Als lebenslang täglich mit Bus und Bahn Reisenden, ist mir (69) aufgefallen, dass fast alle Menschen sich heute wie Präsidenten benehmen. Wie ist das möglich?

5 Antworten

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Ich weiß was du meinst und ja, es ist erschreckend. Aber nicht weil ich Angst vor denen habe, es ist diese Respektlosigkeit die unserer Gesellschaft ihre Würde nimmt. Das zu sehn ist widerlich und macht einem Angst vor dr Zukunft. Man kommt sich oft vor wie in einem Ganggebiet was es ja vieler Orts auch ist. Früher kannte man das nur aus Arte Dokus, aus weit entfernten Ländern. Das ist nicht richtig und ich rede hier nicht von fehlender Rechtsstaatlichkeit die hier natürlich eine Rolle spielt. Nein, ich rede tatsächlich wie gesagt von Respekt, echtem Respekt, nicht das was viele Kids für Respekt halten, was ja nur Angst und Gewalt ist.

Das man im Netz vielecht ab und zu etwas respektloser wird wissen wir alle, da kann ich mich nicht von freisprechen. Aber das man auf der Straße Menschen die praktisch die eigenen Eltern sein könnten oder Leuten die einem nichts getan haben gegenüber so eine Haltung hat, schürft eine Atmosphere des Hasses und der Angst in unserer Gesellschaft und ich kann garantieren, untereinander geht es denen selbst so. Mit diesem Verhalten werden wir uns immer weiter spalten und es den Machthabern leicht machen uns zu kontrollieren und uns weitere verschärfte Gesetze aufzudrücken, die jeden in seinen Rechten beschneiden werden.

Das sind die Früchte des Kapitalismus und wer jetzt sagt das liegt nur an der Flüchtlingpolitik, der sollte sich fragen warum es soviele Flüchtlinge gibt, ja genau. Wir müssen wie ich es schon so oft gesagt habe, die Wurzeln der Probleme angehn und zwar weltweit. Nur unsere Flüchtlingspolitik zu ändern, ist nichts weiter als ein Aufschub der wahren Probleme :-/

Na ja, oft werden Kinder heute mit dem Ziel erzogen, möglichst selbstbewusst zu sein und auch für ihre Rechte einzustehen.

Bewusst werden sicher die wenigsten Kinder zu grenzüberschreitendem und rücksichtslosen Verhalten erzogen.

Auf Bahnhöfen ist es oft voll und wenn man unter Zeitdruck ist oder sich nicht auskennt und nicht weiß, ob man sofort das richtige Gleis findet, könnte so ein Verhalten entstehen.

Der andere Punkt ist aber, dass du mit 69 sagst, du wärest ängstlich und eingeschüchtert. Daran solltest du arbeiten. Demut und Ehrfurcht (vor was?) sind sicher gute Eigenschaften, aber Angst und Einschüchterung behindern einen unnötig. Arbeite daran! Übe, höflich für dich einzustehen. Ja, es kann sein, dass dir einige Leute frech kommen, dich beleidigen, anpöbeln! Meine Erfahrung ist aber, wenn man freundlich und höflich ist, wird das meist honoriert, auch von einigen Zeitgenossen, die vorher eher unangenehm waren. Die sind meist auch unsicher, zeigen es aber anders, durch Aggression, Pöbelbei etc.

Kurz gesagt: Früher - und damit meine ich jetzt eine sehr lange Zeitspanne, sagen wir mal, von 1950 bis 2000 - wurden Kinder eher dazu erzogen, Erwachsene als Autoritäten anzusehen, ggf. noch im Bus oder Zug Älteren einen Platz anzubieten, leise zu sein, zurückhaltend etc.

Später - keine Ahnung, ob ab 2000 oder 2010 - ging es eher darum, die Kinder zu Selbstbewusstsein zu erziehen, dazu, für sich einzustehen, ihre Rechte und Bedürfnisse und auch Wünsche durchzusetzen - gegenüber Gleichaltrigen, aber auch Älteren. Autoritäten eher anzuzweifeln. Nicht alles hinzunehmen.

Einigen Eltern gelingt es, dies zu verbinden mit allg. Höflichkeit und Rücksicht, andere vermitteln leider, dass man selbst (Kind) zuerst kommt und danach lange nichts und erst dann überlegt werden sollte, wie es anderen geht. Es gibt auch eine Strömung von Eltern/ "Erziehungs-Influencern", die bewusst alles ablehnt, was von der Großelterngeneration, bzw. eigenen Elterngeneration der jetzigen Eltern kommt. Das ist mMn eine bedauernswerte Entwicklung, denn die Kinder lernen, dass "Alte" Unrecht haben und man sie nicht beachten muss - und geben das ggf. auch an ihre eigenen Kinder weiter, also die jetzigen Eltern sind dann als Großeltern auch irrelevant. Teilweise gibt es Eltern, die ihre Kinder "vor den Großeltern schützen" wollen, weil die alles mögliche falsch machen (falsch mit dem Kind reden, nur ein Essen kochen, Manieren erwarten, Dinge nicht exakt so machen, wie die Eltern. Das bekomme ich immer wieder mit - jeder, der es nicht exakt so macht, wie die Eltern, "schadet" dem Kind und muss umfangreich instruiert werden, wie mit dem Kind umzugehen ist...).

Was kannst du nun machen?

Übe, gelassener zu werden!

Nimm dir Kopfhörer und etwas zu lesen mit. Da benimmt sich ein Rüpel, egal welchen Alters, daneben? Nicht dein Bier! Ignoriere es! Der kann dir gar nichts!

Auf der anderen Seite sei auch gelassen mit Menschen, die einfach Lebensfreude zeigen. Kindern, die etwas lauter sind etc.

