Ich will keine körperliche Nähe zu meinem Vater – eure Meinung?
Hallo, es ist eigentlich keine Frage, vielleicht schreibt ihr mir einfach eure Meinung zu der Situation.
Ich bin 25 und wohne nicht mehr bei meinen Eltern. Als ich klein war, war ich das Lieblingskind meines Vaters. Ich habe zwei Brüder, aber er hat mich immer bevorzugt. Mit meiner Mutter stritt er häufig, weil sie mit ihm (fast) keinen Sex wollte. Er nannte sie „enthaltsame Kuh“.
Meine Mutter war eifersüchtig auf mich, weil er sich fast ausschließlich um mich interessierte und auf mich hörte. Er wollte mit mir ständig kuscheln, mich küssen und so, und ich spürte auch, dass sich die Beziehung zu meiner Mama dadurch verschlimmerte.
Ich schildere euch, was mich störte:
- Mein Vater wollte mich auf den Bauchnabel küssen, ich wehrte mich und habe dabei geschrien, aber er hielt mich so fest, dass ich mich nicht bewegen konnte. Ich weinte auch manchmal dabei.
- Er hat mich und meinen Bruder oft geschlagen und wir mussten dazu immer die Hose runterziehen.
- Er trug oft nur eine Unterhose und saß oft so, dass sein Glied zu sehen war. Wenn ich was dagegen hatte, war er nur sauer, dass es mich nichts angeht.
- Wenn er abends nach Hause kam, rannte er zu mir, umarmte mich so, dass ich mich nicht bewegen konnte, und küsste mich auf die Wange, obwohl ich mich jeden Tag darüber aufregte und ihm sagte, er soll mich in Ruhe lassen.
- Er nannte mich Parasit oder Insekt, weil ich als Parasit von seiner Arbeit lebe.
- Wenn er etwas isst, leckt er den Teller ab. Er spricht sehr laut in der Öffentlichkeit. Er trägt alte Klamotten, oft mit Löchern oder in einem sehr schlechten Zustand. Er riecht auch nicht gerade angenehm, er könnte seine Kleidung öfter wechseln.
Da ich den körperlichen Kontakt zu ihm reduzieren wollte, ignorierte ich ihn und wenn er was fragte, reagierte ich genervt. Dadurch verbesserte sich für mich die Situation und nur wenn ich Geburtstag hatte, musste ich diese körperliche Nähe ertragen, wenn ich keinen Streit wollte.
Jetzt wohne ich nicht mehr bei meinen Eltern, wir sehen uns etwa alle zwei Monate. Ich telefoniere auch oft mit meinem Vater, aber es ist mir unangenehm, wenn er in meiner Nähe ist - ich würde mich z.B. nie neben ihn auf das Sofa setzen.
Beim Abschied kommen aber wieder diese Küsse. Vorgestern ließ ich es nicht zu und dann war er wieder sauer. Und ich bin es auch, weil ich finde, dass ich über die körperliche Nähe selbst entscheiden kann, und habe keine Lust, mir sein verärgertes Gesicht anzuschauen.
Seine Meinung ist, dass ich einfach immer noch in der Pubertät bin. Ich sagte jetzt auch meiner Mama, er soll sich einfach für immer merken, dass ich immer in der „Pubertät“ bleiben werde und ihm höchstens die Hand reiche. Ich habe keine Lust, es mit ihm noch mal zu besprechen. Es kommen halt alle Erinnerungen wieder hoch und ich würde am liebsten meine Kindheit vergessen…
Sorry für den langen Text und bitte nur ernstgemeinte und keine beleidigenden Antworten.
4 Antworten
Ich könnte dir hier jetzt einen ganz langen Text zum Verhalten deines Vaters schreiben, aber ich mache das mal ganz kurz:
Dein Vater ist körperlich und psychisch gewalttätig, er zeigt ein rücksichtsloses, übergriffiges und respektloses Verhalten.
Er hat mich und meinen Bruder oft geschlagen und wir mussten dazu immer die Hose runterziehen.
Stelle dir mal vor, ihr hättet erwachsene Menschen (Nachbarn, Freunde - wen auch immer) bei euch zu Hause. Nun stelle dir mal vor, dein Vater würde die Nachbarn zwingen ihre Hose herunter zu ziehen, damit er sie schlagen kann.
