Gibt es Gedanken, die wir nur deshalb nicht denken können, weil uns die Sprache dafür fehlt?
4 Antworten
Ja.
Ein IT'ler wird eher ein Softwareproblem lösen können, als jemand, der sich nicht damit auskennt.
Ein Arzt wird eher eine Heilmethode finden, als jemand, der sich nicht damit auskennt.
Kurz gesagt: Jeder, der sich in einem Fachgebiet auskennt (evtl sogar studiert hat), wird Gedanken haben, die man selbst nicht nachvollziehen kann.
Gehört sicherlich dazu. Aber Sprache allein bringt einem auch nicht viel, wenn man das Konzept und das Erlebnis dahinter nicht verinnerlicht hat.
Also beispielsweise weiß so gut wie niemand, was eine Depression, Borderline oder Schizophrenie ist außer die, die es erlebt haben.
Klar, man kann sich gewisse Erklärungen und Symptome dazu anlesen und das macht den Umgang etwas einfacher. Aber das Erlebnis selbst wird dadurch kein Stück greifbarer. Das merk ich immer wieder in Gesprächen mit Betreuern und Ärzten.
Gibt es Gedanken, die wir nur deshalb nicht denken können, weil uns die Sprache dafür fehlt?
Ja, genauso ist es. Schon beim Bücherlesen, aber spätestens beim Fremdsprachenlernen tut sich eine Welt auf, die unterschiedliche Sichtweisen und Philosophien bereithält.
Das ergibt sich bei jeder Sprache aus der Wortwahl, den Wortstämmen und ihrer Etymologie. Aus solchen Gedanken ergeben sich Denkweisen.
Mein Denken ist unendlich 'breiter' geworden, seit ich beruflich bedingt ein paar Jahre lang im Ausland gelebt und in drei Sprachen kommuniziert habe. Jede der Sprachen beinhaltet eine eigene Weltsicht.
Wenn ich jetzt ein Thema bearbeite, geht ein ausgedehnter 'Synapsenzirkus' los, da ich mehrere Perspektiven auf das Thema in den Fokus rücken kann.
Bei mir erkenne ich, dass deine These zutrifft, und zwar dadurch, dass mein tieferes Denken oft erst einsetzt, wenn bei anderen nichts mehr kommt. Ich sehe das als Ergebnis von Mehrsprachigkeit und bin froh darüber, da diese Erweiterung für mich zu Lebensqualität beiträgt.
Deshalb habe ich mich immer dafür eingesetzt, das Menschen Sprachen lernen und mindestens ein Jahr im Ausland verbringen, und zwar nicht als Tourist, sondern in Kontakt mit Muttersprachlern! Damit reflektiert man sich selbst wieder ganz anders.
Auch im Hinblick auf den Umgang mit dem Fremden tut es gut, mal eine zeitlang selbst in dieser Rolle gewesen zu sein! Denn plötzlich kann man neue Gedanken denken !
Nein. Ich denke Gedanken, für die mir jegliche Begrifflichkeit fehlt. Was ja auch mit fast allen Gefühlen so ist. Ein "Ich liebe Dich" bildet ja nicht im Geringsten die Komplexität der Gefühle und Gedanken ab.