Darf der Mensch alles, was er kann?

21 Antworten

Ich werde mal versuchen, philosophische Logeleien außer acht zu lassen - letztlich steckt doch eine viel Interessantere Frage hinter dieser: Die Menschheit erhält in diversen Bereichen der Gesellschaft zunehmend neue Handlungsmöglichkeiten. Für diese Möglichkeiten gibt es keine präzisen Erfahrungswerte - wie sollten wir uns ihnen gegenüber verhalten? Oder anders: Wie ist mit dem Fortschritt ethisch umzugehen?

Sicherlich würde kaum jemand mehr der extremsten Position zustimmen: Dass der Mensch alles tun sollte, was er kann; dass es z.B. die menschliche Bestimmung sei, sein maximales Potential zur Erfüllung zu bringen. Solche Gedanken lassen jede Form von Humanismus hinter sich. Bis in das 19.Jahrhundert wurde dem wissenschaftlichen Fortschritt noch wesentlich geringeres Misstrauen entgegen gebracht als heute; vielfach galt dieser als die Bestimmung des Menschen oder zumindest als die Möglichkeit, eine reale Utopie zu errichten, die Menschen z.B. von der Notwendigkeit der Arbeit zu befreien, ihnen ewiges Leben zu ermöglichen, etc. Die Erfahrung hat uns gezeigt, dass diese Hoffnungen irregeleitet waren; die Arbeit wurde nicht abgeschafft, sondern transformiert; das Leben wurde verlängert, aber wir wissen mit der Lebenszeit nichts mehr anzufangen; der Mensch entwickelte sich, sah aber immer weniger Sinn in dieser Entwicklung. Und mehr noch: Der Fortschritt hat unmittelbare Zerstörung und Leid gegen viele Menschen ermöglicht.

Andererseits gibt es auch die Gefahr, sich dem Fortschritt - eben aus den genannten Argumenten - vorschnell zu verschließen. In gesellschaftlichen Diskussionen sind so z.B. oft Dammbruch-Argumente zu beobachten: "Wenn wir dies zulassen, dann wird noch viel Schlimmeres folgen!" - Dahinter steckt m.E. ein prinzipielles Misstrauen gegen die Fähigkeit des Menschen, seine ethischen Probleme bei zunehmendem technischen Fortschritt noch lösen zu können. "Bis hierhin und nicht weiter" - Angesichts der Geschwindigkeit der gesellschaftlichen Entwicklung steckt darin keine geringe Hilflosigkeit.

Dahinter verbirgt sich noch eine weitere Frage: Sollte der Mensch die ethischen Probleme im Einzelfall diskutieren, oder sollte er sich zunehmend über prinzipielle Richtlinien verständigen? Oder anders: Wollen wir das Modell "Präzendenzfall" oder das Modell "Grundrechte" weiter verfolgen? Natürlich wird es zunächst beides weiter geben - aber welche Rolle werden z.B. die Menschenrechte in Zukunft spielen? Ich sehe der ethischen Entwicklung der Menschheit mit Spannung entgegen.

soulbridge1  22.02.2013, 11:32

Gut geschrieben und gute Fragen... LG

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Ein Freund von mir, ein Druide, betet zur Mutter Erde. In seinem Glauben gibt es nicht zehn, sondern nur ein Gebot: "Du darfst alles tun, was du möchtest, solange es keinem anderen Schadet."

Die Aborigenies bedenken die Antwort auf Deine Frage ebenfalls bereits im Gebet: "Bitte erfülle mir meinen Wunsch, unterstütze mich und gebe mir deine Erlaubnis für das, was ich tun möchte, wenn es gut ist für mich und gut für das Ganze."

Auf Deine so generelle Frage kann ich ebenso nur gleichsinnig Antworten:

Aus meiner Sicht darf der Mensch nicht grundsätzlich alles, was er kann, weil ich nicht erlauben kann, was mich verbietet. So darf ich z.B. auch nicht gegenüber Intolleranz, tolleranz sein.

soulbridge1  20.02.2013, 00:28

Es ist übrigens interessant zu beobachten, daß diese Frage doch von recht vielen mit Hinweis auf Regeln, Normen und Gesetzen beantwortet wird. Es entspricht der 4. Stufe in der Stufentheorie des moralischen Verhaltens psychologischer Forschung. Siehe auch: http://de.wikipedia.org/wiki/Stufentheorie_des_moralischen_Verhaltens

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BidlaBuh  20.02.2013, 19:17
@soulbridge1

Natürlich wird diese Frage so beantwortet... DIe Frage zielt doch genau auf diese Stufe ab! Wenn man diese Stufe überschreitet, spielt das "darf ich" eben keine Rolle mehr, es wird zu einem "sollte ich", zu einer kritischen Befragung des eigenen Gewissens.

