Was ist Egoismus?

7 Antworten

Egoismus bedeutet, ständig nur auf sich und den eigenen Vorteil bedacht zu sein. Dabei werden andere lediglich als Mittel zum Zweck betrachtet, um die eigenen Wünsche und Ziele durchzusetzen.

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Egoismus – Eine umfassende AnalyseEinleitung

Der Begriff Egoismus ist tief in der menschlichen Erfahrung verwurzelt. Er durchzieht Philosophie, Psychologie, Religion, Ethik, Wirtschaft und Alltag gleichermaßen. Im Kern beschreibt Egoismus ein Verhalten oder eine Haltung, bei der das eigene Wohlergehen, die eigenen Interessen und Wünsche über die der anderen gestellt werden. Doch diese einfache Definition wird der Komplexität des Begriffs kaum gerecht. Ist Egoismus grundsätzlich schlecht? Gibt es auch "gesunden Egoismus"? Wie unterscheidet sich Egoismus von Selbstfürsorge oder Selbstliebe? Wann wird Egoismus destruktiv – für den Einzelnen, für zwischenmenschliche Beziehungen, für Gesellschaften?

Um diese Fragen zu beantworten, lohnt sich ein Blick in verschiedene Disziplinen und Perspektiven, die den Begriff des Egoismus in unterschiedlicher Weise interpretieren und bewerten.

1. Der Begriff "Egoismus": Herkunft und Definition

Der Begriff "Egoismus" stammt vom lateinischen Wort ego, was "ich" bedeutet. Das Suffix "-ismus" deutet auf eine Haltung, Denkweise oder Handlungstendenz hin. Wörtlich übersetzt bedeutet Egoismus also "Ich-bezogenheit" oder "Ich-zentriertheit".

In der Alltagssprache bezeichnet Egoismus meist eine übermäßige Selbstbezogenheit, bei der andere Menschen ignoriert, manipuliert oder ausgenutzt werden, um eigene Ziele zu erreichen. Egoismus wird daher häufig negativ konnotiert und moralisch verurteilt.

In der Philosophie und Ethik ist der Begriff allerdings differenzierter. Hier unterscheidet man zwischen:

  • Psychologischem Egoismus: Die These, dass alle menschlichen Handlungen letztlich durch Eigeninteresse motiviert sind.
  • Ethischem Egoismus: Die normative Auffassung, dass Menschen moralisch verpflichtet sind, das eigene Wohlergehen zu maximieren.
  • Altruismus: Das Gegenstück zum Egoismus – also uneigennütziges Handeln zum Wohl anderer.
2. Psychologischer Egoismus: "Alles ist eigennützig"

Der psychologische Egoismus ist eine psychologische Theorie, die besagt, dass alle menschlichen Handlungen – selbst die scheinbar selbstlosen – im Grunde auf Eigeninteresse beruhen. Demnach hilft ein Mensch einem anderen nicht, weil er altruistisch ist, sondern weil er sich dabei gut fühlt, ein schlechtes Gewissen vermeiden will oder sich eine Gegenleistung erhofft.

Beispiele für psychologisch-egoistische Argumente:

  • Jemand spendet Geld, weil er sich dann moralisch überlegen fühlt.
  • Ein Feuerwehrmann riskiert sein Leben nicht selbstlos, sondern weil er seinen Beruf liebt oder die Anerkennung sucht.
  • Eltern kümmern sich um ihre Kinder, weil sie sie lieben – also um ein eigenes Bedürfnis zu befriedigen.

Kritiker dieses Ansatzes argumentieren, dass psychologischer Egoismus eine zirkuläre oder unfalsifizierbare Theorie ist: Wenn jedes Verhalten als egoistisch interpretiert werden kann, selbst wenn es Opferbereitschaft beinhaltet, dann ist die Theorie nicht widerlegbar und damit wissenschaftlich fragwürdig.

