Bundeswehr Alltag in der Kaserne?

5 Antworten

Von Experte ponter bestätigt

Die Arbeit in der Bundeswehr ist so unterschiedlich wie sie es im Zivilleben auch ist.

Ich war 1983/84 bei der Bundeswehr, und zwar bei einer Fernmeldeeinheit, die den Auftrag hatte im Kriegsfall die Verbindung zwischen der Front und den zurückliegenden Stäben aufrecht zu erhalten. Dazu gab es zwei Bataillone (Nord und Süd) mit je 15 Funktürmen, die in einer Kette von der Nordsee bis zu den Alpen aufgebaut wurden und die Nachrichtenkette sichern sollten.

Am Beginn stand die militärische Grundausbildung, die für uns einen Monat dauerte. Aufstehen um 6, Dienstbeginn um 7 und dann alles was einen zum "Soldaten" machen soll. Klassische theoretische Ausbildung (Dienstgrade, Befehlskette, Befehle, allg. militärisches Verhalten), Schießausbildung, Ausbildung im Feld, Sport usw. bis 17 oder 18h, bei Geländetagen gerne auch mal länger. Wir hatten glaube ich zwei freie Wochenenden und konnten damit ganz zufrieden sein.

Meine Kameraden (Kameradinnen gab es damals nicht) machten dann weiter mit Führerschein Klasse 2 und funktechnischer Ausbildung. Ich habe mich statt dessen für den Innendienst beworben und kam in das Geschäftszimmer einer Kompanie der Zielorganisation. Wie für alle begann mein Dienst wieder um 7h und endete um 17h (eine Stunde Mittagspause), am Freitag früher. Meine Aufgabe war die Zuarbeit für den Kompaniefeldwebel (Spieß). Ich habe ihn bei der Dienstplanung, der Planung der Sonderdienste, bei der Urlaubsplanung und bei der Führung der sog. Perfis (Personalführungs- und Informationssystem) Akten unterstützt. Bei Feldübungen war ich Spießfahrer. Der Spieß hat für die Versorgung der einzelnen Funktürme gesorgt und so war ich auch regelmäßig mit irgendwas zu diesen unterwegs. Dazu kam noch militärische Vertiefung wie z.B. das Schießen mit der Panzerfaust. Freitags ließ unser langlaufbegeisterter Kompaniechef uns vor Dienstschluß auch noch mal gerne alle um die Kaserne laufen.

Der Rest der Kompanie pflegte das militärische und technische Gerät, übte sich in dessen Verwendung und natürlich war auch technischer Dienst an Fahrzeugen regelmäßig dran.

Auch wenn ich als selbst einen großen Einfluß auf die Gestaltung der Sonderdienste (Bereitschaften und Wachen) hatte, durfte ich doch niemanden und erst recht nicht mich bevorzugen. Etwa alle zwei bis vier Wochen war unsere Kompanie mit Wochenenddiensten "dran", jedes zweite Mal auch ich. Klar war auch dass eine der Kompanien im Battailon den Dienst über Weihnachten/Neujahr, die andere den über Ostern abdecken mußte. Ich muß offen zugeben dass ich nicht immer der Versuchung mich zu bevorzugen widerstanden habe. Auch ich bin nur ein Mensch.

Die schönste Zeit war die des Kompanieurlaubs im Sommer. Warum? Unsere Kompanie bestand zu etwa 30% (incl. mir) aus Abiturienten, die den Dienst als W15 im Oktober angetreten haben. D.h. offizielles Dienstende wäre vor Weihnachten gewesen. Da das Studium aber für die meisten bereits im Oktober beginnen würde wurde aller Urlaub aufgespart und für die fehlenden Tage Sonderurlaub gewährt. Dies führte dazu das ich (gemeinsam mit eben den andern Studierwilligen) praktisch die Kompanie während des festgelegten dreiwöchigen Urlaubs alleine führte, ohne anwesende Unteroffiziere und höhere Dienstgrade. Das war wirklich Entspannung pur :-).

