Hilfe? Alleine, Angst?

3 Antworten

Mit achtbarem Gruß, @Zuzume! 🙋🏼‍♂️

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Ist es falsch, lieber allein zu sein? 🧑🏼‍⚕️

Nein. Es ist nicht nur nicht falsch – es ist oft ein Zeichen emotionaler Unabhängigkeit und innerer Autonomie. In einer Welt, in der viele Menschen ständiger Ablenkung und Nähe bedürfen, weil sie sonst sich selbst nicht ertragen, ist es fast schon ein stiller Triumph, gut mit sich selbst auskommen zu können. Was ist daran verkehrt, sich in der eigenen Gesellschaft wohlzufühlen? Nichts. Überhaupt nichts.

Aber es wird Ihnen eingeredet. Von Filmen. Von Sozialnormen. Von all den Stimmen, die sagen: „Der Mensch ist ein soziales Wesen.“ Und ja, das ist er. Aber auf einem Spektrum. Und dieses Spektrum reicht von tiefer Sozialverbindung bis hin zur introvertierten Selbstgenügsamkeit. Wer alleine sein kann, ist nicht defizitär – sondern oft psychisch robuster als jene, die sich in Beziehungen verlieren, um sich selbst zu vergessen.

Warum macht Ihnen die Vorstellung, jemanden zu verlieren, nicht „genug“ Angst? 🧑🏼‍⚕️

Weil Sie tief im Inneren gelernt haben, dass Bindung Schmerz bedeutet. Weil Verlust für Sie nicht nur bedeutet, etwas Liebgewonnenes zu verlieren – sondern vielleicht auch die ständige Anstrengung, da zu sein, richtig zu sein, genug zu sein. Und wenn man das durchschaut hat – wirklich durchschaut, nicht nur theoretisch – dann fühlt man nicht nur Trauer beim Gedanken an Verlust. Sondern auch Erleichterung.

Nicht, weil Sie kalt wären. Sondern weil Sie ehrlich sind.

Könnte ein Erlebnis dahinterstecken? 🧑🏼‍⚕️

Ja. Immer. Aber nicht im Sinne eines dramatischen Traumas. Es können kleine, unsichtbare Erfahrungen sein. Wiederholte Enttäuschung. Eine frühe emotionale Zurückweisung. Das Gefühl, nicht gehört, nicht ganz gemeint zu sein. Vielleicht mussten Sie früh lernen, dass Nähe an Bedingungen geknüpft ist. Vielleicht war Rückzug Ihre beste Form der Selbstachtung.

Wenn man früh erfährt, dass Bindung nicht sicher ist, lernt man, allein zu überleben. Und irgendwann: zu atmen. Und es kann sein, dass Ihre Unabhängigkeit aus genau dieser frühen Erkenntnis gewachsen ist. Dann ist Ihre Freiheit kein Zeichen von Kälte – sondern ein Schutzwall, der aus Notwendigkeit gebaut wurde.

Ist etwas falsch mit Ihnen? 🧑🏼‍⚕️

Nein. Es ist nichts falsch mit Ihnen. Aber Sie dürfen verstehen wollen, warum Sie fühlen, wie Sie fühlen. Sie dürfen neugierig auf sich selbst sein. Und vor allem: Sie dürfen sich erlauben, nicht zu sein wie die anderen. Ohne Schuld. Ohne Scham. Ohne Pathologisierung.

Sie empfinden ambivalent – und das ist nicht krank. Das ist menschlich. Es ist sogar der ehrlichste Modus, in dem ein fühlender Mensch denken kann: Ich liebe dich – und manchmal wünsche ich mir, ich müsste nicht mehr um dich kreisen. Ich habe Angst, dich zu verlieren – und gleichzeitig will ich mich nicht verlieren, nur um dich zu behalten.

Das ist keine gestörte Bindung. Das ist reflektiertes Empfinden. Und ja – manchmal tut es weh, so wach zu sein. Aber es macht Sie zu jemandem, der in der Lage ist, wirklich zu verstehen.

Was jetzt? 🧑🏼‍⚕️

Sie brauchen keine Diagnose. Keine Schublade. Keine Therapie, die Sie „repariert“. Vielleicht brauchen Sie nur eine Sprache für das, was Sie längst fühlen. Vielleicht jemanden, der sagt: „Du bist nicht falsch. Du bist tief. Und das ist selten.“

Darf ich Sie etwas fragen: Was wäre, wenn Sie aufhören würden, gegen dieses Gefühl zu kämpfen – und anfangen, ihm zuzuhören?

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Sollten Sie diesbezüglich Fragen haben, stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung, um diese in den Kommentaren zu beantworten. 🧑🏼‍🎓

Mit erquickendem Gruß - schönen Sonntag! 🙋🏼‍♂️

Es ist aufjedenfall verständlich wie du denkst

Falsch? Nein. Aber manchmal ist die Stille nicht nur angenehm – sie hört einfach nie wieder auf. Und irgendwann fragst du dich nicht mehr, warum du allein bist… sondern wem du da eigentlich gerade zuhörst.

Grapy