Ist das Pharmaziestudium für angehende Apotheker nicht zu 90% sinnlos?
Ich habe jetzt fast das erste Semester hinter mir, und bin schwer enttäuscht vom Studium... Man lernt da nur unnötig komplizierten Quatsch! Wer da anderer Meinung ist, erklärt mir bitte mal wozu ich um nur einige Beispiele zu nennen den Sinusoszillator in Biophysik als öffentlicher Apotheker brauche, das Taylorpolynom in Mathematik, die Geschichte der pharmazeutischen Entwicklung in Mesopotamien in Pharmaziegeschichte/Propädeutik, seitenlange Auswendiglernerei von Redoxreaktionen in anorganische Chemie, die detaillierten Abläufe der Prozesse im glatten endoplasmatischen Reticulum, das Hashverfahren in der Verschlüsselungstechnologie in Informatik etc... die Liste ist endlos! Wozu brauche ich das alles?! Das Pharmaziestudium für Apotheker würde doch viel mehr bringen, wenn einem da fachspezifisches Allgemeinwissen, die unterschiedlichen Krankheiten und ihre Behandlungsmethoden beigebracht & evtl. ein wenig Wirtschaftslehre (falls man sich selbstständig machen will) beigebracht werden würde und man das dann in zwei-drei Jahren praktischer Erfahrung anwenden kann. Damit wäre das Studium doch wesentlich kürzer und nicht unnötig verkomplizitiert! Bin ich der einzige der so denkt oder warum gibt es da nicht längst eine Reform?
3 Antworten
Die Frage ist recht schnell beantwortet:
Sowohl binomische Formeln, als auch Wahrscheinlichkeitsrechnung, Interpretationen und das Auswendiglernen der Bundesländer samt Hauptstädten ist nicht fachspezifisch. Wie so vieles nicht, was ab der Grundschule gelehrt wird. Und? Es fällt unter den Punkt Allgemeinwissen, auf dem vieles weitere aufbaut.
Ich wurde Handwerksmeisterin, habe daher in meinen 13 Jahren Schule Unmengen nichtsnutzender Dinge gelernt. Vielleicht bin ich gerade deswegen intellektuell überlebensfähig.
als öffentlicher Apotheker brauche
Es arbeitet eben später nicht jeder Apotheker in der öffentlichen Apotheke.
Studieren heißt sich mit etwas auseinander zu setzen, um es (möglichst vollständig) zu verstehen. Dieses Hintergrundwissen ist notwendig potentielle Fehlerquellen aufzudecken und die Arzneimittelsicherheit zu gewährleisten. Denn das ist die Aufgabe der Apotheker. Wenn dir das zu viel ist, musst du PTA werden.
Naja, die ganzen Leute, die nur Pharmazie studieren um eine Apotheke aufmachen zu können hab ich sowieso nie ernst genommen. Das sind einfach keine richtigen Wissenschaftler...
Manches Wissen mag dafür notwendig sein, aber eben nur ein Bruchteil von dem was einem im Studium beigebracht wird...
Da irrst du dich. Die Aufgabe von Apothekern ist es unter anderem andere Heilberufler über Arzneimittel zu beraten und dafür muss man Ahnung von der Sache haben. Wenn man verstehen will, wie Arzneimittel funktionieren, braucht man Biochemie und um das zu verstehen braucht man erst mal die Grundlagen der Chemie. Die Wirkung eines Arzneistoffes an einem Rezeptor beruht z.B. auf Konformationsänderungen, die durch Molekülorbitale ausgelöst werden. Und dafür sollte man zumindest schon mal was von der Schrödinger-Gleichung gehört haben... Ähnliches gilt für die Galenik. Naja, wenn du das erst mal alles hinter dir hast, wirst du es vielleicht verstehen.
Es ist schon richtig, dass das meiste was man im Studium lernt in der öffentlichen Apotheke selten gebraucht wird. Wenn man andererseits bedenkt, dass 30 % aller Klinik-Einweisungen durch unkorrekte Anwendung von Arzneimitteln bedingt sind, ist da noch einiges zu tun. Liegt eben auch daran, dass viele ihren Job nicht ernst genug nehmen und einfach nur Geld scheffeln wollen. Aber die Aufgabe des Apothekers ist es nun mal die ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung der Bevölkerung sicherzustellen (§1 Apothekengesetz und §1 Bundesapothekerordnung) und nicht Geld zu verdienen.
Und ich hatte während meines Studiums nie das Gefühl etwas unnützes zu lernen.
Eigentlich brauchst du nur die Lizenz zur Eröffnung,und den Kredit von Papa. Den Rest machen sowieso die PTAs. Dann musst du nur noch das Geld zählen.
"Dieses Hintergrundwissen ist notwendig potentielle Fehlerquellen aufzudecken und die Arzneimittelsicherheit zu gewährleisten." Manches Wissen mag dafür notwendig sein, aber eben nur ein Bruchteil von dem was einem im Studium beigebracht wird... aber du hast recht, wenn du sagst, dass nicht nur öffentliche Apotheker das Pharmaziestudium absolvieren müssen, sondern eben auch analytische Pharmazeuten etc. Trotzdem empfinde ich es als eine Zumutung so viel für mich Irrelevantes zu lernen, aber da muss man wohl einfach durch ;) Ich hatte einfach eine falsche Vorstellung vom Studium, ich dachte das wird dann zumindest so auf den Apothekerberuf zugeschnitten, dass wenigstens ~die Hälfte für mich später mal relevant sein wird... Aber das ist man ja von der Schule gewohnt, dass die Welt so nicht läuft...