Ist Mathe eine Lüge?


20.10.2024, 14:49

Und sry für den Titel (ist halt reißerisch)!

2 Antworten

Vom Beitragsersteller als hilfreich ausgezeichnet
„Andere mathematische Bestimmungen, wie das Unendliche, Verhältnisse derselben, das Unendlichkleine, Faktoren, Potenzen usf., haben ihre wahrhaften Begriffe in der Philosophie selbst;

Möglich ist, dass die Unendlichkeit zuerst in der Philosophie erörtert worden ist. In der Mathematik wurde die Unendlichkeit erst spät präzise eingebaut, u.a. über den Limes, abzählbare und unabzählbare Unendlichkeiten etc. Kleine Faktoren und Potenzen hingegen waren bereits sehr früh Gegenstand der Mathematik, insofern passt diese Logik nicht.

haben ihre wahrhaften Begriffe in der Philosophie selbst;

Was soll das jetzt haben? Irgendwelche mathematischen "Bestimmungen" haben ihre wahrhaften Begriffe in der Philosophie. Was bedeutet "Bestimmungen" - Axiome? Dann sind sie genauso gut mathematisch, denn dort werden die Axiome und die Begriffe bestimmt. Was bedeutet "wahrhaft"? In der Regel bedeutet wahr so etwas wie richtig oder objektiv erkennbar oder ähnliches. "Wahrhaft" dürfte dann der Wahrheit entsprechend sein oder aus der Wahrheit stammend oder ähnliches. Die Begriffe sind jedoch axiomatisch definiert, die Unendlichkeit mitunter nur als Negation der Endlichkeit. Wieso hier die Philosophie etwas geleistet haben soll, dass sie insofern exklusiv macht, bleibt schleierhaft.

es ist ungeschickt, sie für diese aus der Mathematik herzunehmen und entlehnen zu wollen, wo sie begriffslos ja so oft sinnlos auf genommen werden und ihre Berichtigung und Bedeutung vielmehr von der Philosophie zu erwarten haben.

"ungeschickt, sie aus der Mathematik herauszunehmen und [aus ihr] entlehnen zu wollen". Das kann man unterstreichen, mathematische Begriffe irgendwie abstrakter zu verwenden, geht häufig schief, weil man dann nicht selten die Axiomatik und damit die Definition verlässt. Aber das was dann geschrieben steht, ist widersprüchlich. Nun soll es wieder die Philosophie sein, welche Berechtigung und Bedeutung verleihen, das geht wohl in Richtung der im Text angesprochenen qualitativen Mathematik.

Aber der gesamte Text enthält Fehler, nämlich u.a. die Annahme, die Mathematik sei rein strukturbezogen und realitätsfern. Das ist so nicht richtig, viele Axiome und Zusammenhänge wurden aufgrund physikalischer Gegenstände entwickelt, inkl. der imaginären Zahlen. Auch die Quantenphysik und Realativitätstheorie verlangten eine gewisse Mathematik.

Im Text steht selbst: "Dies wird auch dadurch behindert, dass sich Hegel bei seinen Äußerungen zu anderen Wissenschaften oft geirrt hat"

Das äußerst sich in dieser Ausführung Hegels: "Es ist nur die Trägheit, die, um sich das Denken und die Begriffsbestimmung zu ersparen, ihre Zuflucht zu Formeln, die nicht einmal ein unmittelbarer Gedanken Ausdruck sind, und zu deren schon fertigen Schematen nimmt" - es hat rein gar nichts mit Trägheit zu tun, denn die Formeln und Schemata werden in der Mathematik nicht auswendig gelernt, sondern hergeleitet und verstanden. Insofern ist die Mathematik bereits qualitativ.

"Selbst die Mathematiker, die sich mit philosophischen Problemen der Mathematik und insbesondere mathematischer Begriffe befassen, haben die Einheit formaler und nichtformaler Momente nicht thematisier" - woran das wohl liegt? Weil es diesen Gegensatz, auf dem Hegel seine Philosophie aufbaut, weder gibt noch es ihn braucht. Das ist einfach mentaler Konstruktivismus, was Hegel betrieben hat.

"Mathematische Wahrheit ist interne Richtigkeit, unabhängig von äußeren Überprüfungen" - das stimmt schlicht nicht. Mathe ist kein Schach.

"Sie abstrahiert von den spezifischen menschlichen Aktivitäten. Philosophie ist Weisheitslehre als Wahrheitssuche und Hoffnungsbringer. Mathematik bleibt unpersönliche Welttheorie" - auch das ist wieder völlig überzeichnet. Mathematik ist weder Welttheorie noch kann sie als unpersönlich bezeichnet werden. Sie ist nicht subjektiv, nicht Personen-bezogen, aber sehr wohl realitätsbezogen.