Wie würdest du das dann nennen? Gewalttätig? Respektlos? Inakzeptabel?
Wo ist da der Unterschied zum Verhalten gegenüber den eigenen Kindern?
1) Inwiefern wundert es dich, dass du keinen körperlichen Kontakt möchtest?
2) Wie fühlst du dich, wenn du dich trotz Abneigung zu körperlicher Nähe erpressen lässt (-> "...musste ich diese körperliche Nähe ertragen, wenn ich keinen Streit wollte.")?
Ich nehme einmal an schlecht, richtig?
In dem Du dem nachgibst, grenzt du dich nicht von deinem Vater ab. Du vermeidest Streit - aber du grenzt dich so nicht von dem Verhalten deines Vaters ab.
Ich habe keine Lust, es mit ihm noch mal zu besprechen. Es kommen halt alle Erinnerungen wieder hoch und ich würde am liebsten meine Kindheit vergessen.
Gut so! Mache genau das wobei es dir gut geht und damit es dir besser geht.
Distanziere dich von deinem Vater. Sehe zu, dass du (ihr) unabhängig von ihm wirst. Gehe keinem Konflikt mit ihm aus dem Wege, sonst wird er dich noch lange psychisch und körperlich (Prügel) mißbrauchen.
Ich halte eine Trennung von deinem Vater für dich/euch und eine Therapie für ratsam.
Auch wenn du jetzt denkst "ich kome schon klar", ich vermute du hast so viele schutz- und Abwehrreaktionen in deiner Kindheit aufgebaut, dass du vermutlich später einen sehr ausgeglichenen und entspannten Partner brauchst, um eine glückliche Partnerschaft führen zu können.
Liebe Lucky6235,
in dem was du schreibst erkennte ich schon einige massive Probleme, die dir früher oder später größte Probleme in deiner Partnerschaft und deinem Leben bereiten werden:
"wenn jemand für mich Gefühle entwickelte, bekam ich Panik und trennte mich sofort."
=> Angst, verlassen zu werden?
"Ich bin sehr auf ihn fixiert"
=> Angst, verlassen zu werden?
"wenn wir ausnahmsweise eine Auseinandersetzung haben, macht es mich fertig und fange gleich an zu weinen und zittern und kann nicht aufhören."
=> Inwiefern findest du diese Reaktion "normal"?
Ich denke, du hast da ganz massiv unterdrückte Wut. Die macht dich fertig, die legt dich lahm.
"Ich habe früher nur sehr selten geweint und jetzt weine ich bei jeder Gelegenheit."
=> Vielelicht weil du gelernt hast deine Wut und auch andere Emotionen zu unterdrücken? Suche im Netz mal nach "Verbotene Gefühle".
"Ich glaube, ich habe einfach lange meine Emotionen versteckt und jetzt muss es raus. Vor meinen Eltern würde ich nie weinen." => hier hast du selbst schon erfasst was los ist!
"ich habe einfach lange meine Emotionen versteckt und jetzt muss es raus."
=> Ja... . Sie bingen dich sonst nach- und nach um.
"Vor meinen Eltern würde ich nie weinen."
=> Das kann ich sehr gut nachvollziehen!
"Mein Freund sagt auch, dass ich mich jetzt in der Beziehung sehr verändert habe - am Anfang war ich distanziert, mochte keine Romantik und jetzt suche ich ständig Nähe. Er kann aber damit leben und wir sind beide in der Beziehung glücklich."
=> Vorsicht, das klingt nach Co-Abhängigkeit. Man kann nicht nur von Drogen, Tabak und Alkohol abhängig werden, sondern auch von Menschen.
Co-Abhängigkeit fühlt sich an wie Harmonie, Verbundenheit - ist aber Abhängigkeit. Richtig schlimm wird es, wenn dein Freund -warum auch immer- einmal mehr Distanz von dir möchte. Raucher fühlen sich auch gut in dem Moment in dem sie rauchen! Schlimm wird es, wenn die Zigaretten auf einmal alle sind!
Übrigens, Männer finden auf Dauer nicht attraktiv, wenn Frauen abhängig sind oder "klammern". Selbst wenn du dich bewusst zurückhälst, unbewusst machst du es doch. Das lässt sich nicht verbergen (Schon mal versicht zu lachen wenn dir zum Weinen ist?).
