Edelgaskonfiguration Lithiumbromid?

2 Antworten

Moin,

Edelgase sind Elemente, die ihren Gruppennamen dem Umstand verdanken, dass sie praktisch keine stabilen Verbindungen mit anderen Elementen eingehen. Sie sind quasi zu „edel”, um sich auf Verbindungen mit anderen Elementen einzulassen. Das liegt daran, dass Edelgase Atome haben, die eine mit Elektronen voll besetzte Außenschale haben.

Jede Veränderung dieser Elektronenanordnung wäre daher energetisch nachteilig für Edelgasatome. Und weil jede chemische Reaktion zu einer Veränderung in den Elektronenhüllen der beteiligten Atome führt, gehen Edelgasatome im Grunde keine Verbindungen mit anderen Elementen ein.

Die Anzahl und Anordnung von Elektronen in Edelgasatomen bezeichnet man daher auch als Edelgaskonfiguration.

Die Edelgaskonfiguration ist energetisch so stabil, dass alle Atome der anderen Elemente, die keine Edelgaskonfiguration haben, diese anstreben. Deshalb reagieren alle anderen Elemente munter miteinander, denn das ist die Chance für ihre Atome, auch eine Edelgaskonfiguration der Elektronen in ihren Atomhüllen zu erreichen.

Was nun das Lithiumbromid angeht, so sind darin die Ionen Li+ und Br enthalten.

Wie entstehen nun diese Ionen?

Lithium (Li) findest im Periodensystem der Elemente (PSE) in der 1. Hauptgruppe (HG) und in der 2. Periode auf Platz 3. Das gibt dir folgende Informationen über die Hülle von Lithiumatomen:

Die Ordnungszahl 3 sagt dir, dass ein Lithiumatom im Kern drei Protonen hat, weil die Ordnungszahl (Platz im PSE) mit der Protonenzahl übereinstimmt.

Da ein Atom ein elektrisch ungeladenes Teilchen ist, die Protonen im Kern aber positiv geladen sind, muss ein Lithiumatom auch drei negative Ladungsträger haben. Das sind in atomaren Teilchen die Elektronen.
Deshalb weißt du, dass ein Lithiumatom auch drei Elektronen in der Hülle haben muss, denn nur wenn es drei negativ geladene Elektronen hat, kann es die drei positiv geladenen Protonen im Kern in ihrer Wirkung ausgleichen und nach außen ungeladen erscheinen.

Die Hauptgruppennummer 1 verrät dir, dass die Außenschale eines Lithiumatoms ein Elektron hat (ein Valenzelektron oder auch ein Außenelektron), weil die Hauptgruppennummer die Anzahl der Außenelektronen angibt.

Und die 2. Periode verrät dir, wie viele Schalen in der Hülle überhaupt mit Elektronen besetzt sind, in diesem Fall zwei.

Das bedeutet, dass ein Lithiumatom

  • 3 Protonen im Kern hat,
  • 3 Elektronen insgesamt in der Hülle hat,
  • 2 Elektronen davon in der innen liegenden K-Schale (= 2 Rumpfelektronen) hat,
  • 1 Elektron in der L-Schale (= als einzelnes Valenzelektron) ist.

Nun musst du wissen, dass in die innerste Schale (die K-Schale) insgesamt höchstens zwei Elektronen passen (dann ist diese Schale voll besetzt).
In die L-Schale passen insgesamt höchstens acht Elektronen, dann ist auch diese Schale voll besetzt.

Um nun also eine Edelgaskonfiguration erreichen zu können, haben Lithiumatome grundsätzlich zwei Möglichkeiten: entweder nehmen sie sieben weitere Elektronen auf (damit die L-Schale auf acht Elektronen kommt) oder sie werden das einzelne Valenzelektron los (sie geben es ab). Letzteres ergibt auch eine Edelgaskonfiguration, weil die L-Schale wegfallen würde, wenn ein Lithiumatom das einzelne Valenzelektron abgeben würde. Aber ohne die L-Schale wird die nächstinnere Schale zur neuen Außenschale. Und diese neue Außenschale wäre die K-Schale, in der ja die beiden Elektronen sind, die dort maximal hineinpassen. Da die K-Schale somit voll besetzt ist, hätten Lithiumionen nach der Abgabe eines Elektrons eine Edelgaskonfiguration, verstehst du?!

Nun erfordert das Entfernen eines Elektrons aus der Hülle etwa genau so viel Energie wie die Aufnahme eines Elektrons in die Hülle.
Da ist es ziemlich logisch, dass es für Lithiumatome viel leichter ist, ein Elektron abzugeben als sieben aufzunehmen.
Darum geben Lithiumatome in chemischen Reaktionen gerne ihr einzelnes Valenzelektron ab.
Doch nach der Abgabe erhalten die ehemaligen Lithiumatome plötzlich eine elektrische Ladung. Sie werden zu einfach positiv geladenen Lithiumkationen.

Warum? - Ganz einfach... Was verändert sich, wenn ein Lithiumatom ein Elektron abgibt? - Eben! Die Elektronenhülle. Was verändert sich nicht, wenn ein Lithiumatom ein Elektron abgibt? - Genau! Der Atomkern.