Abgesehen davon werden die "überwundenen" Stufen in dem Modell ja nicht obsolet. Es ist klar, dass sich noch der am weitesten "entwickelte" Mensch nur gelegentlich argumentativ auf der höchsten Stufe bewegt. Regeln, Normen und Gesetze spielen im Leben noch des aufgeklärtesten Freigeistes eine maßgebliche, konstitutive Rolle.

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soulbridge1  21.02.2013, 12:24
@BidlaBuh

DIe Frage zielt doch genau auf diese Stufe ab! Wenn man diese Stufe überschreitet, spielt das "darf ich" eben keine Rolle mehr, es wird zu einem "sollte ich", zu einer kritischen Befragung des eigenen Gewissens.

Ist das so?

Ich unterstelle dem Fragenden, daß er bereits über das Wissen verfügt, daß es Gesetze in Deutschland gibt.

Ich unterstele dem Fragenden ebenfalls, daß ihm klar ist, daß es nur dort Gesetze gibt, wo ein Überschreiten für Menschen möglich ist. Es gäbe beispielsweise keine Schilder, die es verbieten schneller als 30 km/h zu fahren, wenn es keine Fahrzeuge und Menschen gäbe, die schneller als 30km/h fahren können. Jeder Mensch weiß also, daß Gesetze ihren Sinn genau darin erfüllen sollen, daß ein Mensch eben nicht alles dürfen soll, in Bezug nur auf genau die Handlungen, die einem Menschen auch möglich sind, also was er kann.

Die Frage von MinecraftKaddl wäre zu banal und sich selbst beantwortent und damit sinnlos, wenn sie sich auf Gesetze beziehen würde.

Ich unterstelle dem Fragenden daher einfach mal eine höhere Perspektive, aus der er diese Frage stellt, da es andernfalls keinen Anlaß für ihn hätte geben können, diese Frage zu stellen.

Wenn man diese Stufe überschreitet, spielt das "darf ich" eben keine Rolle mehr, ...

Dem kann ich nicht beipflichten:

Dürfen ist meiner Ansicht nach keineswegs auf staatliche Gesetze oder behördliche Regeln beschränkt. Hierzu kann man sehr viel sagen. Doch um nur ein deutliches Beispiel zu nennen: Ich kann durchaus meinem Kind verbieten mir gegen das Schienbein zu treten, auch ohne Gesetz.

Es gibt viele Situationen, wo ich anderen Menschen etwas verbiete, was sie können, obwohl es dafür kein Gesetz gibt. Sie dürfen es nicht, weil ich es nicht will. Ich nehme mir das Recht heraus, anderen Menschen manchmal etwas zu verbieten, was sie tun können. Völlig unabhängig von Gesetzen. Und dieses persönliche Recht gestehe ich auch anderen zu. Der richtige Umgang damit und Gleichbereichtigung steht über den allgemeinen Gesetzen.

Ich gehe auch soweit mir Urteile darüber erlauben zu dürfen, welche Gesetze verboten gehören und welche fehlen, denn nicht jedes Recht ist richtig.

Schon alleine die vielen Widersprüchlichkeiten an einigen Stellen in unserem Rechtssystem zeigen, wie ungeschlossen manche Systeme sind und damit Gesetze sich gegenseitig löschen. Gesetze sind von Menschen gemacht worden und dabei nicht nur hinsichtlich Gerechtigkeitsempfinden, Weisheit und Geschlossenheit, sondern manchmal auch nur aus Interessenwahrung eines Machtverhältnisses. Aus diesem Grund gab und gibt es auch immer wieder Rechtssysteme, die später als verbrecherisch oder illegal verurteilt werden. Aus diesem Grund werden auch Heute noch Verbrechen teilweise legalisiert und gerechte und berechtigte Handlungsweisen zum Teil kriminalisiert. Manchmal ist es unsere ethische Pflicht, Gesetze in Frage zu stellen, sie gegebenenfalls zu verändern oder gar brechen zu müssen, um Böses abzuwenden und Gutes zu erreichen. Nicht ohne Grund hat man inzwischen sogar ein Gesetz erlassen, nachdem Soldaten unter bestimmten Umständen einen Befehl verweigern dürfen. Die Erkenntnis für die Notwendigeit der Einführung dieses Gesetzes gab es logischer Weise vor der Einführung des Gesetzes.

