Was wollte die SPD mit der Politik des "Wandel durch Annäherung" tatsächlich?

4 Antworten

Was ganz anderes: "Wandel durch Annäherung" bezog sich auf die Haltung zum Ostblock.

Seit 1945 war die Welt gespalten in Ost und West und jeder (man soll nicht pauschalisieren - also fast jeder) hat bei der gegenseitigen Bedrohung und Verrohung mitgemacht. Nicht nur die USA, nicht nur die NATO, sondern auch die Bundesrepublik. "Die da drüben" waren - mit allen Vorurteilen - die Bösen, die den Weltfrieden stören, von denen die Gefahr eines neuen Krieges ausging usw. Und in Deutschland war die Gefahr jeden Tag spürbar, denn der "Eiserne Vorhang", der West und Ost trennte, verlief mitten durch unser Land, mitten durch Berlin und es gab oft Situationen, da hätte nicht viel gefehlt - nur ein nervös zuckender Finger, z.B. im Oktober 1961, als (wie wir heute sicher wissen) scharf bewaffnete Panzer der Amis und Russen am Checkpoint Charlie gegenüberstanden.
Die Hallstein-Doktrin, die die Isolierung der DDR zum Ziel hatte, machte unmissverständlich klar: es kann nur ein Deutschland geben und das war die Bundesrepublik. Länder, die diplomatischen Kontakt zur DDR herstellen, wurden sanktioniert.

Druck und Gegendruck hatten die Fronten verhärtet und zu einer Erstarrung geführt.

Als 1969 die erste Sozialliberale Regierung sah ihre Chance gekommen diese Erstarrung aufzulösen, indem man sich annäherte - "Wandel durch Annäherung". Ideen hierfür wurden seit 1963 gesponnen.
So wurde aus dem "Ministerium für gesamtdeutsche Fragen" das "Ministerium für innerdeutsche Beziehungen". Man sah den Mauerbau als worst case und wollte hier Entspannung reinbringen, damit Familien sich wieder sehen konnten.
Die Hallstein-Doktrin wurde aufgegeben und seinerseits diplomatische Beziehungen zur DDR aufgenommen (auch wenn man es anders genannt hat) und die Bundesrepublik erkannte die DDR faktisch an, indem man den Interzonenhandel stärkte, Grenzbestimmungen anerkannte usw. So sollte der Lebensstandard in der DDR verbessert werden, die Bindung beider deutscher Staaten sollte intensiviert werden und so eine positive Wirkung in der DDR erzielt werden.

So kam es zu den Ostverträgen (ab 1970), in denen Entspannung und Frieden festgelegt wurde. Auch unter Anerkennung der bestehenden Ostgrenzen und es wurde sogar die Einheit Deutschlands nicht ausgeklammert - auch wenn nur durch Hintertürchen.

Dieser "Wandel durch Annäherung" war also eine komplette Politikänderung und die Beziehungen verbesserten sich nachhaltig! Und genau für diese Entspannungspolitik erhielt Willy Brandt 1971 den Friedensnobelpreis.


Bruno2308  24.11.2024, 13:21

"Wandel durch Annäherung", dieser Parole hat Putin mit seinem Überfall auf die Ukraine den Garaus bereitet.

Nein, das war es nicht.


Gudrun76 
Beitragsersteller
 24.11.2024, 10:39

Danke, diese in die Tiefe gehende Argumentation hat mich sofort überzeugt.

Gudrun76 
Beitragsersteller
 24.11.2024, 10:42
@Mondovada3

Ja, Wikipedia überteibt immer so schrecklich und ist so betont konservativ.

Gudrun76 
Beitragsersteller
 24.11.2024, 10:44
@Mondovada3

Ach, hab ich meine Frage kopiert?

Ich dachte, nur die Belege, die mich zu meiner Frage führen ... (sonst wäre ich doch direkt nach der Quelle gefragt worden; nun ist das auch wieder falsch, Sozis kann man es halt nie recht machen).

Gudrun76 
Beitragsersteller
 24.11.2024, 10:50
@Mondovada3

Das ist anscheinend Dein Stil aber nicht meiner ...

Selbstverständlich waren und sind es wirtschaftlich- soziale Bedingungen, die die Voraussetzung einer politischen Annäherung der Ost-West-Politik begründen. Die Menschen waren ja nicht blöd, wenn sie damals den "Wandel durch Annäherung" nicht begrüßten.

Bezeichnend ist, dass hier in der ausführlichen Fragestellung nicht einmal Gorbatschow erwähnt wird, ebenfalls nicht die Nato- Russlandakte unter Jelzin.

Der heiße Krieg statt des kalten Kriegs wäre nach " lenkender Demokratie" , die dann wohl Olaf Scholz oder SPD unterstellt wird, die heutige Lösung im Sinn der Antwort?

Niemals!

"Wandel durch ..." meiner Ansicht gleichbedeutend mit "demokratischer Sozialismus",

was fuer mich wieder einen Realitaetsverlust wieder spiegelte welcher sich zu einen "Umverteilerstaat" entwickelte. Eine Demokratie (Menschen) kann man nicht lenken (Planwirtschaft, Kontrolle etc.) und die freien Gesetze des Marktes nicht kontrollieren.

Militaerisch gesehen gilt nach wie vor auch heute noch das "Gesetz des Staerkeren".
Dieses Gesetz ist gueltig, leider auf dieser Welt auch noch im Jahr 2024 n.C., fuer alle Staatsformen, wobei die meisten Kriege (Angriffe) von Autokratien, Theokratien, usw., ausgefuehrt werden. Es gibt aber eine "Grauzone" in der auch Demokratien manchmal ungerechtfertigt ihre egoistischen Ziele verfolgen.