Als Kind zu wenig Geborgenheit erfahren, jetzt erst ein Thema?
Ich bin inzwischen fünfzig Jahre alt und mit meinem Leben im Großen und Ganzen sehr zufrieden.
Ich weiß aber auch, dass ich in meiner Kindheit nicht die Geborgenheit erfahren habe, die ich gebraucht hätte. Nicht, dass meine Eltern mich vernachlässigt hatten oder so. Aber Kuscheln mit den Eltern, liebevolle Streicheleinheiten, Umarmungen und Ähnliches, daran kann ich mich insbesondere bei meiner Mutter nicht erinnern. Meine Geschwister und ich hatten als Kinder zu funktionieren, und das haben wir so getan, wie es von uns erwartet wurde.
Jahrelang war das kaum ein Problem für mich. Ich bin selbst Vater zweier Jungen und habe versucht, ihnen die Liebe zu geben, die sie brauchen. Ich glaube sogar, das ist mir gut gelungen. Nun aber sind sie groß und aus dem Alter heraus, wo sie meine Liebe so sehr brauchen, wie ich mir das als Kind gewünscht hätte. Es ist ja auch toll zu sehen, dass sie inzwischen immer selbständiger sind und ihre eigenen Wege gehen.
Nun beschäftigt mich sehr, dass ich als Kind in dieser Hinsicht zu kurz gekommen bin. Ist das normal? Geht es anderen auch so?
4 Antworten
Ja, ich finde es normal, sich mit solchen Fragen zu befassen. Es hilft einem, die "Alten" und damit auch sich selber besser zu verstehen. Im besten Fall kann man mit manchem, was geschehen ist, Frieden schließen und sehr viel unbelasteter sein eigenes Leben leben.
Ich fand es interessant und hilfreich, mich damit zu beschäftigen, wie es meinen Eltern und Großeltern in ihrer eigenen Kindheit und Jugend ergangen ist. Sie alle gehören der Kriegsgeneration an. Und obwohl man es eigentlich weiß, vergisst man oft, in was für fürchterlichen Zeiten sie teilweise großgeworden sind und dass sie natürlich nachhaltig geprägt sind von sehr schlimmen Entbehrungen und Erlebnissen. Gleichzeitig haben viele von ihnen stark verdrängt, was sie da eigentlich durchmachen mussten. Das alles hat ihre Lebenseinstellung und ihren Erziehungsstil beeinflusst.
Ein sehr gutes Buch zu dem Thema war für mich folgendes:
Da habe ich zum ersten Mal den Zusammenhang begriffen zwischen den frühen Erlebnissen der älteren Generationen und ihrem späteren Verhalten den eigenen Kindern gegenüber. Sehr interessant fand ich auch, wie das alles nachwirkt in das Leben der jungen Generationen hinein, die gar nicht direkt betroffen war von den Ereignissen.
Du musst aver auch versuchen Dich in damalige Zeit hineinzuversetzen, da waren die Erziehungsmethoden komplett anders und die Eltern hatten zumeist deutlich Schlimmeres hinter sich ...
natürlich weiß man in der Rückschau vieles besser - Deine Mutter sicher auch, besonders wenn man die Kinder mit den Enkeln sieht
Ganz ehrlich? wenn man nur lange genug sucht, findet man immer irgendwas was die Eltern falsch gemacht haben. Auch in meinem Fall ob wohl ich eigendlich keinen Grund sehe mich wirklich zu beklagen.
Das Einzige was ich ins besondere meiner Mama vorwerfen kann ist, dass sie mich ob wohl sie immer meine Schwester als Refrenz angeführt hat, doch ganz anders behandelt hat, als sie. Ich dürfte Dinge, die sie in meinem Alter noch nicht durfte, und Sachen für die sie den Kopf gewaschen bekam, wurden mir duchgehen lassen. Ich musste nur leider erst erwachsen werden um zu verstehen, dass ich trotz der Andersbehandlung nicht benachteiligt wurde.
Das Kinder früher funktionieren mussten ist normal. Das haben die meisten Kinder erlebt. Erst Ende der 2010 Jahre kam da mal ein Umdenken was sich bis heute entwickelt hat. Heute erziehen Viele ihre Kinder liebevoller. Aber auch heut gibt es noch Eltern, bei denen die Kinder funktionieren müssen. Ich denk auch, dass es normal ist, dass du darüber nachdenkst, jetzt wo du dafür Zeit hast. Aber man kann deinen Eltern keinen Vorwurf machen, sie wussten es nicht besser.