Frage an alle, die eine Lehrstelle suchen, aber keine finden: Woran liegt das Eurer Meinung nach ...?
... angesichts der Tatsache, dass bei der Agentur für Arbeit derzeit auf jeden Bewerber 1,6 bis 3,5 freie Ausbildungsstellen kommen?
4 Antworten
Ich denke, die Ursache dafür liegt oft daran, dass es wahnsinnig viele Berufe gibt, aber junge Menschen in dem Alter, wo es um die Suche nach einer Ausbildungsstelle geht, von der Existenz vieler dieser Berufe gar nichts wissen und auch ihre eigenen Stärken und Talente in vielen Bereichen noch gar nicht finden konnten.
Genau da sehe ich übrigens die Verantwortung bei den Ausbildungsbetrieben in den Bereichen, wo Nachwuchsmangel so heftig beklagt wird. Es wäre an diesen Betrieben, aktiv junge Menschen für ihren Beruf zu werben und ihnen die Möglichkeit zu geben, herauszufinden, ob sie vielleicht dort hin passen würden!
Inzwischen gibt es zum Beispiel an allen Schulen irgendwann im Laufe der Schulzeit oft sogar mehrere Praktika, die die Schüler*innen absolvieren müssen. Das wäre zum Beispiel ein sehr guter Ansatzpunkt für Betriebe! Wenn diese auf die Schulen zugehen und dort aktiv selbst Informationen und Praktikumsplätze anbieten würden, könnten sie sicherlich einige junge Menschen erreichen, die sonst doch nur irgendwie notfallmäßig zwei Wochen lang Regale bei Rewe einräumen oder das dritte mal in irgendeiner Kita Tische abwischen.
Und ich denke, dass das Thema "assistierte Ausbildung" von der Bundesagentur für Arbeit dringend eine große, intensive Marketingkampagne bräuchte. So, dass dieses Angebot wirklich bekannt und mehr genutzt wird. Damit sich Betriebe einfach mal trauen, auch denen eine Chance zu geben, die nicht so gute Noten oder unentschuldigte Fehltage auf dem Zeugnis haben. Und damit diese jungen Menschen die Unterstützung bekommen, die sie wahrscheinlich dringend brauchten und noch nie in ihrem Leben bekommen haben, um die Ausbildung zu schaffen.
Das wären so die zwei Stellschrauben, wo man meiner Ansicht nach mit vergleichsweise wenig Aufwand und viel Nutzen ansetzen könnte, um dieses Problem auf beiden Seiten mal anzugehen!
Viele Lehrstellen im Handwerk sind im Endeffekt nur die Suche nach billigen Arbeitern, die sich die kolerischen Ausfälle ihres Chefs anhören müssen, während sie für unter Mindestlohn stark körperlich arbeiten müssen.
Eine Freundin von mir fand es auf dem Bau so sexistisch, dass sie sich zwei mal eine andere Stelle suchen musste.
Was hilft es einem, der eine Lehrstelle als Fachinformatiker sucht, dass es viele freie Stellen für Gas- und Wasserinstallateure gibt?
Das Matching ist eines der Hauptprobleme.
Ganz sicher nicht. Diese Zahlen vergleichen die sogenannten "unversorgten" Bewerber mit den von den Unternehmen gemeldeten freien Stellen - quer über alle Berufsfelder. Darum sind diese Zahlen in der Tat auch nur von sehr begrenztem Aussagewert. Hier findest du für das Jahr 2023 die genaueren Zahlen und auch die Berrechnungsgrundlagen etc. (und auch viele Antworten auf deine Frage). Da wird das auch mal berufsfeldspezifisch betrachtet, ja, aber da sieht man schnell eine sehr viel größere Spreizung (von 22 Bewerbern auf 100 Plätzen in der Lebensmittelherstellung, 43 im Hoch- und Tiefbau, bis hin zu 328 in der Immobilienwirtschaft).
Die Zahlen, die du zitierst, geben die regionale Spreizung wieder, weil sie aus der Zusammenfassung der Agenturbezirke sind. Fachlich wird da nicht differenziert. Aber du hast völlig recht - wegen der fachübergreifenden Betrachtung sind die Zahlen nur sehr bedingt hilfreich.
Wenn die Zahlen nicht berufsfeld-spezifisch gemeint wären, stünde da nur eine Zahl. Tatsächlich aber wird gesagt, dass derzeit auf jeden Bewerber 1,6 bis 3,5 freie Ausbildungsstellen kommen.
Zu lesen ist das als "Je nach Beruf kann die Zahl bis hin zu gut einem Faktor 2 anders sein".
Zu lesen ist das als: Je nach Region kann die Zahl zwischen ... und .. liegen.
Wie ich schrieb: nicht die Spreizung nach Berufsfeld, sondern nach Region. Und dann muss man noch genau sehen, wie das gemeint ist - freie Stellen/gemeldete Stellen, Bewerber überhaupt/ausbildungssuchend gemeldete Bewerber, da ist überall viel Luft drin.
Na gut: So könnte es natürlich auch gemeint sein. Aber wissen wir's?
Nicht jede/r Ausbildungssuchende paßt zu jedem Ausbildungsplatz
Wo Statistiken die Zahl freier Stellen pro Bewerber angeben, sind diese Zahlen ganz sicher spezifisch zum Berufsfeld gemeint. Anders würden sie ja gar keinen Sinn machen.