Darf die Frau sich im Islam scheiden lassen von ihrem Mann?

Ja, wenn es einen anerkannten Grund gibt, kann sie das über ein islamisches Familiengericht tun.

Ja. Aber eine Scheidung ist für eine Frau wesentlich schwieriger als für einen Mann!:

Auch das auf Koran und Überlieferung gründende Scheidungsrecht benachteiligt die Frau gegenüber dem Mann: Die traditionelle Verstoßungsformel "Ich verstoße Dich", für die der Mann keinerlei Gründe benennen muss, reicht heute in vielen Ländern zwar nach staatlichem Recht nicht mehr aus. Dennoch wird sie teilweise weiter so praktiziert und dann auch vielfach gesellschaftlich anerkannt. Aber auch dann, wenn der Mann die Scheidung per Gerichtsprozess durchsetzen muss, ist sie für ihn nach wie vor einfacher als für die Frau. Sie muss - wenn sie überhaupt die Möglichkeit besitzt, eine Scheidung zu betreiben - immer einen Gerichtsprozess anstrengen und kann keine Verstoßung aussprechen. Sie benötigt zudem stichhaltige Gründe sowie meist Beweise für ein Fehlverhalten des Mannes, damit es zu einer Scheidung kommt. Vor allem gelten diejenigen Gründe als Fehlverhalten, die bereits die Scharia vorsieht, wie z. B. schwere geistige oder körperliche Krankheit, dauerhafte Erwerbslosigkeit bzw. Gefängnisaufenthalt, Vernachlässigung und Gewaltanwendung. Gleichzeitig wird eine Scheidung eine Frau häufig sozial stigmatisieren und wirtschaftlich in verzweifelter Lage zurücklassen. 

Auch die "widerrufliche" Scheidung ist dem Mann allein erlaubt, indem er die Scheidungsformel nur einmal ausspricht und seine Frau wochen- und monatelang in einem Schwebezustand zwischen Scheidung und Ehe halten kann. Die Entscheidung, ob der Ehemann spätestens vor Ablauf des vollendeten dritten Monats die Scheidung zurücknimmt und die Ehe fortsetzt oder den letzten Tag der Zurücknahmemöglichkeit einfach verstreichen lässt und die Frau als verstoßen gilt, liegt allein bei ihm. In den letzten Jahrzehnten haben allerdings etliche Länder die einfache Scheidung per Scheidungsformel für den Mann erschwert, indem z. B. nur dann Scheidungspapiere ausgestellt werden, wenn vor Gericht ein oder zwei Versöhnungsversuche nachgewiesen oder Vermitller berufen wurden.

Quelle: Die Scharia von Christine Schirrmacher, S. 44-45

Ja, ABER: Sie hat es deutlich schwerer als der Mann: Beim Mann reicht es, wenn er 3x sagt "ich verstoße Dich" - Die Frau muss über einen Imam/Hoca die Scheidung beantragen und die Gründe darlegen. Wenn der Hoca/Imam diese nicht einsieht, dann kuckt die Frau in die Röhre: Sie kann dann "verdonnert werden" es nochmals mit ihrem Mann zu versuchen und den Antrag erst geraume Zeit später erneut stellen - Was (je nach Umständen) für sie eine unzumutbare Verlängerung ihrer Leiden unter einer unglücklichen oder gar gewalttätigen Ehe bedeuten kann:(

Die Scheidung einer muslimischen Frau von ihrem Ehemann ist eine Angelegenheit, die Allah zuwider ist, und kein lobenswertes Ereignis. Dies liegt an den Problemen und möglichen Übeln. 

Wann kann eine Frau die Scheidung beantragen?

Wenn es jedoch eine Situation im Eheleben zwischen dem Mann und der Frau gibt, die auf einen Defekt oder Defekte in einem oder beiden von ihnen zurückzuführen ist, wie z. B. Probleme mit Deen, schlechtem Charakter, Krankheit oder einem Defekt wie seiner Fruchtbarkeit oder ähnliches, dann ist es aus der Barmherzigkeit Allahs heraus erlaubt, sich scheiden zu lassen. In diesem Fall ist es in Ordnung und es ist nicht verboten, die Scheidung zu beantragen.

Was verboten ist, ist eine Frau, die die Scheidung von ihrem Ehemann ohne (gültigen) Grund in der Scharia beantragt. Es gibt ein ernsthaftes Versprechen, die Scheidung ohne triftigen Grund anzustreben. Es wird im Hadith des Propheten (Allahs Frieden und Segen seien auf ihm) berichtet: „Wenn eine Frau ihren Mann ohne Grund um Scheidung bittet, dann ist ihr der Geruch des Paradieses verboten.“ (At-Tirmidhi überlieferte es. Er sagte, dies sei ein Hasan-Hadith. Sunan At-Tirmidhi, 1187.)