Ich lasse hier alle Details einmal bei Seite und stelle mal meine Behauptung auf: "So kann man langfristig keine Beziehung führen, ohne daran zu Grunde zu gehen."
Fazit:
Das Vater hat euch mißbraucht und dein Leben nachhaltig versaut. Dein Vater ist ein Versager, ein Schläger und mißbraucht Frau und Kinder.
Ich empfehle dir, das alles mal mit einem Psychotherapeuten zu besprechen. Ich denke, du solltest lieber heute als morgen professionelle Hilfe suchen, damit du zu innerer Stärke kommst.
Selbst wenn du das nicht für notwendig hältst: Ich denke, du bist emotional absolut nicht gesund. Solltest du Kinder bekommen, dann bist DU(!) das Vorbild für deine Kinder. In dem Zustand in dem du gerade bist wird es die schwer fallen psychisch gesunden Kinder erziehen.
Ich wünsche dir viel Kraft und Ausdauer!
Es ist sehr nett von dir, dass du dir die Zeit genommen und noch mal geantwortet hast. Du hast viele Sachen auf den Punkt gebracht. Das Beispiel mit dem Raucher passt absolut.
Natürlich halte ich mein Verhalten nicht für normal, aber ich finde, es ist gut, dass ich jetzt wenigstens keine Angst habe, meine Emotionen zu zeigen, wenn ich mit meinem Freund bin. Auch wenn die Emotionen jetzt übertrieben und der Situation überhaupt nicht angemessen sind.
Ich weiß, dass der Vater ganz viele Fehler gemacht hat, aber trotz allem weiß ich, dass er seine Familie liebt. Er hat seine Erziehungsmethoden für richtig gehalten und er ist einfach davon überzeugt, dass die Frau sich nach dem Mann richten soll. Deswegen mag er auch die alten Filme, wo die Frau und die Kinder nichts zu sagen haben.
Seine Kindheit war alles andere als schön, seine Bedürfnisse wurden ignoriert und die Kinder wurden als etwas Minderwertiges angesehen.
Er fährt so gut wie gar nicht in den Urlaub, hat keine Freunde, ist von morgens bis spät abends nur in der Arbeit, auch am Samstag, und ist völlig erschöpft. Er kauft sich nie was, obwohl er sehr gut verdient.
In der Ehe ist er nicht zufrieden, mein jüngerer Bruder will mit ihm gar nicht reden und der ältere meldet sich eher nur, wenn er Geld will oder wenn er Probleme hat.
Ich bemitleide ihn…
Ich wünsche dir alles Gute und noch mal vielen Dank für deine Hilfe!
Eltern erziehen ihre Kinder - die dann ihre Erziehung an ihre Kinder weiter geben. Dazu kommt, dass sich jeder einen "passenden Partner" für seine eigenen Probleme sucht. Das hört sich schräg an, aber genau so ticken wir Menschen.
Dein Vater meint es vielleicht gar nicht böse - aber er ist eben so programmiert sich genau so zu verhalten.Ich übertrage das mal auf ein anderes Beispiel:
Dein Vater kann nicht richtig Auto fahren, er hat es nie gelernt. Nun bist du seine Tochter und du vertraust ihm dein Auto an. Er ist lieb und nett, fährt dein Auto aber gegen den Baum. Das hat er nicht absichtlich gemacht, das ist passiert obwohl er sich Mühe gegeben hat. Du kannst ihm nicht böse sein.
Aber das Ergebnis ist: Dein Auto ist Schrott. Du hast da jetzt einen Schaden. Ob dein Vater das Auto nun absichtlich kaputt gefahren hat oder nicht macht keinen Unterschied - dein Auto ist kaputt. Das braucht eine Reparatur.
Es ist deine Entscheidung was du tust. Ich empfehle dir, dich mit einem Psychotherapeuten zu unterhalten, eine Verhaltenstherapie könnte dir mehr helfen als du für möglich hälst. Im Moment bist du in einer stabilen Beziehung mit deinem Freund. Eine Therapie kann dir helfen, diese Beziehung dauerhaft zu erhalten. Auch deine Kinder würden von deiner Therapie profitieren, sehr sogar.