Im Kern sind nach wie vor 3 positiv geladene Protonen. In der Hülle sind nun (nach der Elektronenabgabe) aber nur noch zwei negativ geladene Elektronen:

3 Protonen = 3 Plusladungen
2 Elektronen = 2 Minusladungen
----------------------------------------------------
1 Plusladung bleibt unausgeglichen übrig

Darum sind Lithiumionen nach der Abgabe eines negativ geladenen Elektrons einfach positiv geladen; es entsteht ein Lithiumkation.

Das Lithiumkation hat in seiner Hülle die Edelgaskonfiguration eines Heliumatoms, denn Heliumatome haben von Natur aus zwei Elektronen in ihrer K-Schale und damit eine voll besetzte Außenschale.

Merk dir noch folgendes: Ein Lithiumatom wird durch die Abgabe eines Elektrons nicht zu einem Heliumatom (denn Heliumatome haben nur zwei Protonen im Kern!). Aber ein Lithiumatom wird durch die Abgabe eines Elektrons zu einem Lithiumkation, das die gleiche Elektronenhülle wie ein Heliumatom hat. Das Lithiumkation hat die Edelgaskonfiguration eines Heliumatoms!

Die Elektronenhüllen von größeren Atomen (ab Periode 3) ist komplizierter. Aber du fährst ganz gut mit der Regel, dass acht Elektronen in der Außenhülle immer zu einer Edelgaskonfiguration führt (Oktettregel).

Darum kannst du jetzt auch verstehen, welche Edelgaskonfiguration ein Bromidanion bekommt.

Brom hat Atome, die 35 Protonen im Kern und folglich auch 35 Elektronen in der Hülle haben.
Brom steht in der 7. Hauptgruppe. Also sind in der äußeren Schale sieben Elektronen.
Das Bromatom könnte nun also entweder diese sieben Elektronen abgeben, damit seine N-Schale leer und damit wegfallen würde. Oder es könnte ein Elektron aufnehmen, um in der N-Schale auf die acht Elektronen zu kommen und diese voll zu bekommen.
Auch hier leuchtet ein, dass die Abgabe von sieben Elektronen viel mehr Energie kosten würde als die Aufnahme von nur einem einzigen Elektron.
Darum nehmen Bromatome in chemischen Reaktionen gerne ein Elektron auf. Dadurch werden sie allerdings zu einfach negativ geladenen Bromidanionen, weil sie mit dem Elektron ja immerhin einen negativen Ladungsträger aufnehmen:

35 Protonen = 35 Plusladungen
36 Elektronen = 36 Minusladungen
--------------------------------------------------------
1 Minusladung mehr...

Und welches Edelgas hat auch 36 Elektronen? - Genau! Das Edelgas Krypton (Kr) steht im PSE auf Platz 36, hat also 36 Protonen im Kern und folglich in seiner Atomhülle auch 36 Elektronen.

Auch hier gilt: Durch die Aufnahme eines Elektrons wird Brom nicht zu Krypton, aber es erhält die gleiche Elektronenhülle wie sie Kryptonatome von Natur aus haben.

Alles klar geworden?

Praktisch kannst du in Zukunft auch folgendermaßen vorgehen: Schau dir an, welches Edelgas näher an deinem Hauptgruppenelement liegt, das davor oder das folgende?!

Wenn das davorliegende näher ist, werden Elektronen abgegeben und es entstehen positiv geladene Kationen.
Wenn dagegen das nachfolgende näher liegt, werden Elektronen aufgenommen und es entstehen negativ geladene Anionen.

Beachte, dass dieser einfache Zusammenhang so aber nur für Hauptgruppenelemente gilt. Bei Nebengruppenelementen ist das komplizierter, weil die manchmal mehrere Ionen bilden können. Das hat etwas mit dem Feinbau der Elektronenhülle zu tun und braucht dich im Moment noch nicht zu interessieren.

LG von der Waterkant

Ampotter7 
Fragesteller
 15.11.2021, 22:29

Hallo, vielen Dank für die ausführliche Antwort. Es war schön einfach, logisch und langsam erklärt, sodass ich es jetzt wirklich verstanden habe (was ich nicht gedacht hätte). Und vor allem haben Sie ja irgendwie auch bei 0 angefangen, weshalb ich sehr gut mitbekommen bin.Ich finde es toll, dass sich Leute hier noch die Mühe für solche Langen Antworten machen.

Vielen, Vielen Dank und meinen allergrößten Respekt!

0

Schau mal ins Periodensystem ganz nach rechts - da stehen untereinander die Edelgase, die alle 8 Elektronen auf der Außenschale haben (Ausnahme: Helium mit 2 Elektronen)

Lithium steht in der ersten Hauptgruppe ganz links. es hat also ein Elektron auf der Außenschale. Wenn es das abgibt, hat es genauso viele Elektronen wie Helium und damit Edelgascharakter.

Brom hat 7 Außenelektronen und erhält Edelgascharakter mit der Aufnahme eines Elektrons - dann ähnelt es Krypton mit 8 Außenelektronen.

Wenn also ein Lithium - und ein Bromatom miteinander reagieren, wechselt ein Elektron den BEsitzer und es entstehen zwei Teilchen mit Edelgaskonfiguration

hilft das?