Gab es das i ohne Punkt ( ı ) früher auch im Deutschen?

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Erstmal musst du ganz klar zwischen Lauten (Phonemen) und Buchstaben (Graphemen) unterscheiden. Der türkische Buchstabe <ı> repräsentiert den ungerundeten, geschlossenen Hinterzungenvokal /ɯ/. Der türkische Buchstabe repräsentiert dagegen den ungerundeten, geschlossenen Vorderzungenvokal /i/. Hinterzungenvokale heißen übrigens deshalb so, weil sich die Zunge bei der Artikulation weiter hinten im Mund befindet als bei Vorderzungenvokalen. Der Unterschied zwischen offenen und geschlossenen Vokalen besteht darin, dass der Kiefer unterschiedlich weit geöffnet ist. Ungerundet bedeutet, dass deine Lippen bei der Artikulation nicht gespitzt, sondern breitgezogen sind.

Nun zum deutschen Buchstaben . Das Graphem repräsentiert im Deutschen zwei unterschiedliche Laute, nämlich einmal das lange (gespannte) /i:/ wie in und das kurze (ungespannte) /ı/ wie in . Beides sind ungerundete, geschlossene Vorderzungenvokale, das ungespannte [i] ist jedoch wie schon erwähnt kürzer, wird mit weniger Muskelspannung artikuliert und es kann auch sein, dass der Kiefer ein wenig weiter geöffnet ist als beim gespannten [i],

Was können wir nun daraus schließen? Den türkischen Laut /ɯ/ hat es im Deutschen nie gegeben. Das ungespannte deutsche /ı/ hört sich zwar recht ähnlich an, ist aber dennoch anders. Und ob wir jetzt das Graphem mit oder ohne Punkt schreiben, ist relativ wurscht, es sei denn, dass und <ı> unterschiedliche Laute repräsentieren, dann ist der i-Punkt tatsächlich relevant, sonst aber nicht.