Ausbildung Minusstunden/Urlaub kürzen?

Familiengerd  27.02.2022, 17:27

Ging das gelegentliche spätere Kommen oder frühere Gehen auf eine Anweisung des Arbeitgebers zurück?

muzeyyen96 
Fragesteller
 27.02.2022, 17:43

so waren die Kundin eingeteilt, auch die Arbeitgeberin öffnete das Geschäft und schloss es zur selben Zeit. Es hieß immer die Lücken freigeben gemeinsam anfangen gemeinsam aufhören

4 Antworten

Ausbildung Minusstunden/Urlaub kürzen?

Schlicht und einfach: Nein!

Es gehört, neben der Bezahlung des Entgelts, zu den arbeitsvertraglichen Hauptpflichten des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer für die vertraglich vereinbarten (oder üblicherweise oder nach Dienstplan zu leistenden) Arbeitsstunden zu beschäftigen und zu bezahlen. Beschäftigt der Arbeitgeber ihn aber nicht ausreichend oder nicht wie vereinbart/angeordnet - gleichgültig, aus welchen Gründen (ob er nicht kann, z.B. weil es keine Arbeit gibt oder der Betrieb auf Anordnung geschlossen werden muss, oder ob er nicht will - es kommt jedenfalls also nicht auf ein "Verschulden" des Arbeitgebers an), fallen die Konsequenzen aus der Nicht-Beschäftigung dem Arbeitgeber zur Last.

Der Mangel an Arbeit/Aufträgen oder eine zu geringe Einteilung zur Arbeit fällt in die Verantwortung des Arbeitgebers oder ist sein Betriebsrisiko, das er nicht auf den Arbeitnehmer abwälzen darf!

Rechtliche Grundlage hierfür ist das Bürgerliche Gesetzbuch BGB § 615 "Vergütung bei Annahmeverzug und bei Betriebsrisiko":

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. [...] [Das gilt] entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

Also:

Wenn der Arbeitgeber die Arbeitskraft des Arbeitnehmers nicht annehmen (ihn also nicht beschäftigen) kann oder will, verstößt er - ob verschuldet oder nicht - gegen seine Vertragspflichten; er muss den Arbeitnehmer dann trotzdem so bezahlen, als würde der normal weiterarbeiten.

Der Arbeitnehmer muss die tatsächlich aber nicht gearbeiteten Stunden auch nicht nacharbeiten oder mit eigenen Ansprüchen (Entgelt, Überstunden, Urlaub) verrechnen lassen.

Strenggenommen ist aber Voraussetzung (eigentlich), dass der Arbeitnehmer diesen Zustand (dass der Arbeitgeber ihn wegen des Mangels an Arbeit/Aufträgen nicht beschäftigt kann/will und ihn nach Hause schickt) nicht widerspruchs- oder kommentarlos hinnimmt, sondern seine Arbeitskraft auch anbietet (obwohl auch das nicht immer zwingend erforderlich ist)!

Auch das ist gesetzlich festgelegt im BGB § 293 "Annahmeverzug" in Verbindung mit § 294 "Tatsächliches Angebot". Aber vielleicht/wahrscheinlich ist dem Arbeitgeber diese Voraussetzung auch überhaupt nicht bekannt.

Ob Du Dich mit Deinem "guten Recht" in der konkreten Situation aber gegen den Arbeitgeber behaupten kannst oder das überhaupt willst, kann ich nicht beurteilen; "Recht haben" und "Recht bekommen" sind leider viel zu oft zwei sehr verschiedene Dinge ...

Mit Urlaub dürfen im Übrigen Minusstunden gar nicht verrechnet werden, weil das dem Urlaubszweck widerspricht - strenggenommen, es sei denn, der Arbeitnehmer stimmt zu und niemand beschwert sich deswegen.

muzeyyen96 
Fragesteller
 27.02.2022, 17:18

Vielen lieben Dank, das ist eine sehr ausführliche Erklärung, die mich in jeden Fall weiterbringen wird.

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Das ist doch gar nicht rechtens laut meines Wissens.

Warum sollte das nicht rechtens sein?

Wenn jemand später kommt bzw. eher geht und somit nicht seine normale Arbeitszeit erreicht, kommt es ggf. zu Minus Stunden. Einfache Mathematik.

Ich seh das Problem nicht ganz...

Familiengerd  27.02.2022, 17:14

Deine Antwort ist falsch - siehe meine eigene ausführliche Darlegung zu dieser Frage.