Ich habe während der Zeit in der Bundeswehr durchaus gelernt mich ein wenig mehr selbst zu disziplinieren. Nötig war die Zeit aber nicht, denn meine Eltern hatten mich bereits auf die Härten des Lebens vorbereitet. Insgesamt war es für mich eine verlorene Zeit, weswegen ich auch bisher ein Gegner der Wiederanwendung der im Grundgesetz vorgesehenen Wehrpflicht bin.

Kommt stark auf deine Verwendung und deinen Dienstgrad an. Bei mir besteht der Alltag aktuell aus viel Büro, Sport und IGF ( Marsch, Schießen).

Dazu kommen dann Besprechungen oder auch mal politische Bildungsveranstaltungen.

Da hier nur ehemalige kommentieren, oder schon seit Jahrzehnten raus sind kommt hier mal mein Tag:

aktuell in einem panzerbattalion eingesetzt als Richt und ladeschütze. Wir führen im Moment eine SGA durch (Teil I) das bedeutet wir bilden grundlegende infanteristische Fertigkeiten auf. Dazu zählt das schiessen, marschfestigkeit, Umgang mit waffen, Taktik und vieles mehr. Das bedeutet von 7-11 Uhr Ausbildung und von 12-16:00 Ausbildung. Es kann sich aber auch der Auftrag ändern, dann gehen wir zum Beispiel in die Hilfeleistung über und unterstützten das Gesundheitsamt in der Amtshilfe.

Kommt darauf an, ob du dort arbeitest oder ausgebildet wirst. Wenn meine Tochter fertig ist mit der Ausbildung, wird sie im IT-Bereich tätig sein. Aktuell ist sie Feldwebel und bereits im sechsten Jahr.

Also, ich war in den 1990er Jahren Wehrpflichtiger. Morgens haben die Hilfsausbilder Feuerlöscheimer über den Flur geworfen und gebrüllt "Zweiter Zug ... AUFSTEEEEHEEEEN!" .. dann haben wir uns geduscht und in die Uniform geschmissen und sind dann geschlossen zum Frühstück.

Und dann haben wir halt in der Grundausbildung "Armee" gespielt .. Gewehr auseinander und zusammenbauen, Lager bauen, Gefechtsmarsch, Orientierungsmarsch .. und Nachmittags war Dienstschluss, dann sind wir geschlossen ins Mannschaftsheim und haben uns bis zum Verlust der Muttersprache besoffen. Am nächsten Tag dann von vorne.

Und nach der Grundausbildung war ich im Nachschubzug und wir haben Batterien und Panzertape ausgegeben und ansonsten Tischtennis gespielt und wenn der General kam (ist 1 mal vorgenommen), haben wir den Besen geschwungen. ;)))

Geile Zeit. Viel Zusammenhalt - wir saßen alle im gleichen Boot und haben uns alle immer unterstützt, egal was auch immer passiert ist.

Kammeradschaft lernt man bei der Bundeswehr.

Ricco3004  22.08.2022, 19:49

Wird echt so viel gesoffen?

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Benediktiner  22.08.2022, 19:54
@Ricco3004

Naja, zumindest bei uns war das so... und das ist fast 30 Jahre her. Ob das heute noch so ist, ich bin ehrlich, kann ich nicht sagen.

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Telron88  22.08.2022, 20:10
@Benediktiner

Weniger Freizeit, Dienst bis 16:30 und deutlich weniger Alkohol. Sind ja auch viel weniger Leute. Früher waren auch stellenweise einfach zu viele Grundwehrdienstleistende.

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Benediktiner  22.08.2022, 20:21
@Telron88

Ist der bedingungslose Zusammenhalt noch da? Ich meine, haltet Ihr zusammen, egal was kommt?

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Telron88  22.08.2022, 20:21
@Benediktiner

Ja, wenn jemand Hilfe braucht, gibt es nie Fragen. Habe ich draußen nie so erlebt im zivilen.

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Benediktiner  22.08.2022, 20:24
@Telron88

Schön zu lesen. Vielen Dank, dass Ihr für uns diese wichtige Arbeit macht!! Ich bin als Hauptgefreiter raus, was als Wehrdienstleistender schon ok war, normalerweise ging man bei uns als OG raus, aber ich hab eine förmliche Anerkennung für vorbildliche Pflichterfüllung bekommen ... darf ich fragen, welchen Dienstgrad Du bekleidest?

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