Nein: Die oben gestellte Frage würde sich ihrem eigenen Sinn entziehen, wäre sie auf die 4. Stufe begrenzt. NIcht die "überwundenen" Stufen wären obsolet, sondern die Frage. ;-)

P.S.:

"sollte ich", zu einer kritischen Befragung des eigenen Gewissens.

"Sollte ich" deute ich nicht als kritsche Befragung des eigenen Gewissens.

Wenn ich beispielsweise den Mülleimer runterbringen soll, dann bedeutet es, daß es jemanden gibt, der will, daß ich den Mülleimer runterbringe. "Ich soll" ist eine äußere Bestimmung im Gegensatz zu "ich will", was eine innere Bestimmung ist.

LIeben Gruß, Soulbridge

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soulbridge1  21.02.2013, 13:12
@soulbridge1

PPS: Wenn mir jemand sagt, ich soll dies oder jenes tun oder lassen, stellt sich für mich gleich die Gegenfrage, warum oder wozu er das will.

"Warum" ist die Frage nach dem Grund.

"Wozu" ist die Frage nach dem Zweck.

Viele, insbesondere Behörden, können oft die Frage nach dem "wozu" (Zweck) nicht beantworten, sondern nur die Frage nachdem "warum" (Grund).

Dieser Grund ist dann oft eine Regel, Anweisung, Befehl oder Gesetze.

Der Zweck und damit der Sinn wird oft nicht hinterfragt. Das aber kann zu kuriosen und absurden, manchmal auch zu bösen und schädlichen Taten führen, zum Nachteil aller.

Kurrios wäre es z.B. alleine vor einer roten Ampel stehen zu bleiben, wenn einzusehen ist, daß weit und breit, bis zum Horizont, kein anderes Auto zu sehen ist und somit auch keins kommen kann.

Ampeln dienen der Einigung im Verkehr. Das ist der Zweck. Zum Vorteil aller Verkehrsteilnehmer.

Wer den den Zweck und damit denn Sinn dieser Regel nicht hinterfragt, verhält sich absurd und unangemessen der Situation.

In diesem Beispiel:

Jemand steht unnötig mit laufendem Motor alleine in der Pampa ...

oder jener, der den Zweck verstanden hat und verantworltich über die rote Ampel fährt, wird von jemanden, der den Zweck nicht verstanden hat aber befugt ist, bestraft...

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ActiveNotion  21.02.2013, 15:03
@soulbridge1

Um noch einmal auf das mit der Ampel zu kommen: Nicht umsonst ist es eine Regel und nicht nur ein Hinweis. Viele Menschen können Situationen nicht richtig einschätzen, oder sind noch dabei diese Fähigkeit auszuprägen... Stell dir vor das es erlaubt wäre bei Rot über die Ampel zu gehen.. Vorallem Kinder und Jugendliche, aber auch Behinderte würden Risiken falsch bewerten und es kommt eher zu Unfällen. Eine Ampel regelt nicht nur den Verkehr, sie gibt eine Garantie dafür das man bei Grün mit keinen Personen oder anderen Fahrzeugen auf seiner Fahrbahn rechnen muss. Es liegt nich an denen die jene Gefahr einschätzen können, sondern an denjenigen die es nicht können.

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soulbridge1  22.02.2013, 13:32
@ActiveNotion

Ja, daß ist ein guter Punkt. Es geht also auch darum, wie urteilsfähig Menschen sind, reflektiert, angemessen und verantwortlich für sich und andere.

