In die Theaterrolle besser hineinversetzen?

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Stanislawski sagt: Es gibt zwei "gewalzte Wege" - a) von außen nach innen oder b) von innen nach außen.

Du musst für dich herausfinden, welcher dir eher liegt.

Bei a) beginnst du damit, dich so zu bewegen, wie sich strenge, kühle Damen bewegen. Wenn du deine Wege auf der Bühne schon weißt, kannst du auch diese Wege abgehen und dich entsprechend bewegen. Beobachte strenge, kühle Damen (Fußgängerzone, Bahnhof) und mach das nach, was du siehst. Nimm Requisiten hinzu, wenn du schon weißt, welche du benutzen kannst / willst. Überlege dir eine spezielle Geste, einen Tick, den deine Figur öfter macht (Haare ausm Gesicht streichen ö.Ä.). Das Gefühl für die Rolle kommt dann von alleine, über die Körperlichkeit.

Bei b) "marschiert dein Geist voraus" und der Körper folgt. Fülle ein Rollenprofil aus (wie das geht, siehst du bei meinem Vorredner LeeStrasberg), sprich den Text in den entsprechenden Emotionen, lese dein Rollenprofil und überlege dir, welche Auswirkungen das auf die Figur hat, etc. Welche Anteile deiner eigenen Persönlichkeit kannst du in den Charakter integrieren? Wann bist du kühl oder korrekt? Mach dir diese Teile deiner Persönlichkeit bewusst und verstärke sie. Versuche, in diesem Zustand deine ausgefüllte Rollenbiografie durchzulesen und zu verinnerlichen. Versuche, ein Gefühl für die Figur zu gewinnen. Damit kommt dann die Körperlichkeit von alleine.

Ich bin eher ein b)-Typ, muss immer eigene Verhaltensweisen in die Rolle übertragen und dort ausbauen können. Aber für meine momentane Rolle habe ich auch viel mit der a)-Methode gearbeitet, indem ich mir Requisiten genommen habe und mich über eine konkrete Vorstellung des Aussehens und das bloße Gehen angenähert habe. Geholfen hat es mir, in irgendeiner Situation (Straßenbahn, Vorlesung, etc.) bewusst das Gefühl für die Rolle in mir wachzurufen und für eine begrenzte Zeitspanne meine Tätigkeit als die Rolle auszuüben. Wie fährt meine Rolle Straßenbahn? Wie sitzt meine Rolle in der Vorlesung? Das hat mir ermöglicht, dann auch auf der Bühne sicher in allen möglichen und unmöglichen Situationen zu sein, was meine Rolle anbelangt.

Hoffe, ich konnte dir ein bisschen helfen! :)))

Gruß, Schalk


Schalk  21.02.2014, 17:04

Hey, danke für den Stern! *freu

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Ich habe es beim Schauspielern immer so gehalten, dass ich die ganze Zeit über innerhalb der Rolle gedacht habe. Die passende Gestik und Mimik hat sich dadurch dann von allein eingestellt.

Also: die Gedanken, die zu Rolle passen erzeugen Gefühle, die zur Rolle passen, die widerum für den richtigen körperlichen Ausdruck sorgen.

Wenn es gilt, Gefühle darzustellen, die Dir sehr vertraut sind, dann kannst Du natürlich aus Deinem Erfahrungsfundus schöpfen und Dich direkt in die zur Rolle passende Stimmung hinein versetzen.

Manchmal kann auch die Verkleidung wertvolle Dienste leisten, weil die es einem viel leichter macht, Abstand von sich selbst zu nehmen.

das beginnt ja bereits mit dem Gesichtsausdruck, Du sollte richtig finster und ernst reinschauen... könnte Dir natürlich auch noch vormachen, wie Deine Stimme sein muss, aber... Du solltest auf jeden Fall recht laut und bestimmt reden... Habt Ihr keinen Regisseur, der kann Dir das vormachen... ;-)


Mutzifutzibaer 
Fragesteller
 14.01.2014, 18:43

Klar haben wir einen Regisseur,der es mir schon mal vorgemacht hat, aber so richtig einleuchtend fande ich das noch nicht. Danke für die Antwort, jetzt kann ich es mir schonmal deutlich besser vorstellen.

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schwarzwaldkarl  14.01.2014, 18:50
@Mutzifutzibaer

Du solltest auf jeden Fall auch vor dem Spiel üben und grundsätzlich auch an eine ernste Sache denken... nicht dass Du noch lachen musst... ;-)

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Hej. Gehe nicht über das Äußere, sondern über das Innere.