Jugendliche, die alleine reisen (Bus, Schulweg, Klassenfahrt) benehmen sich - wie früher auch schon - oft bewusst daneben. Füße auf den Sitz, laut reden, pöbeln etc. Das ist einfach Imponiergehabe den Freunden gegenüber. War schon immer so. Man sollte das möglichst ignorieren. Oft meinen Mitreisende, besonders Ältere, sich einmischen zu müssen, diesen Jugendlichen zu sagen, was sie zu lassen haben. Die sind aber in der Überzahl! Das wird nichts, das wird für denjenigen, der sich einmischt, meist nur peinlich. Am besten gekonnt ignorieren.

Man muss aber auch sehen, dass oft die Erwartungen an das Benehmen mit jeder Generation lockerer werden. Also, was früher frech war, ist heute oft normal. Bspw., dass nicht immer Älteren oder Schwangeren wirklich ein Platz angeboten wird.

Auf der anderen Seite gibt es eben wirklich diese Elternströmung, die die moderne, bedürfnisorientierte Erziehung so versteht, dass das Kind im Zentrum steht und selbst gar keine Rücksicht lernen soll, sondern erst mal schauen soll, dass es ihm möglichst gut geht. Diesen Kindern kann man dann nicht vorwerfen, dass sie eben die Bedürfnisse anderer erst mal nicht im Blick haben. Die haben das nicht anders gelernt.

Lies dazu unter anderem mal den Blog "das gewünschteste Wunschkind". Dort wird sehr viel von den Bedürfnissen der Kinder geschrieben und wie und warum man darauf achten soll, aber sehr wenig darüber, wie diese Bedürfnisse mit denen anderer Familienmitglieder oder Dritter in Einklang zu bringen sind, also über Rücksicht, die den Kindern beigebracht wird.

Ein Mittelweg wäre gut. Einer, bei dem keiner seine Bedürfnisse unterdrücken muss, aber jeder auch die Gefühle der anderen im Blick hat. Das haben aber nicht alle Eltern und vor allem Jugendlichen auf dem Schirm. Viele lernen es aber später eigenständig, wenn sie merken, dass ihr Verhalten teilweise unabsichtlich Dritte immer wieder verletzt. Sie WOLLEN ja nicht immer rücksichtslos sein, nur haben sie nicht immer gelernt, auf andere Rücksicht zu nehmen, überhaupt daran zu denken, dass andere auch Bedürfnisse haben!

Gunnar65  04.01.2024, 07:04

Eine druckreife Beschreibung des momentanen Zustandes in unserer Gesellschaft. Die von Dir beschriebenen Eltern bescheren der Zukunft ein Heer von ichbezogenen Psychopathen, dazu noch ungebildet und wenig Belastbar. Die sozialen Folgen für die Zukunft möchte ich mir nicht vorstellen.

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Mancher Menschen fehlt Respekt Heutzutage

Der Umgangston und Höflichkeit hat sich verändert. In Bus und Bahn fällt das manchen Menschen eher auf.

Meine übliche Antwort darauf wäre wahrscheinlich gegen die Richtlinien, also muss ich sie leicht kryptisch umformulieren:

Nachkommen des aktuellen Zeitalters partizipieren unzureichend an angemessenen körperlichen Ermahnungen; infolgedessen werden ihnen essenzielle soziale Konventionen nicht hinreichend induziert.

Zudem denke ich, dass viele ältere Menschen im jungen Dasein zu viele "körperlichen Ermahnungen" erlebt haben.

Durch die gigantische Lücke beider Welten entstehen zwischen ihnen viele Spannungen.

Der junge Mensch müsste sich um 30% in Richtung des Älteren und der Ältere um 10% in Richtung des Jüngeren bewegen. Das wäre ein balanciertes menschliches Wesen.

Tasha  04.01.2024, 06:38

Man kann jemanden völlig ohne körperliche "Ermahrungen" zu Höflichkeit, Rücksicht, Freundlichkeit anderen gegenüber erziehen! Man muss es aber wollen. Man muss es vorleben und man sollte hin und wieder thematisieren, wie sich bestimmte Menschen fühlen, Menschen, die vielleicht aufgrund ihrer Lebenssituation, ihres alters, ihrer Behinderung oder anderer Faktoren sehr weit entfernt von der Gefühlswelt des Kindes sind!

Prügel sind keine Lösung, aber darauf zu verzichten bedeutet auch nicht, dem Kind gar keine Regeln mitzugeben, keine Rücksicht und Empathie zu vermitteln! Dafür gibt es zahlreiche andere und viel bessere Wege!

Die werden aber nicht eingeschlagen, wenn man ein Menschenbild hat, bei dem NUR das Kind und seine Bedürfnisse und Wünsche im Mittelpunkt stehen und sonst keiner!

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sabum6800  05.01.2024, 02:50
@Tasha

Wenn du meinen Text liest und die Aussagen über aggressive Handlungen Halbstarker in der Fragestellung des "Autors" berücksichtigst, glaubst du nicht, dass "körperliche Ermahnungen" metaphorisch für lebensnahe Erfahrungen oder Lektionen stehen könnten, die im Laufe des Lebens gelernt werden sollten? Ich denke, in diesem Kontext war diese auch nicht wirklich fehl am Platz.

Die jüngere Generation hat offensichtlich nicht genügend Gelegenheiten, aus solchen Erfahrungen zu lernen, was zu einer Unausgewogenheit in der Entwicklung sozialer Konventionen führt.

Darüber, dass du Recht hast, braucht man sich auch nicht streiten. Das sollte jeder gesunden Seele bewusst sein.

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