Mit Gesetzen, nach denen Menschen auch dann bestraft werden, wenn sie im Einzelfall eigentlich richtig gehandelt haben, wird unterstellt, daß viele Menschen nicht urteilsfähig sind. Andererseits gilt in der Demokratie, daß jeder Mensch urteilsfähig ist um wählen zu können. Wie können wir mit diesem Widerspruch umgehen?

Vielleicht ist ja doch notwendig, mehr Augenmerk auf den Einzelfall zu setzen, als durch Verallgemeinerungen die Sicht auf die Realität zu ignorieren. Ich sehe die Gefahr darin, wenn wir unsere Bereitschaft den Einzelfall zu betrachten verlieren, damit der Bezug zwischen Gesetz und Realität verloren geht, eine Überprüfung nicht mehr stattfindet, Gesetze somit bald nur noch ihrem Selbstzweck dienen, statt einem dahinterliegenden Sinn zu dienen und damit unbemerkt sich zu etwas entwickeln können, die mehr Schaden, als Nutzen bringen.

Wir sollten meiner Meinung nach nicht den Ernst der Konsequenz übersehen, was gesellschaftlich und politisch passieren kann, wenn wir die Menschen in unserer Gesellschaft entmündigen und zu reinen Befehlsempfängern degradieren und sie damit zum gefährlichen Trugschluß erziehen, sie könnten ihre persönliche Verantwortung als Regelempfänger einfach an die Regelmacher abgeben. Wir erzögen dadurch den unmündigen Bürger. Solche unmündige Bürger befolgten dann selbst die unsinnigsten Regeln, Befehle, Gesetze und Anweisungen, ohne sich verantwortlich zu fühlen, ihr eigenes Handeln auf Sinn und Ethik zu überprüfen. Dies beinhaltet dann die Gefahr, einem totalitärem Staat, Diktatur oder Regime Tür und Tor zu öffnen.

Ich würde es daher bevorzugen, den Menschen zum mündigen und urteilsfähigen Bürger anzuleiten, ihm zwar für Zweifelsfälle mit Leitlinien eine Entscheidungshilfe und damit etwas Sicherheit über Richtig und Falsch, Gut und Böse, Sicher und Gefährlich zu geben, dies aber, ohne ihm seine Verantwortung für sein Handeln zu nehmen. Wenn sich ein Bürger, mit triftigem Grund, im Einzelfall gegen ein Gesetz entscheidet, so würde die Betrachtung des Einzelfalles nicht nur für mehr Gerechtigkeit und mehr Sinn sorgen, sondern es würde Bürger auch wieder trainieren Verantwortung zu übernehmen und unser Rechtssystem bekäme damit eine auf Empirie basierendes Kontrollinstrument, durch welches die Gesetze selbst überprüft werden und gegebenenfalls entsprechend gelöscht oder angepaßt werden. Schließlich dürfen Gesetze nicht statisch werden, sondern müssen zum Wohl des Volkes zeitgemäß verändert, und angepaßt werden und variabel bleiben.

Eine denkbare Möglichkeit wäre z.B. die Einführung von Leitlinien, statt Gesetzen. Sie geben allen Menschen zunächst erst mal Sicherheit und Halt. Klar, es wäre keine Absolute Sicherheit, aber diese gibt es ohnehin nicht im Leben. Nie. Und ich halte es für falsch, Menschen diese Illusion anzuerziehen. Aus diesem Grund wären Menschen gezwungen, ihr eigenes Handeln und das von Anderen, wieder mit Vorsicht und Überlegung zu vollziehen. Strafe und Lob würde sich im zweiten Schritt dann mehr auf ihre Verantwortlichkeit beziehen, statt auf unreflektierte Regelkonformität.

Abweichen von Leitlinien wäre dann zwar im Einzelfall erlaubt, aber gleichzeitig würde beim Übertreten von Leitlinien dann die Begründung, Urteilsfähigkeit und Verantwortung überprüft.

Am Beispiel Ampel:

Die Leitlinie wäre: Du gehst auf Nummer Sicher, wenn du an einer roten Ampel hältst. Wenn Du es nicht tust und es passiert deshalb etwas, dann wirst du für dein unverantwortliches Handeln zur Verantwortung gezogen, denn der Unfall wäre vermieden worden, wenn du dich an die Leitlinien gehalten hättest.