"Was nicht formalisierbar ist, kann nicht mit den Mitteln der Mathematik behandelt werden" - ungeau: es geht nicht um formalisierbar, sondern um definierbar, nicht alles in der Mathematik ist Formel. Formale Sprache ist eher (theoretische) Informatik.

„Beim Aufbau einer mathematischen Theorie muß also gar nichts über die Natur der Objekte, mit denen die Theorie zu tun hat, gesagt werden" - m.E. wieder falsch. In der Menge sind die Elemente sehr wohl definiert oder definierbar, können aber auch (teilweise) abstrakt bleiben.

"n. Anschauliche Vorstellungen etwa zu den Begriffen Grenzwert, Stetigkeit oder Wahrscheinlichkeit werden nur als Vorstufe der formalen Fassung dieser Begriffe akzeptiert und brauchen nach der Formalisierung höchstens noch aus historischen Gründen thematisiert werden. Die grundlegende Ablehnung gegenüber allen nichtformalen Betrachtungen ist nach meinen Erfahrungen fest im Gedankengebäude der Mathematiker verankert." - das funktioniert so nicht. Es geht nicht darum, Axiome und Definitionen auf sich einwirken zu lassen, sondern sie als Axiom und Definition zu verstehen. Z.B. sind Unendlichkeitsdefinitionen und die mathematischen Techniken dazu äußerst nützlich für die Informatik, ohne dass es eine qualitative Mathematik bräuchte.

"Der Begriff der Variablen ist offensichtlich ein grundlegender Begriff der Mathematik. Umso überraschender ist, dass dieser Begriff nicht definiert werden kann, weder durch Angabe eines Oberbegriffs und artspezifischer Merkmale noch durch eine axiomatische oder andere Art von Definitionen." - natürlich ist dieser Begriff in seiner Anwendung definiert. Es geht in der mathematischen Definition nicht um Oberbegriff mit Spezifikation zum Unterbegriff, sondern um die Eindeutigkeit in der Anwendung.

"In anderen Wissenschaften ist der Begriff der Variablen klar definiert, in der Statistik als Synonym für Merkmal und in der Informatik als Name eines Speicherplatzes." Statistik ist Teil der Mathematik und die Definition für die Informatik empfinde ich als Info etwas leicht verkürzt.

Das ist totaler Quatsch! Diese Begriffe sind in der Mathematik exakt definiert und haben somit eine konkrete und scharfe Bedeutung. Sie sind in der gesamten Mathematik von großem Nutzen und finden dann auch in der angewandten Mathematik in der Realität ihre sinnvolle Bestätigung.

Die Mathematik ist eine exakte Wissenschaft, genau genommen die exakteste überhaupt. Von der Philosophie kann man das ganz und gar nicht behaupten; ganz im Gegenteil, sie ist oft richtiges Wischiwaschi.


HalloWerWarIch 
Beitragsersteller
 20.10.2024, 14:53

Das hat der Schreiber auch nicht verneint.

Er hat gemeint das sie auss der Philosophie stammen, soweit ich es verstanden habe.

Kaenguruh  20.10.2024, 15:25
@HalloWerWarIch

Er behauptet, diese Begriffe seien in der Mathematik oft sinnlos. Aber genau dort haben sie einen klaren Sinn. In der Philosophie sind sie eben nicht exakt definiert. Ich wüsste auch nicht, wieso der mathematische Begriff der Potenz aus der Philosophie stammen soll und dort definiert sein soll. Er ist rein mathematisch und hat in der Philosophie keine spezifische Bedeutung, ja wird dort noch nichtmal verwendet.

HalloWerWarIch 
Beitragsersteller
 20.10.2024, 16:22
@Kaenguruh

Es geht um die Form dieser nicht den Inhalt der Potenz.

Nein er hat nicht gesagt das sie Sinnlos sind, sondern nur das es sinlos ist sie von aussen einzuführen.

TheoPhysi  02.11.2024, 05:46
@HalloWerWarIch

Genau. Die Potenz ist nicht nur einfach ein Wert, sondern hat auch eine Struktur und das berücksichtigt die Mathematik nicht. Mathematik hält sich auch nicht an die Energie - und Informationserhaltung. Mathematik ist einfach die Möglichkeit Wertestrukturen zu berechnen und darzustellen, die durch 0 erlischen können. Mit der Natur hat das nichts zu tun. Mathematik ist keine Naturwissenschaft. Mathematik enthält mitunter unglaubliche Logikfehler, die dann durch Dogmen, Regeln gerechtfertigt werden.