Hat die Kirche die Schuld an der Hexenverfolgung während der Neuzeit zugegeben?

5 Antworten

<strong>Heinlein:</strong> Ketzerprozesse, Hexenverbrennungen und Kreuzzüge sowie das dunkle Kapitel des Judenhasses. 2000 Jahre Kirchengeschichte sind auch geprägt von den blutigen Verfehlungen der Kirchenoberen und ihrer Anhänger. Als erster Papst der Kirchenhistorie entschuldigte sich gestern Johannes Paul II. für die Irrtümer und Verbrechen, die im Namen des katholischen Glaubens begangen worden sind. Das Mea Culpa des Papstes wird von vielen Theologen als eine historische Geste eingestuft. Kritiker dagegen bemängeln, das Kirchenoberhaupt habe es versäumt, sich konkret für die Verbrechen der Vergangenheit zu entschuldigen.

März 2000

Da muss man schon etwas differenzieren.

Der Hexenwahn der frühen Neuzeit ist zwar sicherlich von den Krichen und ihren Glaubensbildern ein Stück weit befeuert worden, andererseits entspringen weite Teile der Hexenvorstellungen dem damaligen Aber- und Volksglauben, der mit dem damals gepredigten Christentum mitunter nicht ganz so viel zu tun hatte.

Sich die damalige europäische Welt als eine rein kanonisch christliche darzustellen, geht etwas an der Realität vorbei, denn auch wenn das Christentum selbst in Europa die vorherrschende Religion war, existierten abseits davon in weiten Folksgruppen dinge, die wir heute wohl als "esotherisch" oder "spiritistisch-abergläubig" bezeichnen würden und die entwickelten von Zeit zu Zeit Eigendynamiken. Das ist beim Hexenwahn mitunter der Fall gewesen, dass ist auch im Mittelalter bei Wehrwolfsvorstellungen etwa der Fall gewesen oder auch bei den Vampyrismusphantasien der Neuzeit.

In der Regel haben die Amtskirchen solche Vorstellungen eher anzugreifen als zu befeuern versucht, was natürlich Ausnahmen nicht ausschließt.

Insofern haben die Kirchen weniger Jagt auf eingebildete "Hexen" gemacht als man gemeinhin annimmt, dafür spielen aber Dynamiken innerhalb der Bevölkerung und auch weltliche Gerichtbarkeit eine größere Rolle, als gemeinhin bekannt.

Mir persönlich ist nicht bekannt, dass sich die Kirchen einmal groß zum Hexenwahn in der frühen Neuzeit bekannt hätten, unter Verweis auf das was ich oben dazu geschrieben habe stellt sich aber auch die Frage, inwiefern das angemessen wäre, denn in der Regel haben die Kirchen schon im eigenen Machtineresse solche Auswüchse eher zu bekämpfen als zu fördern versucht.

Nein, da sie (nach eigener Auffassung) nie geirrt hat, nicht irrt und auch nie irren wird. Sie hat lediglich zugegeben, dass einige Personen geirrt haben.

Da fällt es wohl einigen schwer, ihren Hass auf die kath. Kirche zu zügeln, wie etliche Antworten hier zeigen.

Sachlich:

1) Welche Kirche wird hier angesprochen? Auch Luther und Calvin haben zu Hexenverbrennungen aufgerufen. Man müsste also schon fragen: "Haben die christlichen Kirchen ..."

2) Die Kirchen waren für Verstöße gegen den Glauben zuständig und haben deshalb Ketzer verfolgt. Bei Schadenszauber von Hexen und Zauberern waren sie nicht zuständig, das lief vor weltlichen Gerichten. Erst als die Leute merkten, dass sie besser der verhassten Nachbarin nicht nur den "bösen Blick", sondern auch Unzucht mit dem Teufel vorwerfen sollten, weil sich dann auch die Kirchen einmischten, wurde die Grenze zwischen Ketzerei und Schadenszauber verwischt.

3) Es war die christliche Kirche, die bis ins 12. Jahrhundert nicht die Hexen und Zauberer, sondern den Aberglauben daran verbat. Auch in späteren Jahrhunderten gab es gerade in rein katholischen Ländern wie Italien und Spanien sehr wenige Hexenprozesse im Vergleich zu Frankreich, Belgien, den Niederlanden, Deutschland. Der Widerstand gegen den Hexenwahn, der sich dann erst Ende des 17. Jahrhunderts durchsetzte, ging von kath. Priestern aus (bekannt ist Friedrich Spee).

4) Schuld waren vor allem die Landesherrn (darunter aber auch Bischöfe), die dem Treiben der Hexenverfolger trotz entsprechender Berichte über gröbste Rechtsverstöße bei Hexenprozessen kein Ende setzten, teils, weil sie auch davon profitierten.

5) Aus alledem geht hervor, dass sich die kath. Kirche zwar teils mitschuldig gemacht hat, aber nicht deshalb die ganze Schuld auf sich nehmen muss. Eine öffentliche Verurteilung der damals sich mitschuldig gemacht habenden Kirchenamtsträger (darunter auch Päpste, die leichtfertig Hexenverfolgern Ermächtigungen ausstellten) täte heute natürlich gut. Auch eine Entschuldigung der heutigen Regierungen als Rechtsnachfolger der damaligen weltlichen Herrschenden ;-))

Ich empfehle allen, die sich ein fundiertes Urteil erlauben wollen, die Lektüre des Buches: In drei Teufels Namen, von Dieter Breuers. 2007 erschienen. ISBN 978-3-7857-2309-8

Hat die Kirche denn die Schuld an den Kreuzzügen zugegeben? Oder an all den anderen Verbrechen, die durchaus von kirchlicher Seite begangen wurden?

Gruß Than