Ich danke dir. Ja, das ist ein gutes Beispiel mit dem Auto. Ich verstehe, was du meinst.
Ich bin mir aber nicht sicher mit der Therapie. Ich wollte jetzt eigentlich mehr Abstand von der Situation gewinnen und ich habe Angst davor, es mit jemandem dauernd zu besprechen, weil man dann ständig daran erinnert wird, und mir geht es danach nicht so gut.
Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass die Beziehung in die Brüche gehen würde. Mein Freund ist ausgeglichen, er ist ein Familienmensch, schaut keinen Frauen hinterher, kritisiert mich nicht, nimmt alles so, wie es ist… Also habe ich jetzt nicht das Gefühl, dass wir die Beziehung nicht erhalten können.
Ich habe auch meinen Freund nach seiner Meinung zu der Therapie gefragt, und er glaubt, dass ich diese nicht brauche und dass ich für die Kinder eine gute Mutter wäre…
Ich lasse es erst mal sein, bei meinem Freund wohne ich erst seit fünf Monaten, davor war ich noch bei meinen Eltern, also verbessert es sich hoffentlich noch mit der Zeit.
Verhalte dich weiterhin so!
Reich ihm die Hand zur Begrüßung/Verabschiedung und das war's dann auch. Falls er das nicht akzeptieren soll, erkläre ihm in ruhigem und geduldigen Tonfall, dass du das so möchtest und er das zu akzeptieren hat.
Du bist kein Kind mehr und kannst deine eigenen Entscheidungen treffen.
Wenn er sauer werden soll, lass ihn. Irgendwann wird er das verstehen müssen wenn er weiterhin Kontakt zu dir haben möchte.
Lucky6235 wird vom Vater körperlich und psychisch mißbraucht.
Inwiefern empfindest du "Reich ihm die Hand" und "erkläre ihm in ruhigem und geduldigen Tonfall, dass du das so möchtest" als angemessene Reaktion?
Es ist zumindestens mal angemessener, als es einfach über sich ergehen zu lassen und sich dabei schlecht zu fühlen? Es ist ein Anfang, den er/sie ohne größere Probleme machen könnte...
Du kannst ihm ja immer Mal sagen das du kein Kind bist und es eher komisch ist wenn der eigene Vater noch sowas tut. Du könntest auch wenn er sauer ist fragen was sein Problem dabei ist.
Wenn du keine Nähe willst ist das eben so.
Vielen lieben Dank, du hast dir wirklich Mühe gegeben mit deiner Antwort. Ich finde, diese Kindheit hat auch meine Partnersuche sehr beeinflusst. Ich war fast immer nur mit älteren Männern zusammen (der eine war sogar 40 Jahre älter) und wenn jemand für mich Gefühle entwickelte, bekam ich Panik und trennte mich sofort.
Jetzt bin ich schon vier Jahre mit meinem Freund zusammen, er ist 13 Jahre älter, aber er ist sehr ausgeglichen, er ist nie mies drauf war oder so und seine innere Ruhe hilft mir sehr.
Ich bin sehr auf ihn fixiert, die Beziehung ist harmonisch, aber wenn wir ausnahmsweise eine Auseinandersetzung haben, macht es mich fertig und fange gleich an zu weinen und zittern und kann nicht aufhören.
Ich habe früher nur sehr selten geweint und jetzt weine ich bei jeder Gelegenheit. Ich weine sogar manchmal, wenn mein Freund kurz vorm Einschlafen ist, weil er dann schlafen wird und wir somit die Zeit nicht miteinander verbringen (ja, ich weiß, total bescheuert). Ich glaube, ich habe einfach lange meine Emotionen versteckt und jetzt muss es raus. Vor meinen Eltern würde ich nie weinen.
Mein Freund sagt auch, dass ich mich jetzt in der Beziehung sehr verändert habe - am Anfang war ich distanziert, mochte keine Romantik und jetzt suche ich ständig Nähe. Er kann aber damit leben und wir sind beide in der Beziehung glücklich.
Über eine Therapie denke ich auch nach. Und ja, du hast recht, ich distanziere mich jetzt lieber und werde nicht den Konflikten mit meinem Vater aus dem Weg gehen.