Idealerweise, das ist aber harte Arbeit: Überleg dir, durch welche Lebensereignisse die Frau so geworden ist. Und dann gehe das für dich emotional durch. Um kühl und streng zu sein, muss jemand sehr verletzt werden über lange Zeit, oft in der Kindheit. Und dann "gelernt" haben, sich selbst sehr sehr streng zu behandeln. ALso sehr diszipliniert mit sich selbst zu sein. Und das überträgt sich dann auf andere.

Schritt eins würde ich dir nicht unbedingt empfehlen, das ist eher was für Fortgeschrittene. Du kannst aber einfach mal passieren, was mit dir geschieht, wenn du einen oder auch mehrere Tage mal sehr sehr diszipliniert lebst. Also krass alles "richtig" machen, vom Aufstehen, Schlafanzug ganz ordentlich falten, Bett so machen, dass Ecke auf Ecke liegt, genau 3 Minuten Zähne putzen, Zahnpasta und Bürste genau paralell ausrichten usw. usf.

Und dann, wenn du dieses Gefühl kennst, kannst du es in der Rolle auch aktivieren. Und dann lass einfach geschiehen, was geschieht (ohne übertreiben), wenn jemand etwas macht, dass dieser Dame so richtig auf den Senkel geht.

Spannende Rolle! Viel Spaß!

Du hast Deine Frage eigentlich schon selbst beantwortet. Du musst Dich in diese kühle, strenge Dame hineinversetzen. Nur wenn man eine Rolle versteht und sie für sich nachvollziehbar macht, kann man sie glaubhaft spielen. Versuche herauszufinden, warum diese Dame so streng und kühl ist. Versucht sie vielleicht ihre Gefühle zu verbergen? Warum? Wie ist sie so geworden? Je mehr Fragen Du Dir zur Rolle stellst, umso mehr Antworten wirst Du finden und so wirst Du Sie immer besser verstehen. Hier ein Auflistung der wichtigsten Fragen. Beantworte sie am Besten schriftlich:

Name und Vorname der Rolle

Geschlecht

Alter

Geburtsort, derzeitiger Wohnort

Nationalität

Beruf

Äußere Erscheinung der Figur

Erscheinungsbild (Größe, Statur, Augenfarbe, Haarfarbe).

Kleidung (Lieblingskleidungsstücke, besondere Kleidung)

Besondere Merkmale (Leberflecke, Narben, Tätowierungen)

Behinderungen, Prothesen, körperliche Leiden

Innere Werte der Rolle

Moralische Werte (Was hält die Figur für richtig oder falsch?)

Intelligenz (Bildungsgrad, Abschlüsse, Wissen)

Lebenseinstellung (Welche Einstellung hat die Rolle zum eigenen Leben?)

Vorlieben und Abneigungen

Ängste, Sorgen, Befürchtungen

Was fällt der Figur leicht, was fällt ihr schwer, welche Dinge mag sie, was mag sie nicht?

Auffälligkeiten und Eigenarten

Sprechweise (Stottern, Stammeln, Dialekt, Akzent)

Mimik & Gestik (Bewegungen, Ticks ect.)

Psychische Auffälligkeiten (Halluzination, Wahnvorstellungen)

Sprache der Rolle (wichtig!)

Wie spricht die Figur? (langsam, schnell, hektisch)

Welche Wörter nutzt die Person? (Fremdwörter, einfache Sprache)

Ist sie belehrend, vorlaut, pietätlos, zögerlich etc.?

Geschichte der Figur Vergangenheit (Herkunft, Eltern, Geschwister, Ausbildung, ehemalige Freundschaften, Freunde aus Kindertagen, erste Liebe, besondere Erlebnisse, Traumata, Beziehung zu Mutter und Vater)

Gegenwart (Hobbies, Kinder, Verwandte, derzeitige Lebenssituation, Einkommen/Verdienst, Unternehmungen in der Freizeit, Wohnsituation, Lebensstandard, Beziehung/Partnerschaft)

Zukunft (Hoffnungen, Wünsche, Träume, Pläne, Vorhaben, Ziele)

Soziale Beziehungen der Rolle

Wie ist die Figur in die Gemeinschaft integriert?

Hat sie Feinde oder Neider?

Ist sie beliebt oder nicht beliebt?

Ist sie in Vereinigugen aktiv (politisch, sozial)?

→ Liste möglicher Charaktereigenschaften

Und das Wichtigste: Was will die Dame in jeder Szene? Was ist ihr Ziel? Und welche Hindernisse stellen sich ihr in den Weg?