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Jurafuchs  27.02.2022, 17:16
@Familiengerd

Gerd, du übersiehst, das der Fragensteller sagte das da durch AN später kamen / eher gegangen sind - damit hat der AN nicht seine Arbeitskraft angeboten.

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Familiengerd  27.02.2022, 17:24
@Jurafuchs

Ich übersehe nichts.

Wenn die Arbeitnehmer wegen der zu geringen Arbeitsauslastung später gekommen/früher gegangen sind, gehe ich davon aus, dass sie das nicht aus eigenem Entschluss getan haben, sondern aufgrund einer Anweisung des Arbeitgebers.

Das Angebot der Arbeitskraft kann im Übrigen in bestimmten Situationen entfallen, z.B. dann, wenn das Angebot keinen Sinn macht, da ohnehin (wegen zu geringem Arbeitsanfall) nicht gearbeitet werden kann.

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Jurafuchs  27.02.2022, 17:25
@Familiengerd
Wenn die Arbeitnehmer wegen der zu geringen Arbeitsauslastung später gekommen/früher gegangen sind, gehe ich davon aus, dass sie das nicht aus eigenem Entschluss getan haben, sondern aufgrund einer Anweisung des Arbeitgebers.

Das es ein Angebot des AG war lese ich hier halt nirgends... Wenn es ein Angebot war dann ist der Fall ja klar, da hast du Recht.

Wenn es kein Angebot des AG war dann sieht die Sache eben komplett anders aus ;-)

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muzeyyen96 
Fragesteller
 27.02.2022, 18:55
@Jurafuchs

Es war immer ihre Anweisung, anhand des Terminplaners! Sie sagte immer wir fangen dann und dann an. Immer wenn Lücken im Planer da waren sollten diese erstmal weggegeben werden und leider war es so dass wir sogar Tage hatten wo wir erst gegen Mittag angefangen haben und nur 3 std gearbeitet haben eben weil nichts zutun war aber zusätzlich hat sie uns Auch nichts angeboten wir haben immer gemeinsam angefangen und gemeinsam Feierabend gemacht

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Deinen Resturlaub kannst du nur bis Ende März nehmen, danach ist es weg

als Azubi muss man einen Azubi komplett auszahlen, egal, ob zu wenig gearbeitet wurde. Dann muss der Betrieb dir I-welche Aufgaben zu teilen wie sauber machen, Inventur täglich oder weiß der Feier

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
wilees  27.02.2022, 15:20
Resturlaub kannst du nur bis Ende März nehmen

Das gilt nur, soweit der AG selbigen in diesem Zeitraum auch bewilligt.

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Familiengerd  27.02.2022, 17:16
@wilees

... oder der Arbeitgeber den Arbeitnehmer/Auszubildenden beweisbar darauf hingewiesen hat, dass er seinen Urlaub noch zu nehmen habe, da er ansonsten verfalle.

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muzeyyen96 
Fragesteller
 27.02.2022, 18:51
@Familiengerd

Ne das war bisher nicht der Fall, weil sie fest davon überzeugt ist, dass wir Minusstunden haben

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Familiengerd  27.02.2022, 17:16
Deinen Resturlaub kannst du nur bis Ende März nehmen, danach ist es weg

Der Urlaub verfällt nicht, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer/Auszubildenden nicht beweisbar darauf hingewiesen hat, dass er seinen Urlaub noch zu nehmen habe, da er ansonsten verfalle.

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Familiengerd  28.02.2022, 15:50
@AzNsTyLe

Das ändert nichts daran, dass meine Aussage richtig ist (sie folgt einer entsprechenden Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs EuGH, die für das nationale Recht verbindlich ist).

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AzNsTyLe  15.03.2022, 13:44
@Familiengerd

Urteil? Ahh ja, Realität wird nicht so sein, sondern was meine Lehrerin uns beigebracht hat

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Familiengerd  15.03.2022, 15:42
@AzNsTyLe
Urteil? Ahh ja, Realität wird nicht so sein

Urteile spielen keine Rolle für Dich? Und was soll "Realität wird nicht so sein" konkret heißen?

sondern was meine Lehrerin uns beigebracht hat

Welche Rolle spielt das, was die Lehrerin euch irgendwann "beigebracht" hat? Wenn sie etwas Anderes behauptet als das, was ich geschrieben habe, dann war sie entweder nicht informiert oder hatte keine Ahnung!

Lies einfach mal beispielhaft diesen Artikel zum Thema: "BAG be­schränkt Ver­fall von Ur­laub" ( https://www.hensche.de/bag-beschraenkt-verfall-von-urlaub-bag-9azr541-15-20.02.2019_15.08.html ) .

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