Anders herum: Du stehst vor einer roten Ampel und siehst, daß hinter dir ein LKW nicht rechtzeitig zum stehen kommen wird. An der Kreuzung vor dir ist kein Verkehr. Du beschließt daher über die rote Ampel zu fahren, um einen Unfall zu vermeiden. Damit hast du zwar gegen eine Leitlinie verstoßen, dennoch wirst du dafür nicht bestraft, denn die Übertretung der Leitlinie hat einen Unfall vermieden und du hast damit Verantwortlichkeit und Urteilsfähigkeit bewiesen.

An oberster Stelle aller Regeln, Anweisungen, Leitlinien, Gesetze, sollte die Ethik stehen. Nichts ist wichtiger, als der soziale Zusammenhalt und das Bewußtsein dafür, einer Gesellschaft. Dazu gehört Anerkennung der Individualität, Förderung der Andersartigkeit für Vielfalt, Anerkennung der Gleichwertigkeit aller Menschen, Schutz der Würde aller Menschen, Gnade, Nischenförderung mit ergänzendem Handeln, statt Konkurrenzbestrebungen und Chancengleichheit. Für die Chancengleichheit und Vielfaltförderung benötigt es eine einigermaßen ausgeglichene Verteilung der Ressourcen, zu erreichen durch Verhinderung von Armut (Brauchen) und Maßlosigkeit (Sättigungsbremsen). Damit erreichte man die Basis für ein symbiotisches System. Alles andere ließe sich daraus ableiten. ;-) LG

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BidlaBuh  22.02.2013, 19:57
@soulbridge1

Dürfen ist meiner Ansicht nach keineswegs auf staatliche Gesetze oder behördliche Regeln beschränkt. Hierzu kann man sehr viel sagen. Doch um nur ein deutliches Beispiel zu nennen: Ich kann durchaus meinem Kind verbieten mir gegen das Schienbein zu treten, auch ohne Gesetz.

Selbstverständlich; aber damit konstituierst du ebenfalls eine Regel, dem das Kind - ganz gemäß der "Good-Boy-Ethik" (2. Stufe) - nachkommt. Und das war es nur, was ich sagen wollte: Auf den höchsten Stufen des Modells ist es nicht die bloße Regelhaftigkeit, das Gesetzt-Sein, dass zum Handeln motiviert, sondern es findet die Reflexion dieser Regeln statt, um sie sich zu eigen zu machen oder zu verändern. Das Kind fragt eben nicht, ob er es tun sollte - ob es in einem tieferen Sinne moralisch richtig wäre - sondern es fragt zunächst nach der korrekten Verhaltensweise in einer Situation.

Ich gehe auch soweit mir Urteile darüber erlauben zu dürfen, welche Gesetze verboten gehören und welche fehlen, denn nicht jedes Recht ist richtig.

Das entspricht ja auch genau den höheren Stufen moralischer Entwicklung :) - und letztlich ist es auch das, was von einem jeden aufgeklärten Demokraten zu erwarten wäre.

Nein: Die oben gestellte Frage würde sich ihrem eigenen Sinn entziehen, wäre sie auf die 4. Stufe begrenzt. NIcht die "überwundenen" Stufen wären obsolet, sondern die Frage. ;-)

Deswegen schreibe ich ja, dass in dem Modell die Stufen eben nicht obsolet werden. und deswegen beantworte ich die Frage weiter unten selbst ja auch explizit nicht mit einem Verweis auf irgendwelche Regeln - das finde ich auch in der Tat etwas kleingeistig.

"Sollte ich" deute ich nicht als kritsche Befragung des eigenen Gewissens.

Macht es nicht gerade das Genuine des Ethischen aus, nicht zu tun, was man will, sondern wozu man sich verpflichtet sieht - verpflichtet nicht durch einen anderen, sondern durch sich selbst? Frei ist, nach Kant, doch derjenige, der sich sein eigener "Gesetzgeber" ist. Entscheidend ist die Vernunft (ob diese "innerlich" sei oder nicht). Wenn ich mich frage, was ich will, stelle ich gerade keine ethische Frage.

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BidlaBuh  22.02.2013, 20:10
@soulbridge1

An oberster Stelle aller Regeln, Anweisungen, Leitlinien, Gesetze, sollte die Ethik stehen.

