,,Kosmisches Chaos" in der Mythologie und Esoterik?
Hey,
was bedeutet ,,kosmisches Chaos", bzw. Chaos generell im esoterischen und mythologischen? Die babylonische Drachengöttin Tiamat wird ja, so habe ich es in einem Video gesehen, mit dem "kosmischen Chaos" in Verbindung gebracht. Was meint man damit?
2 Antworten
Im Detail kann ich dir nur die ägyptische Sichtweise erklären, beim Rest kenne ich mich nicht genau aus. Aber ich liste einmal auf, was ich zur babylonischen, griechischen, nordischen und jüdischen Version des Chaos so weiß.
Es geht immer um Kosmologie, um die Schöpfungsgeschichte, also um die Frage, wie aus mythologischer Sicht die Welt entstanden ist.
Die meisten Kulturen sehen in der Welt und in der Natur ein Muster, eine Ordnung, eine Art von Regeln und Gesetzen nach denen die Dinge funktionieren - das ist ja eine relativ logische Schlussfolgerung, wenn man sich in der Welt so umsieht und Naturgesetze und Ökosysteme beobachtet. Auch sieht man, dass es viele verschiedene Dinge und Materialien gibt.
Wenn man sich nun die Frage stellt, wie die Welt wohl VOR der Schöpfung ausgesehen hat, dann ist die Idee naheliegend: "Bevor die Welt geschaffen wurde gab es vielleicht diese ganzen Regeln und Naturgesetze noch nicht. Und vielleicht gab es auch noch nicht viele verschiedene Dinge, sondern alles war irgendwie zusammengemischt."
Und so in etwa kann man sich diese "kosmische Chaos" vorstellen.
Griechen: Chaos - eine Kluft und/oder gähnende Leere
Wikinger: Ginnungagap - eine Kluft oder gähnende Leere
Juden&Christen: "Tohu wa Bohu" Tohuwabohu – Wikipedia - alles vermischt und chaotisch, und Gott schwebte über den "Wassern"
Babylonier: Tiamat - eine Verkörperung des Ozeans
Ägypter: Nun - eine Verkörperung des Ozeans
Zum ägyptischen Urozean Nun gibt es noch eine Variante, die es etwas klarer fasst: nämlich die Chemenu, die 8 Urgötter. Das sind 4 Paare, jeweils in männlicher und weiblicher Gestalt (was auch einfach demonstriert, dass diese Urkräfte beide Geschlechter in sich vereinen)
Nun und Naunet - Ozean, "Ursuppe",
Amun und Amunet - Verborgenheit
Keku und Kauket - Dunkelheit
Heh und Hauhet - Unendlichkeit
Aus diesem Urozean, oder diesem 8fachen Ur-Chaos, taucht im ägyptischen Mythos der Schöpfergott Atum auf. Seine ersten Kinder sich Tefnut und Schu, die in der Pyramidentexten als "Ordnung" und "Lebenskraft" bezeichnet werden. Danach entstehen Geb und Nut - Erde und Himmel. Kurz: Nach dem Schöpfungsmoment entstehen die notwendigen Grundlagen für das Leben auf der Erde.
In allen diesen Mythen sieht man, dass das kosmische Chaos metaphorisch entweder als Abgrund/Leere oder als Ozean gedacht wird. Es hat zwei wichtige Eigenschaften: Einerseits ist es eine wilde, lebensfeindliche, dunkle Urkraft, also etwas gefährliches und unangenehmes. Gleichzeitig ist es aber auch eine fruchtbare Ursuppe, die alle Materie und alles Potential für die folgende Schöpfung enthält. Chaos gebiert Gaia, die Erde, Tiamat ist die Mutter der Götter und Erde und Himmel sind ihr Leib, in der Ginnungagap entsteht die Erde, aus Nun steigen der Urhügel Benben und der Sonnengot Atum hervor, Tohu wa Bohu werden von Gott getrennt und in Land und Meer, Nahct und Tag sortiert.
Ich könnte jetzt noch fortfahren, inwieweit der heliopolitanische Mythos als Metapher für den Urknall taugt und wie die Urschöpfung "sep tepi" auch als zyklische Erneuerung gesehen werden kann, aber das würde wohl hier zu weit führen.
Mit der westlichen modernen Esoterik hat das alles aber, so weit ich weiß, eher wenig zu tun. Die westliche Esoterik ist entweder christlich geprägt und folgt einer Version der Schöpfunggeschichte, oder Neuplatonisch mit einer strengen Hierarchie zwischen Geist und Materie und der Welt als niederem, unvollkommenen Abbild der ewigen, geistigen Welt - diese Idee steht eher im Gegensatz zu dem oben beschriebenen mythologischen Chaos, welches eher ein Primat der Urmaterie VOR dem schöpfenden Geist impliziert.
Es gleicht einem Irrgarten, der verheimlicht, was der Wille des wahren Gottes ist.
Aber warum nennst du das Chaos einen Irrgarten? Was verheimlicht es? Es wird doch ganz klar in Genesis als der Urzustand beschrieben, analog zu anderen Kulturen
Aber wie kann das kosmische Chaos die göttliche Wahrheit verschleiern, wenn es schon am ersten Schöpfungstag aufgelöst und zurück gedrängt wird?
Ja, aber was hat der Teufel mit dem kosmischen Chaos zu tun?
In der ägyptischen Mythologie sehe ich schon die gewisse Ähnlichkeit von 'Chaos" und "Teufel", also: von Nun mit dem Götterfeind. Aber A/pep will die Welt zerstören, also in den Zustand vor der Schöpfung zurücksetzen... sozusagen alles zurück ins Chaos.
Satan dagegen will die Welt beherrschen, oder nicht? Er hat in der christlichen Mythologie doch eine ganz andere Rolle als die Wasser und das Chaos des Uranfangs
... das mag in deiner Mythologie so sein, aber ich sehe immer noch nicht, was der Teufel mit dem kosmischen Chaos zu tun hat.
Wieso? Es steht doch in der Bibel!