3. Ethischer Egoismus: "Handle im eigenen Interesse"

Der ethische Egoismus geht einen Schritt weiter. Er behauptet nicht nur, dass Menschen aus Eigeninteresse handeln, sondern dass sie das auch sollten. Diese normative Theorie sagt aus, dass es moralisch richtig ist, sich selbst über andere zu stellen, weil das eigene Leben, Glück und Wohl das höchste Gut ist.

Ein bekannter Vertreter des ethischen Egoismus ist Ayn Rand, eine russisch-amerikanische Philosophin des 20. Jahrhunderts. In ihrer Philosophie des Objektivismus argumentierte sie, dass rationaler Egoismus der einzige moralisch vertretbare Lebensstil sei. Altruismus, so Rand, führe zur Selbstaufgabe und letztlich zur Zerstörung individueller Freiheit und Kreativität.

Rand schrieb:

"Der Mensch ist ein Selbstzweck. Sein eigenes Leben und Glück sind seine höchsten Werte."

Kritiker des ethischen Egoismus bemängeln, dass diese Position soziale Verantwortung und Empathie unterminieren kann. Eine Gesellschaft, in der jeder ausschließlich auf seinen Vorteil bedacht ist, könnte langfristig dysfunktional werden.

4. Gesunder Egoismus vs. destruktiver Egoismus

Nicht jeder Egoismus ist gleich. In der Psychologie unterscheidet man zwischen gesundem und krankhaftem Egoismus.

Gesunder Egoismus

Gesunder Egoismus bedeutet, sich selbst als wichtig zu betrachten, für die eigenen Bedürfnisse einzustehen und Grenzen zu setzen – ohne dabei andere zu verletzen oder zu manipulieren. Er ist eng verwandt mit Selbstfürsorge, Selbstachtung und Selbstliebe. Menschen mit gesundem Egoismus:

  • sagen "Nein", wenn es nötig ist,
  • respektieren sich selbst,
  • sorgen für ihre mentale und körperliche Gesundheit,
  • übernehmen Verantwortung für ihr eigenes Glück.

Dieser Egoismus ist notwendig, um nicht ausgenutzt zu werden, um Burnout zu vermeiden und stabile Beziehungen zu führen. Er ist kein moralischer Mangel, sondern eine Form von emotionaler Intelligenz.

Destruktiver Egoismus

Hierbei handelt es sich um eine extreme Form der Selbstzentriertheit, bei der die Bedürfnisse, Rechte und Gefühle anderer ignoriert oder absichtlich verletzt werden. Typische Merkmale sind:

  • Manipulation,
  • Rücksichtslosigkeit,
  • Machthunger,
  • Gier,
  • Mangel an Empathie.

Destruktiver Egoismus kann in Persönlichkeitsstörungen wie dem Narzisstischen Persönlichkeitsstil auftreten oder durch Umweltfaktoren wie Konkurrenzdruck und soziale Isolation gefördert werden.

5. Egoismus in der Philosophiegeschichte

Der Egoismus ist ein wiederkehrendes Thema in der Philosophie:

Thomas Hobbes (1588–1679)

Hobbes sah den Menschen als von Natur aus egoistisch motiviert. In seinem berühmten Werk Leviathan schrieb er, dass im Naturzustand ein "Krieg aller gegen alle" herrsche (bellum omnium contra omnes), wenn es keinen übergeordneten Staat gebe. Egoismus sei die treibende Kraft menschlichen Handelns, aber er müsse durch Gesellschaftsverträge (Sozialverträge) gebändigt werden.

David Hume (1711–1776)

Hume widersprach dem radikalen Egoismus. Er glaubte, dass der Mensch von Natur aus auch Mitgefühl, Empathie und Moralgefühl besitzt. Diese Gefühle ermöglichen altruistisches Handeln.

Friedrich Nietzsche (1844–1900)

Nietzsche kritisierte altruistische Moralvorstellungen, die seiner Ansicht nach aus Schwäche und Ressentiment entstanden seien. Er sah in einem starken, selbstbestimmten Individuum – dem "Übermenschen" – ein Ideal, das sich nicht durch falsche Moral dogmatisieren lässt. Nietzsche befürwortete eine Form von Egoismus, der mit Selbsterkenntnis, Stärke und schöpferischer Kraft einhergeht.