Dem würde ich einerseits zustimmen - andererseits ist jedoch zu bedenken, dass sich jedes ethische Denken in der individuellen Biographie erst eben über das Erlernen von Regeln, Anweisungen, Leitlinien und Gesetzen ergibt. Im Bereich des Ethischen ist eben das Befolgen vorrangig, das Reflektieren kommt später, bei vielen Menschen auch gar nicht. Das zeigt ja gerade auch Kohlbergs Modell. Daraus ist zu folgern, dass die Art der Reflexion nicht durch eine übergeordente Vernunfteinsicht abgeleitet wird, sondern über eine selbst regulierte Vernunft - welche allerdings nach ganz anderen Normen reguliert ist, z.B. der Regel, dass sich das Reflektieren für einen "aufgeklärten Demokraten" eben gehört. Jede "Überordnung" der Ethik über das Regelfolgen ist somit nachträglich, nur theoretisch - wenn auch damit m.E. nicht diskreditiert.

Oder am Beispiel der Ampel: Um eine Ampel bei "Rot" überfahren zu können, muss man erstmal gelernt haben, bei "Rot" stehenzubleiben.

In Bezug auf Ampeln finde ich übrigens die Haltung "Immer stehenbleiben" eigentlich schon ganz gut. Wie eilig kann man's haben, nachts in der Pampa?

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Das kann man weder mit Ja noch mit Nein sicher beantworten, den der Mensch sollte all das tun dürfen was er dann nicht bereut, das Gewissen sollte er nie auser Acht lassen, den es ist sehr wichtig. Viele Menschen denken egoistisch und tun etwas wie einen Mord, aber war es Mord? Oder wars eine Erlösung für den Menschen, niemand darf sich an maßen das zu beurteilen, aber da viele Menschen seit sie ihr Bewusstsein haben denken auch für andere, klar es ist auch oft richtig, aber man sollte nur das den Tätern an tun das es ihnen auch einen wunden Punkt gibt. Man sollte also kein Todesstrafe gut heißen, den für manche ist der Tod eine Fluchtmöglichkeit oder gar eine Erlösung. Es klar es ist falsch etwas zu töten, das wissen wir weil es nicht förderlich ist, allein unser Bewusssein lässt und Dinge verbieten und gebieten. Wenn alle sich an alle Regeln halten würden und auch kein eigens Bewusstsein hätten wäre die Welt wohl schon lange überbevölkert... aber das heißt nicht das ich töten gut finde, nur man sollte es aus jeder Seite sehen und dann so handeln wie es richtig wäre.

Liebe ist das beste Gesetz und auch das einzige woran sich auch oft Mörder halten, wie oft hat wohl jemand aus Liebe getötet... Egoisten töten aus Gier, Hass und Trieb.

Also ich kann deine Frage leider nur so beantworten. Jain.

In der Frage steckt ein systematischer Fehler: DER MENSCH gibt es nicht. Entscheidungen werden immer von einzelnen Menschen getroffen, ob andere das billigen oder nicht. Andere einzelne, auch wenn sie sich freiwillig zu einer Gruppe zusammentun, können das sanktionieren und so evtl. verhindern, aber nur mit entsprechender Gegengewalt.

Zweiter systematischer Fehler: Die Frage richtet sich auf Handlungen, die in die Zukunft gerichtet sind, basiert aber auf schlechten Erfahrungen der Vergangenheit. Es gibt aber keine eindeutige Verknüpfung Vergangenheit - Zukunft. Darum gibt es keine generelle Aussagemöglichkeit, sondern immer nur Einzelfallbetrachtung. Es läuft letztlich immer auf Einzelfallbewertung hinaus, denn selbst, wenn eine Kombination genereller Kriterien angegeben wird, muss für den Einzelfall geprüft werden, wie weit sie zutreffen.

Aus diesen Gründen ist die Frage so sinnlos.

Was das Gesetz und womöglich auch die moralische Sichtweise angeht: Ganz klar NEIN. Aber Menschen richten sich bekannter Weise ja nicht zwangsläufig nach dem, was sie dürfen und was nicht. :)

edit: Ich finde es übrigens sehr interessant, dass du diese Frage anscheinend aus einer medizinischen und technologischen Sichtweise betrachten willst, wenn ich meine deine tags so anschaue!?