Gibt es eigentlich neue Erkenntnisse von dem Triceratops das er eigentlich ein torosaurus war?

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Die Therorie, dass gleich mehrere Dinosauriergattungen aus der Hell-Creek-Formation in Wahrheit synonym zueinander sind, wurde im Jahre 2010 von Jack Horner aufgestellt. Und tatsächlich sprechen einige Indizien sehr dafür, dass Triceratops horridus und Torosaurus latus ein und dieselbe Spezies darstellen, und das auch die andere Gattungen wie Diceratus, Nedoceratops und Tatankaveratops ebenfalls Individuen des gleichen Tieres sind. Da Triceratops allerdings als erstes bereits im Jahre 1989 von Othniel C. Marsh beschrieben wurde und er seinen Namen somit zwei Jahre früher bekam als Torosaurus, hätte der Name "Triceratops" gemäß der Prioritätsregel vorrang gegenüber dem Namen "Torosaurus".

Triceratops ist zwar einer der bekanntesten Dinosaurier und in Hell Creek war er auch ausgesprochen häufig und gehört zu den häufigsten gefundenen Dinosauriern überhaupt, allerdings wurde noch niemals ein vollständiges Skelett von ihm entdeckt. Die Rekonstruktionen des Tieres basieren vor allem auf Schädelfunden: Bislang wurden über 50 Schädel gefunden, die Triceratops zugeschrieben wurden. Die Studie aus dem Jahre 2010 beschäftigte sich vor allem mit diesen Schädeln, wobei Horner und seine Kollegen folgendes feststellten:

  • Bei den kleinsten Schädeln, die vermutlich von Jungtieren stammten, fand man einen ausgeprägten Rand von kleinen, dreieckigen Knochen am Nackenschild. Bei etwas größeren Schädeln, die von Jungtieren stammten, flachten sich diese Knochen immer weiter ab und begannen mit dem Nackenschild zu verschmelzen. Den größten Schädeln fehlen sie ganz.
  • Die Stirnhörner auf den kleinsten Schädeln zeigten in einem flachen Bogen nach oben. Bei den mittelgroßen Schädeln begannen sie, sich nach unten zu krümmen. Bei den größten Schädeln weisen sie fast horizontal nach vorn.
  • Der Nackenschild von den kleinsten Individuen besteht aus einem massiven Knochen und ist relativ kurz. Bei mittelgroßen Individuen beginnt der Schild sich symmetrisch auf beiden Seiten leicht auszudünnen, der Schild verlängert sich und beginnt sich nach hinten wegzustrecken. Die größten Schädel verfügen nur über wenig harte Knochensubstanz links und rechts zur Mittelachse des Nackenschildes.

Die Paläontologen schlossen daraus, dass sich Ceratopsier im Laufe ihres Lebens äußerlich stark veränderten und dass sich vor allem ihre Schädel in verschiedenen Altersstufen deutlich voneinander unterschieden. Dies könne es einem geschlechtsreifen Triceratops einfacher gemacht haben, paarungsbereite Artgenossen von nichtgeschlechtsreifen Tieren zu unterscheiden.

Besonders die Beobachtung, dass sich der Nackenschild etwa dort, wo bei Torosaurus die beiden berühmten Fensterlöcher befinden, bei den größten Triceratops-Schädeln nur eine sehr dünne Knochensubstanz befindet, ließ die Paläontologen zu der Schlussfolgerung kommen, dass die Schädel des Torosaurus in wahrheit zu vollständig ausgewachsenen Triceratops-Exemplaren gehören: Bei diesen hätte sich der Schädel dann am Ende ihrer Wachstumsphase noch weiter nach hinten gezogen und die Knochensubstanz der beiden Fenster hätte sich ganz abgebaut, wodurch dann die beiden großen Löcher entstanden wären. Die These erhielt großen Zuspruch, weil bislang auch noch niemals ein Schädel eines Torosaurus-Jungtiers gefunden worden war.

Allerdings sprechen einige Indizien gegen diese Theorie: Besonders die Größe der Torosaurus-Überreste, die neben den Schädeln auch Teile des Rumpfskeletts beinhalten und deutlich kleiner sind als die Überreste der größten Triceratops-Fossilien. Das größte Torosaurus-Exemplar war vermutlich nicht mehr als 8m lang und damit um einen guten Meter kürzer als der größte Triceratops. Und auch Horners Jungtier-Argument wurde inzwischen entkräftet, als man in der jüngeren Vergangenheit nun doch einen recht eindeutigen Torosaurus-Schädel gefunden hat, der von einem subadulten Exemplar stammen muss und deutlich kleiner ist als die größten Triceratops-Schädel.

Trotzdem kann Horner immer noch Recht haben: Auch wenn die größten Torosaurus-Schädel kleiner waren als die des Triceratops, so könnten beide immer noch zur gleichen Spezies gehören. Ich persönlich vermute, dass Torosaurier tatsächlich ausgewachsene Triceratopsier sind, und zwar die Männchen der Spezies. Das Geschlecht eines Triceratops-Fossils zu bestimmen ist zwar aufgrund der Unvollständigkeit des Skelettmaterials unmöglich, aber bei vielen Vogelarten weisen die Männchen eine charakteristische Besonderheit auf - sie haben Kopfkämme, bunte, schillernde Schmuckfedern oder andere Merkmale, die den Weibchen fehlen. Wenn die riesigen Nackenschilde bei Ceratopsiern wirklich wie vermutet der Brautwerbung dienten, ist es nicht verwunderlich, wenn nur die Männchen langgestreckte Schädel mit Schädelfenstern hatten - die dann wahrscheinlich auch kunterbunt gefärbt waren, wenn die Tiere paarungsbereit waren. Triceratops-Männchen könnten aufgrund eines Geschlechtsdimorphismus etwas kleiner geworden sein als ihre weiblichen Artgenossen, die einen verhältnismäßig kurzen Nackenschild ohne Schädelfenster behielten, wenn sie ausgewachsen waren. Auch bei vielen heutigen Raubvögeln ist das Weibchen zum Teil deutlich größer als das Männchen - und da Dinosaurier sehr eng mit Vögeln verwandt sind, könnte es auch bei ihnen solche geschlechtsspezifischen Größenunterschiede gegeben haben.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Umfassende Recherchen für meinen Roman über Dinosaurier.