6. Egoismus in der Religion

Religiöse Traditionen haben oft einen ambivalenten Zugang zum Egoismus:

Christentum

Das Christentum predigt Nächstenliebe, Demut und Selbstlosigkeit. Jesus wird als selbstloser Diener dargestellt, der sein Leben für andere gibt. Egoismus wird oft mit Sünde, Stolz und Ichsucht gleichgesetzt. Dennoch gibt es auch christliche Auffassungen, dass Selbstliebe nötig sei, um andere lieben zu können ("Liebe deinen Nächsten wie dich selbst").

Buddhismus

Im Buddhismus wird das Ego als Illusion betrachtet. Anhaftung an das "Ich" ist eine Ursache für Leiden. Der Weg zur Erleuchtung führt über das Loslassen des Ego. Altruismus, Mitgefühl und Achtsamkeit gegenüber anderen stehen im Zentrum der buddhistischen Ethik.

Islam

Auch der Islam betont die Verantwortung gegenüber anderen, insbesondere gegenüber Bedürftigen. Egoismus gilt als unislamische Haltung, da sie die Gemeinschaft (Umma) schwächt.

7. Egoismus in der modernen Gesellschaft

In kapitalistischen, individualistischen Gesellschaften wird Egoismus oft ambivalent betrachtet:

  • In der Wirtschaft ist ein gewisses Maß an Egoismus nicht nur erlaubt, sondern sogar notwendig. Unternehmerisches Handeln zielt auf Gewinnmaximierung ab.
  • In der Selbstoptimierungskultur wird das "Ich" ständig verbessert: besser aussehen, erfolgreicher sein, gesünder leben. Das kann zu einem narzisstischen Lebensstil führen.
  • In der Sozialen Medienwelt fördern Plattformen wie Instagram oder TikTok eine starke Ich-Zentriertheit. Likes und Follower werden zum Maßstab sozialer Bestätigung.

Gleichzeitig entstehen Gegenbewegungen, etwa durch Minimalismus, Achtsamkeit oder soziale Bewegungen, die Solidarität und Gemeinschaft neu betonen.


Wenn man beispielsweise die Belange des Partners nicht ernst nimmt und sich dann über die Trennung wundert.

Egoismus bedeutet vollkommene Ich-Bezogenheit. Er ist der gehobene Begriff für die totale Dummheit, meist verbunden mit Gleichgültigkeit oder sogar Bosheit gegenüber anderen Lebewesen.

Egoisten erkennen keine ethisch sinnvollen Werte, neigen jedoch nicht immer zum Subjektivismus. Eher das Gegenteil, meist empfinden, denken und verhalten sich Altruisten subjektivistisch (z.B. Schuldgefühle für Etwas ohne Beziehung zum Ich, vgl. Fremdschämen) und Egoisten objektivistisch, um immer Abstand zu erhalten, nie Verantwortung übernehmen zu müssen.

Der Egoismus "im Innerlichen" (im Unterschied zum Narzissmus "im Äußerlichen") ist nicht normal, wie allzu häufig behauptet wird, aber wie andere psychischen Perversionen (vgl. Sadismus, Masochismus, Pädophilie) menschlich natürlich. Er sollte also grundsätzlich verhindert, gehemmt werden.

Und es wäre gesellschaftlich höchstwichtig, endlich den Egoismus nicht mehr mit dem Selbstbewusstsein zu verwechseln; denn nur der Starke kann dem Schwachen in dessen Sinne helfen, was aber der Egoist niemals machen wird.

Egoismus ist eine Haltung oder Verhaltensweise, bei der ein Mensch vorrangig an sich selbst denkt und seine eigenen Wünsche, Bedürfnisse oder Interessen über die der anderen stellt – oft ohne Rücksicht auf deren Wohl.