Die Menschewiken unterstützten darum nach der Absetzung des Zaren die bürgerlich-kapitalistische Regierung, gaben sich mit einer parlamentarischen Republik zufrieden und verschoben den Sozialismus in eine ferne, unbestimmte Zukunft.

Die Bolschewiki, oder zumindest Lenin und Trotzki als Tonangeber, sahen hingegen die Schwäche der russischen Kapitalistenklasse als Chance, nach dem Sturz des Zaren durch eine zweite Revolution direkt überzugehen zur sozialistischen Gesellschaft und zur Ablösung der parlamentarischen Republik durch eine Räterepublik. Als Voraussetzung für den Erfolg dieser sozialistischen Revolution in Russland müsste die Revolution auch die industrialisierten Nationen, z.B. Deutschland, erfassen und weitere Räterepubliken schaffen, die Russland Unterstützung bieten konnten.

In Russland verlief die Revolution der Bolschewiki zunächst erfolgreich, sie führten die Rätedemokratie ein, zogen Russland aus dem Ersten Weltkrieg und verteilten das Land der Großgrundbesitzer an die Bauernschaft. In Deutschland, Ungarn und Finnland wurden die Revolutionen hingegen niedergeschlagen bzw. durch rechte Sozialdemokraten verraten. Russland blieb dadurch isoliert und war Hungersnöten, Konterrevolution und Militärinterventionen ausgesetzt. Darin liegt die Hauptursache für den Rückbau der Rätedemokratie, die teilweise Wiedereinführung des Kapitalismus im Rahmen der Neuen Ökonomischen Politik (NÖP) und letztendlich die stalinistische Diktatur.

--> Wieso wird jedoch oft der Sozialismus als Pendant zur Demokratie erwähnt?

Im historischen Zusammenhang ist meistens die parlamentarische Demokratie gemeint, die mit dem Kapitalismus assoziiert wird und eine (verschleierte) Herrschaft der Bourgeoisie darstellt. Ein sozialistischer Gegenentwurf ist die Rätedemokratie als Herrschaft des Proletariats.

Ist bei der Vorstellung des Sozialismus (also die Idealform des Kommunismus) keine Demokratie als Regierungsform mehr notwendig? Wer soll dann die Güter etc. gerecht verteilen? Wird angenommen, dass jeder für sich selbst nur das nimmt, was er benötigt und sein ganzes Erbringen an die Allgemeinheit überträgt? (Das ist ja absolut nicht vorstellbar, oder?)

In Lenins Vorstellung beschreibt das den Kommunismus, den er als endgültige, klassenlose Gesellschaft bezeichnet. Im Kommunismus besitzen die Menschen ein derartiges Bewusstsein für die Bedürfnisse der Gemeinschaft, dass jede Form der zentralen Planung oder gar Regierung und damit auch der Demokratie überflüssig wird. Den Sozialismus sieht er als Übergangsgesellschaft zum Kommunismus, in dem dieser Bewusstseinszustand noch nicht erreicht ist und zentrale Koordination durch demokratisch gewählte Räte bzw. eine Arbeiterregierung noch notwendig ist.